Ein Joint mit Cannabis ist in einem "Social Club" namens "Joints-Venture" zu sehen. 2 min
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Koalitionsvertrag Cannabis wird vorerst nicht wieder verboten

09. April 2025, 20:11 Uhr

Die Rücknahme der Cannabis-Teillegalisierung ist nun doch nicht in den Koalitionsvertrag von Union und SPD aufgenommen worden. Insbesondere die bayerische CSU hatte das gefordert, konnte sich aber nicht durchsetzen. Nun sollen die Auswirkungen wie geplant ab Herbst evaluiert werden.

MDR AKTUELL Mitarbeiter Kristian Schulze
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Union und SPD haben sich die Rücknahme der teilweisen Legalisierung von Cannabis für Erwachsene nicht in ihren Koalitionsvertrag geschrieben. Nach der Einigung auf eine neue schwarz-rote Koalition sollen die Auswirkungen des Cannabisgesetzes erst noch wissenschaftlich untersucht werden.

Im Herbst solle es "eine ergebnisoffene Evaluierung des Gesetzes zur Legalisierung von Cannabis" geben, heißt es in dem gemeinsamen Dokument von CDU, CSU und SPD. Diese erste Evaluierung, deren Ergebnisse dann für 2026 erwartet werden, sah schon das geltende Gesetz vor.

CSU machte Druck in den Verhandlungen

Die CSU hatte dagegen gefordert, die vor einem Jahr in Kraft gesetzte Teillegalisierung von Cannabis wieder abzuschaffen. "Wir wollen den Fehler der Ampel rückgängig machen und Cannabis wieder verbieten", sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann der Zeitung "Augsburger Allgemeine" einige Tage vor dem Ende der Verhandlungen.

Die Hoffnung, durch die teilweise Legalisierung die kriminelle Szene zu schwächen, nannte Herrmann "total trügerisch". Zudem "stellen wir fest", dass es im Verkehr zu mehr Drogendelikten komme, was in Bezug auf legales Cannabis die Deutsche Verkehrswacht noch nicht feststellen konnte.

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Weit weniger vehement als ihre bayerische Schwesterpartei trat indes die CDU in dieser Sache auf. Ihr aktuelles Sprachrohr Thorsten Frei hatte schon Anfang März erklärt, dass Cannabis in den Koalitionsverhandlungen kein Schwerpunkt für die CDU sei. Ein Kompromiss schien also möglich.

Doch auch die bayerische Gesundheitsministerin Judith Gerlach hatte in der Zeitung gefordert: "Die Legalisierung von Cannabis zu Genusszwecken muss jetzt rasch und vollständig zurückgenommen werden" und die SPD den Weg dazu freimachen. "Mit der Ampel-Koalition ist auch ihr gefährlicher Cannabis-Irrweg abgewählt worden", meinte die CSU-Politikerin vor einigen Tagen.

Auch Ärztekammer für Re-Kriminalisierung

Wenig später forderte dann auch die Bundesärztekammer, zum Verbot zurückzukehren. So sprach BÄK-Präsident Klaus Reinhardt in der "Neuen Osnabrücker Zeitung" erneut von einer Gefährdung für Jugendliche. Es bleibe ein Irrglaube, mit dieser Legalisierung deren Gesundheitsschäden reduzieren zu können. Suchtmediziner und andere Experten sehen das bisweilen anders, und der Forscher Jakob Manthey mahnte im Interview mit MDR AKTUELL auch "mehr Wissenschaftlichkeit" bei dem Thema an.

Doch auch unabhängig von einer neuen Bundesregierung setzt Bayern weiterhin auf Restriktion. Das gelte auch für den Cannabis-Anbau in Vereinen, sagte Gesundheitsministerin Gerlach der "Augsburger Allgemeinen". Bisher sei "noch keine einzige Erlaubnis erteilt". Damit ist Bayern jetzt das einzige Bundesland ohne legalen Cannabis-Anbau außerhalb privater Räume.

Was passiert mit den Anbauvereinen?

Die Ampel-Regierung hatte das Gesetz zur Teillegalisierung von Cannabis beschlossen, es gilt seit 1. April 2024. Besitz und kontrollierter Anbau zum privaten Gebrauch sind erlaubt, allerdings mit vielen Einschränkungen. Auch der Cannabis-Konsum im öffentlichen Raum ist nur beschränkt zulässig.

Die Union hatte schon früh angekündigt, das Gesetz wieder rückgängig machen zu wollen und sich das auch in ihr Wahlprogramm geschrieben. Hätte sie sich durchgesetzt, wären wohl auch in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen schon zugelassene Cannabis-Anbauvereine wieder aufzulösen gewesen. Das ist zunächst aber nun nicht mehr zu erwarten.

Zunächst keine klare Reaktion der SPD

Die SPD, deren Gesundheitsminister Karl Lauterbach die Cannabis-Teillegalisierung immer verteidigte, hatte sich zu ihrer Haltung dazu während der laufenden Koalitionsverhandlungen nicht äußern wollen.

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Als SPD-Politiker verteidigt jedoch der amtierende Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Burkhard Blienert, die teilweise Legalisierung von Cannabis. Sie "hat für einen ehrlicheren und entkriminalisierten Umgang mit Drogen einen wichtigen Beitrag geleistet", sagte er den Zeitungen der Mediengruppe Bayern. Er forderte "eine Suchtpolitik, die schützt, hilft und unterstützt" und nicht "auf Vermutungen und Vorurteilen beruht". Blienert riet deshalb dazu, die im Herbst ohnehin geplante Evaluierung abzuwarten.

mit AFP, dpa, LTO, MDR AKUELL

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 09. April 2025 | 15:30 Uhr

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