Mann mit einer Kiste zwischen Hanfpflanzen
Mit dem Cannabisgesetz wurde der begrenzte Eigenanbau der Pfanze und auch der nicht-gewerbliche Anbau von Cannabis in sogenannten "Cannabis Social-Clubs" legalisiert. Die geltenden Regelungen zu Cannabis sieht die Mehrheit der MDRfragt-Gemeinschaft jedoch kritisch. Bildrechte: IMAGO/Depositphotos

MDRfragt Ein Jahr Cannabis-Gesetz: Mehrheit lehnt die Teil-Legalisierung ab

01. April 2025, 03:00 Uhr

Vor einem Jahr trat das Cannabis-Gesetz in mehreren Stufen in Kraft. Seitdem ist Erwachsenen ein begrenzter Besitz und Anbau von Cannabis unter bestimmten Bedingungen gestattet. Die CDU kündigte im Bundestagswahlkampf an, das Gesetz wieder zu kassieren – auch die MDRfragt-Gemeinschaft lehnt das Gesetz mehrheitlich ab. Das zeigt das aktuelle MDRfragt-Stimmungsbild aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen mit rund 19.000 Befragten.

Zum ersten Mal jährt sich die Lockerung zur Cannabis-Gesetzgebung. Derzeit ist der Besitz, der Eigenanbau und nicht-gewerbliche Anbau zum Eigenkonsum für Erwachsene in begrenzten Mengen legalisiert. Das weiterhin umstrittene Reformprojekt folgt den Zielen, den Schwarzmarkt einzudämmen, Kinder und Jugendliche besser zu schützen und die Qualität der ohnehin konsumierten Cannabisprodukte zu steigern. Gegenstimmen argumentieren vor allem mit einem prognostizierten Anstieg des Schwarzmarktes und Verharmlosung der Substanz.

Auch die Mehrheit der MDRfragt-Gemeinschaft zählt zu den Gegnern: 61 Prozent stehen der Teil-Legalisierung ablehnend gegenüber. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Teil-Legalisierung den illegalen Handel verhindern bzw. einschränken wird. Zudem sind die Regeln unübersichtlich, kompliziert und nicht umfassend gesetzlich geregelt", kritisiert Elisabeth (71) aus dem Landkreis Zwickau.

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Rund ein Drittel (35 Prozent) ist zufrieden mit der aktuellen Gesetzgebung rund um Cannabis. Zu ihnen zählt MDRfragt-Mitglied Astrid (55) aus Leipzig: "Sind wir im Kindergarten oder unmündige Bürger? Es soll jeder für sich selbst entscheiden", findet sie. Friedemann (36) aus Dresden befürwortet das Gesetz, da "eine Illegalisierung offensichtlich Konsumenten nicht davon abhält. Zudem gibt es nur wenige Menschen, die sich für diese Produkte interessieren. Die Kosten für die Gesellschaft – im Gegensatz zu Alkohol oder harten Drogen – sind sehr gering."

Ist das Cannabis-Gesetz bald nur noch Schall und Rauch?

Ein Jahr nach Inkrafttreten des neuen Cannabis-Gesetzes herrscht in politischen Diskussionen weiterhin dicke Luft: Während Fürsprecher aus der SPD, den Grünen und der FDP über weitere Lockerungen sprechen, kündigte die Union im vergangenen Bundestagswahlkampf an, das Gesetz zu kassieren.

Die Union ist damit auf einer Linie mit einem großen Teil der MDRfragt-Gemeinschaft: 46 Prozent der Befragten wünschen sich eine Abschaffung des Cannabis-Gesetzes. Knapp ein Siebtel (14 Prozent) wünscht sich eine Verschärfung der Regelungen. Dabei wird beispielsweise befürchtet, dass der Jugendschutz zu kurz kommen könnte. MDRfragt-Mitglied Manfred (73) aus Halle meint, Cannabis würde "durch einige Unbelehrbare missbraucht, die leider immer mehr und jünger werden". Felix (40) aus Jena hat konkrete Vorschläge für eine Verschärfung: "Die Reduzierung der erlaubten Mengen. Sowohl von der, die man bei sich haben kann, sowie die für zu Hause. Zudem fehlt mir die Eindämmung des Schwarzmarktes und der Aufbau von Verkaufsstellen, womit der Staat auch Steuereinnahmen generieren würde." Carmen (59) aus dem Vogtlandkreis findet: "Es gibt zu viele Schlupflöcher für legalisierten Großanbau."

Das Cannabis-Gesetz gehört
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Doch es gibt auch Verfechter der Teil-Legalisierung unter den Befragten. Rund ein Fünftel (21 Prozent) ist zufrieden mit der aktuellen Gesetzeslage. 13 Prozent würden sogar einen Schritt weiter gehen und weitere Lockerungen einführen.

Alkohol genießt ein besseres Image als Cannabis

Am 1. April wurde Cannabis aus dem Betäubungsmittelgesetz genommen und darf von Erwachsenen unter bestimmten Dingen erworben und mitgeführt werden – wie beispielsweise Alkohol. Jedoch unterscheidet sich das Image der beiden legalen Drogen unter den Befragten.

Alkohol genießt bei mehr als jedem und jeder vierten Befragten (27 Prozent) ein eher positives Ansehen, wie bei MDRfragt-Mitglied Olaf (72) aus dem Harz: "Alkohol in verschiedenen Formen wie Wein und Bier, gehört zu unserer Kultur und Gesellschaft. Die allermeisten Menschen hier haben gelernt, damit umzugehen. Natürlich gibt es Menschen, die süchtig werden oder nach dem Konsum von Alkohol Aggressionen entwickeln. Aber das ist doch eine Minderheit. Ihnen kann auch geholfen werden."

persönliche Bewertung
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Der Anteil ist zwar um einiges geringer als bei Alkohol, aber auch Fans von Cannabis finden sich in der MDRfragt-Gemeinschaft. 18 Prozent der Befragten haben ein eher positives Bild.

Auf unsere Nachfrage, ob bereits Erfahrungen gesammelt wurden, schreibt Wolfgang (69) aus Mansfeld-Südharz: "Ja, sehr positive, welches vor allem den gesundheitlichen Aspekt angeht, und wenn andere beim Feiern viel Alkohol benötigen, um locker zu werden, esse ich mal einen Cannabis-Keks! Zudem stelle ich fest, dass bei manchen der Alkoholkonsum aggressiv macht. Das habe ich bei Cannabis-Konsumenten noch nicht festgestellt!" Auch MDRfragt-Teilnehmerin Gerit (65) probierte "Cannabis in einer Creme bei Gelenkschmerzen" und fand, es "wirkte sehr gut".

Aus den Kommentaren geht weiter hervor, dass einige Mitglieder zwar bisher keine Erfahrungen gemacht haben, aber neugierig sind. MDRfragt-Mitglied Karin (68) aus dem Kyffhäuserkreis schreibt: "Ich würde Cannabis gerne mal probieren, damit ich mitreden kann."

Cannabis versus Alkohol: Es wird mit zweierlei Maß gemessen

Alkohol, Cannabis und Nikotin sind die drei am häufigsten konsumierten Suchtmittel in Deutschland. Während Zigaretten, Bier und Schnaps im Supermarkt verkauft werden, gelten für Cannabis strenge Bezugs- und Besitzgrenzen. Lassen sich unterschiedlichen Regeln für die Zugänglichkeit begründen? Etwa mit einer unterschiedlichen Gefahren-Einschätzung für Kinder und Jugendliche?

Nicht laut der Mehrheit der MDRfragt-Gemeinschaft: 72 Prozent der Befragten halten die Gefahren von Alkohol, Nikotin und Cannabis für gleichermaßen gefährlich. MDRfragt-Mitglied Andrea (63) aus Chemnitz zieht als Konsequenz, dass "Alkohol und Nikotin aus den normalen Geschäften verboten werden sollten, damit der Zugang erschwert wird."

Gefährlichstes Suchtmittel für Kinder und Jugendliche
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18 Prozent der Befragten finden sogar, die Gefahren durch Alkohol seien unter den drei genannten Suchtmitteln am höchsten. Einer von ihnen ist MDRfragt-Mitglied Manfred (33) aus Halle: "Es herrscht großer sozialer Druck, Alkohol zu konsumieren: Es ist billig, beworben und total normalisiert, dabei ist der Alkohol so gefährlich. Alkoholisierte Menschen und vor allem Männer bauen derbe viel Scheiße. Es ist irritierend, wie stark über Cannabis diskutiert wird, aber nicht über Alkohol."

Über diese Befragung

Die Befragung vom 7. bis 11. März 2025 stand unter der Überschrift: "Bilanz nach einem Jahr Cannabisgesetz – lockern oder fester drehen?".

Bei MDRfragt können sich alle anmelden und beteiligen, die mindestens 16 Jahre alt sind und in Sachsen, Sachsen-Anhalt oder Thüringen wohnen, denn: Wir wollen die Vielfalt der Argumente kennenlernen und abbilden. Die Kommentare der Befragten erlauben, die Gründe für die jeweiligen Positionen und das Meinungsspektrum sichtbar zu machen. Da sich jede und jeder beteiligen kann, der möchte, sind die Ergebnisse von MDRfragt nicht repräsentativ.

Bei dieser Befragung haben sich 18.812 Menschen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen online mit ihrer Meinung eingebracht.

Die Ergebnisse von MDRfragt werden nach wissenschaftlichen Kriterien anhand verschiedener soziodemografischer Merkmale wie Alter, Geschlecht oder Bildungsgrad gewichtet, um sie an die tatsächliche Verteilung in der mitteldeutschen Bevölkerung anzupassen. Damit wird die Aussagekraft der Ergebnisse erhöht und es ergibt sich ein valides und einordnendes Stimmungsbild aus Mitteldeutschland. MDRfragt wird zudem wissenschaftlich beraten und begleitet, beispielsweise durch regelmäßige Validitätstests.

Mehr zur Methodik von MDRfragt finden Sie am Ende des Artikels.

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Dieses Thema im Programm: Das Erste | ARD-Mittagsmagazin | 01. April 2025 | 12:00 Uhr