Bundestag Ampel und Union einig über Antrag zur Antisemitismus-Bekämpfung
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02. November 2024, 18:05 Uhr
Die Ampel-Koalition und die Unionsfraktion haben einen gemeinsamen Antrag zur Ächtung und Bekämpfung von Antisemitismus erarbeitet. Lob, aber auch Kritik kommt von Akteuren der Zivilgesellschaft. Der Antrag soll bereits in der kommenden Woche im Bundestag eingebracht werden.
- Entwurf der Ampel und Union fordert mit Blick auf Antisemitismus eine konsequente Anwendung des Strafrechts.
- Resolution benennt beobachtete Verbreitung von Antisemitismus unter Zuwanderern aus bestimmten Ländern und Regionen.
- Aus der Zivilgesellschaft kommt Lob, aber auch Kritik.
Nach langen Diskussionen haben sich die Fraktionen der Ampel-Koalition mit der Union auf eine gemeinsame Resolution gegen Antisemitismus geeinigt. Der Antrag soll einer Mitteilung zufolge bereits in der kommenden Woche im Deutschen Bundestag eingebracht, beraten und abgestimmt werden. Er ist zwar nicht rechtsverbindlich, dürfte aber dennoch politische Wirkung entfalten.
In dem Entwurf wird beispielsweise dazu aufgerufen, "Gesetzeslücken zu schließen und repressive Möglichkeiten konsequent auszuschöpfen", insbesondere im Strafrecht sowie im Aufenthalts-, Asyl- und Staatsangehörigkeitsrecht.
Beobachtung von Antisemitismus unter Migranten explizit benannt
Die beteiligten Fraktionen halten in dem Antrag weiter fest: "In den vergangenen Monaten ist nicht zuletzt das erschreckende Ausmaß eines Antisemitismus deutlich geworden, der auf Zuwanderung aus den Ländern Nordafrikas und des Nahen und Mittleren Ostens basiert, in denen Antisemitismus und Israelfeindlichkeit, auch aufgrund islamistischer und antiisraelischer staatlicher Indoktrination, verbreitet sind."
Gleichzeitig seien antisemitische Verschwörungstheorien sowie völkisches Denken auf dem Vormarsch. Die Fraktionen von SPD, CDU/CSU, Grünen und FDP kritisieren in dem Antrag außerdem einen "relativierenden Umgang und vermehrt israelbezogenen und links-antiimperialistischen Antisemitismus".
Lob und Kritik aus der Zivilgesellschaft
Die Deutsch-Israelische Gesellschaft begrüßte die Einigung. "Dies ist ein wichtiges Signal, das zeigt, dass die demokratischen Parteien die besondere deutsche Verantwortung für die Sicherheit jüdischen Lebens gemeinsam wahrnehmen", erklärte Präsident Volker Beck.
Scharfe Kritik an dem Antrag kam dagegen von einer Reihe von Organisationen sowie mehreren Hundert Aktivisten, Künstlern, Juristen und Wissenschaftlern. Sie stellten sich in einem offenen Brief hinter einen kürzlich veröffentlichten alternativen Formulierungsvorschlag, an dem unter anderem der Soziologe Armin Nassehi und der ehemalige Grünen-Bundestagsabgeordnete Jerzy Montag mitgewirkt haben. Darin wird der Schutz jüdischen Lebens als staatliche und gesamtgesellschaftliche Aufgabe definiert. Das von der Hamas und anderen Terrorgruppen verübte Massaker am 7. Oktober 2023 wird "uneingeschränkt" verurteilt, gleichzeitig aber auch auf das "unermessliche Leid" der palästinensischen Zivilbevölkerung im Gazastreifen hingewiesen.
In dem offenen Brief werden konkrete Maßnahmen gefordert ‒ etwa in der Bildung oder mit einer Reform des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes. Zu den Unterstützern zählen unter anderem Amnesty International Deutschland, Medico International. Zu den Unterzeichnern gehören auch die frühere Richterin am Bundesverfassungsgericht, Susanne Baer, die Klimaaktivistin Luisa Neubauer, die Migrationsforscherin Naika Foroutan und die Schriftstellerin Eva Menasse.
dpa/kna/MDR(lik)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 02. November 2024 | 17:00 Uhr