Schwarz-Weiß Bild. Es zeigt den Performer in einem Schwall aus Wassertropfen in Aktion mit zwei Kanistern. 1 min
Wegen Antisemitismusvorwürfen nicht beim Festival zu sehen: die Perfomance "And here I am". MDR-Redakteurin Carolin Büscher berichtet. Bildrechte: The Freedom Theatre
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Das Leipzig Tanz- und Theaterfestival Euro-Scene hat die Aufführung des Stückes "And here I am" vom Freedom Theatre aus dem Westjordanland abgesagt. Sie reagiert damit auf Antisemitismusvorwürfe.

MDR KULTUR - Das Radio Di 15.10.2024 14:34Uhr 00:57 min

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Euro-Scene Leipziger Festival sagt palästinensische Performance ab

15. Oktober 2024, 19:01 Uhr

Kurz vor Beginn der 34. Euro-Scene Leipzig hat das Tanz- und Theaterfestival eine palästinensische Performance abgesagt. Die Einladung des Stückes hatte heftige Kritik ausgelöst, auch von Seiten der Stadt. Der Inszenierung "And here I come" wird unter anderem Verharmlosung einer Terrororganisation und Antisemitismus vorgeworfen.

  • Auf Druck der Stadt und mehrerer Organisationen hat die Euro-Scene Leipzig das palästinensische Ein-Personen-Stück "And here I am" abgesagt.
  • Die Einladung des Stückes zum internationalen Tanz- und Theatertreffen hatte scharfe Kritik ausgelöst.
  • Die Euro-Scene distanzierte sich von Antisemitismus, Terrorismus und Boykottaufrufen, sprach sich aber zunächst gegen die Ausladung der Performance aus.

Die Euro-Scene Leipzig hat ein Gastspiel aus Palästina abgesagt, das Anfang November auf dem Festival gezeigt werden sollte. Das geht aus einer Meldung des Tanz- und Theaterfestivals hervor.

Erfahrungen beim Islamischen Dschihad

Es geht um die Inszenierung "And here I am" des palästinensischen Freedom Theatres aus dem Westjordanland. Darin erzählt der aus Jenin stammende Ahmed Tobasi Teile seiner Lebensgeschichte, etwa wie er als junger Mann für die Terrororganisation Islamischer Dschihad tätig war.

Die Euro-Scene beruft sich bei ihrer Absage des Gastspiels unter anderem auf einen Beschluss der Ratsversammlung der Stadt Leipzig von 2019. Danach sind städtische Kultureinrichtungen verpflichtet, sich von jeglichen Boykottaufrufen gegenüber Israel zu distanzieren.

Flyer des Euro-Scene Leipzig Festivals zeigt eine grüne Welle.
Die Euro-Scene hat in diesem Jahr einen Schwerpunkt auf Produktionen aus dem Nahen Osten. Israelische Gruppen wurden nicht eingeladen. Bildrechte: Euro-Scene Leipzig

Scharfe Kritik im Vorfeld

Die Einladung des Stückes hatte für Kritik und Antisemitismusvorwürfe gesorgt, etwa von der Leipziger Initiative "Artists against Antisemitism" und dem Beauftragten für jüdisches Leben in Sachsen Thomas Feist. Dem Freedom Theater wurde vorgeworfen, zum kulturellen Boykott Israels aufzurufen und den Terror des Palästinensischen Islamischen Dschihad zu verharmlosen.

Schwerpunkt Naher und Mittlerer Osten

Kritisiert wurde auch, das Festival habe mit vier Bühnenstücken aus dem Iran, dem Libanon und den palästinensischen Gebieten einen Schwerpunkt auf den Nahen und Mittleren Osten gelegt, israelische Produktionen stünden aber nicht auf dem Programm.

Nach Gesprächen mit dem Festival und anderen Beteiligten hatte das Leipziger Kulturderzernat zunächst angekündigt, eine anteilige Rückzahlung des Euro-Scenen-Gesamtbudgets zu prüfen. Das Schauspielhaus Leipzig hatte die Auflösung des Mietvertrages mit der Euro-Scene erwogen.

Internationales Theaterinstitut verschiebt Jahrestagung

Am 14. Oktober erklärte zuletzt das deutsche Zentrum des Internationalen Theaterinstituts (ITI), dass es seine öffentliche Jahrestagung auf einen späteren Zeitpunkt verschiebe. Sie sollte im Rahmen der Euro-Scene unter dem Motto "Reclaiming Agency!" stattfinden und die "in Zeiten kultureller Kriegsertüchtigung verbleibenden Möglichkeitsräume von Künstler:innen und ihren Netzwerken für gewaltfreie und solidarische Völkerverständigung diskutieren."

Leider ist es mittlerweile unmöglich, offene und vertrauensvolle Gespräche zu garantieren.

Deutsches Zentrum des ITI

In der Mitteilung hieß es, durch die im Vorfeld der Veranstaltung eingetretene öffentliche "Verlagerung des Diskurses" scheine es "mittlerweile unmöglich, wie ursprünglich geplant, offene und vertrauensvolle Gespräche mit allen Teilnehmenden zu garantieren."

Leipziger Euro-Scene distanziert sich von Antisemitismus

Festival Christian Watty, ein sportlich wirkender Mann im dunklen T-Shirt. Das Bild ist Schwarz-Weiß
Christian Watty leitet das Festival in Leipzig seit 2021. Bildrechte: Jörg Letz

Die Festivalleitung der Euro-Scene hatte sich zunächst öffentlich von Antisemitismus, Islamismus und Terrorismus distanziert, aber an ihren Plänen festgehalten, da Ausladungen keine gesellschaftlichen Debatten fördern würden. Nun hat des Festival doch die Konsequenzen gezogen und das Stück ausgeladen.

In ihrem Pressetext erläuterte die Festivalleitung noch einmal ihre ursprüngliche Intention: "Vor dem Hintergrund einer stark polarisierten Debatte um den allgegenwärtigen Nahostkonflikt hatte die Festivalleitung gehofft, mit einer stark biografisch geprägten Arbeit aus dem Jahr 2017 einen Blick auf das Individuum in Zeiten des eskalierenden Konfliktes werfen zu können."

Ein Mann und eine Frau tanzen.
Das Tanz- und Theaterfestival Euro-Scene findet zum 34. Mal statt. Bildrechte: Estelle Hanania

Das internationale Tanz- und Theaterfestival Euro-Scene Leipzig findet vom 5. und 10. November in bereits zum 34. Mal statt. Auf dem Programm stehen knapp 40 Veranstaltungen.

Quellen: MDR KULTUR, MDR AKTUELL (Lydia Jacobi), Euro-Scene Leipzig, ITI, redaktionelle Bearbeitung: lm, lk

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | Kultur Kompakt | 15. Oktober 2024 | 13:30 Uhr

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