Einbürgerung Kommunen setzen auf mehr Personal und Digitalisierung
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05. November 2024, 07:00 Uhr
Jahrelang müssen Menschen mancherorts warten, die einen Antrag auf Einbürgerung stellen. In Leipzig etwa dauert es aktuell allein 50 Monate – also mehr als vier Jahre – bis man überhaupt einen Antrag stellen darf. Dabei sollte doch das neue Staatsangehörigkeitsrecht, das seit dem Sommer gilt, die Einbürgerungen beschleunigen. Die Realität in den Kommunen sieht aber anders aus.
- Die Anträge auf Einbürgerung stapeln sich – teilweise haben sich die Zahlen im Vergleich zu vor zwei Jahren verdoppelt.
- Der Deutsche Städte- und Gemeindebund erklärt, Kommunen würden Personal umschichten und neu einstellen um der Lage Herr zu werden.
- In Magdeburg können die Anträge nur noch online gestellt werden.
Ganz neu ist das Problem in der Stadt Chemnitz nicht. Auch hier wollen sich immer mehr Ausländer einbürgern lassen, sagt Stadtsprecher Matthias Nowak. Den größten Sprung habe es bereits von 2022 auf 2023 gegeben. Und dennoch dürften es auch dieses Jahr wieder mehr werden.
Seit dem Sommer steige die Zahl der Anträge, erklärt Nowak. "Also wir sind jetzt bei 639 Anträgen, das ist ein bisschen mehr als in den Jahren zuvor." Die Ausländerbehörde sei komplett überlastet.
Deutlich mehr Anträge bundesweit
Quasi überall in Deutschland sei das der Fall, sagt Marc Elxnat vom Deutschen Städte- und Gemeindebund. Die Zahl der Anträge auf Einbürgerung sei in den vergangenen Monaten teils sehr stark angestiegen. Und das nicht nur in den Städten, sondern auch im ländlichen Raum: "So ein durchschnittlicher Landkreis in Deutschland hatte sonst im Jahr mit 200, 250 Anträgen zu tun. Aktuell kann man durchaus auch teilweise von 1.000 Anträgen [pro Jahr] ausgehen."
In der Stadt Leipzig waren zwischen Januar und Oktober schon fast 1.000 Anträge in Bearbeitung – noch vor zwei Jahren sind es 640 im ganzen Jahr gewesen. Zusätzlich stehen hier rund 9.000 Menschen auf einer Warteliste für die Antragstellung. In Magdeburg rechnet man für das laufende Jahr mit 1.500 Anträgen. Das sind fast doppelt so viele wie vor zwei Jahren und das sechsfache von 2019.
Personal umschulen und neu einstellen
Wie sollen die Kommunen diesem Ansturm also Herr werden? Das werde nicht von heute auf morgen gehen, sagt Elxnat. Diese große Wartezeit von mehreren Jahren werde schon abgebaut werden. Man arbeite daran, diese Anträge abzubauen – etwa durch Umschichtung von Personal, aber auch durch Neueinstellungen von Personal. "Aber die kommunale Finanzlage sieht natürlich auch so aus, dass wir nicht unbegrenzt Personal einstellen können", macht Elxnat deutlich.
Die kommunale Finanzlage sieht natürlich auch so aus, dass wir nicht unbegrenzt Personal einstellen können.
Und das Personal, das da ist, müsse mit den neuen Regelungen auch weitergebildet werden, ergänzt Elxnat. Denn die Bearbeitung der Anträge sei komplexer geworden. Das sorgt auch im Amt für Migration in Weimar für Sorgenfalten.
Zwar sei hier nicht so eine große Steigerung der Anträge zu verzeichnen gewesen, aber dennoch liege die Bearbeitungsdauer etwa bei den mittlerweile üblichen 22 Monaten, sagt Amtsleiterin Rückert. "Also es ist tatsächlich so, dass sich die Lebensunterhaltssicherung verändert hat in bestimmten Detailfragen, die es uns schon etwas erschweren, beziehungsweise die Prüfung teilweise umfangreicher machen, und andererseits gab es auch durch die Gesetzesänderung eine Erweiterung in der Loyalitätserklärung. Das bedeutet, dass wir hier auch noch mehr den Einbürgerungsbewerber prüfen und auch nachfragen."
Denn ob das Bekenntnis zum Grundgesetz auch inhaltlich haltbar ist, müssen die Ämter etwa bei den Sicherheitsbehörden prüfen. Datenaustausch wie dieser müsste digital passieren, beklagt man bei der Stadt Leipzig. Hier plädiert man auch für ein KI-System, das eine Vorprüfung der Unterlagen machen könnte. Das müsse aber wegen hoher Kosten auf Bundesebene entwickelt werden.
Online-Anträge in Magdeburg
In Magdeburg ist man zumindest in Sachen Digitalisierung schon weiter: Seit Sommer kann die Einbürgerung nur noch online beantragt werden. Doch Marc Elxnat vom Deutschen Städte- und Gemeindebund sagt, die Digitalisierung habe auch Grenzen: "Sicher kann man in Teilen auch mit Digitalisierung arbeiten, da es hier aber vor allen Dingen natürlich um Prüfung von Anträgen geht […] und insbesondere natürlich um Gespräche mit den Antragstellerinnen und Antragstellern ist es da sehr schwierig, abzuschichten und die Möglichkeit zu schaffen, dass die Verfahren kurzfristig schneller laufen."
Deshalb sei jetzt vor allem wichtig, dass die Behörden den Antragsstau in Ruhe abarbeiten könnten, ohne dass ständig neue Regelungen hinzukämen, so Elxnat. Er fordert deshalb ein Moratorium für den Bereich des Aufenthalts- und Ausländerrechts.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 05. November 2024 | 06:53 Uhr