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Corona-Forschung aktuell: 16. November Ist Corona schon länger im Umlauf als bislang bekannt?

17. November 2020, 19:15 Uhr

Eine aktuelle Studie aus Italien wirft erneut die Frage auf, ob Corona bereits länger als bislang angenommen in Europa zirkuliert. Forscher fanden Antikörper gegen das Virus in Blutproben aus dem Herbst 2019.

Neueste wissenschaftliche Erkenntnisse über Corona

Während die Impfstoffentwicklung mit Hochdruck weiterläuft und die Zulassungsverfahren möglicherweise bald beginnen, wächst täglich auch das Wissen der Forscher über das Coronavirus und seine Ausbreitung. MDR Wissen verschafft Ihnen hier den Überblick über die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse.

Zirkulierte Corona bereits im September 2019 in Italien?

Eine aktuelle Studie aus Italien wirft erneut die Frage auf, ob das neue Coronavirus möglicherweise schon länger zirkuliert als bislang angenommen. Offiziell wurde Sars-CoV-2 das erste Mal im Dezember 2019 in Wuhan, China, festgestellt. Ende Januar tauchten die ersten Fälle in Italien auf, sechs Wochen später hatte sich die Pandemie über die Welt ausgebreitet. Nun erscheint allerdings in der Fachzeitschrift für Krebsforschung "Tumori Journal" ein Beitrag von Giovanni Apolone und Kollegen, die Blutproben auf Antikörper untersucht haben, die das Sars-CoV-2 Spikeprotein blockieren können. Sie wurden von 959 Personen genommen, die zwischen September 2019 und März 2020 an einem Screening auf Lungenkrebs teilnahmen. Dabei zeigte sich: 11,6 Prozent wiesen IgG-Antikörper auf, die an Corona anhafteten, 10,1 Prozent hatten IgM-Antikörper, die gegen das Virus wirkten. Interessant daran ist, dass die Messung auf diese Antikörper bereits im September und Oktober einen ersten Höhepunkt erreicht, bei dem bis zu 18 Prozent der Proben die richtigen IgM-Antikörper enthielten. Im Februar stieg dieser Wert auf über 30 Prozent. Keiner der Teilnehmer habe Symptome gehabt zum Zeitpunkt der Blutentnahme, schreiben die Forscher.

Die Italien-Korrespondentin des österreichischen Rundfunks ORF verweist auf italienische Gesundheitsexperten, die die Ergebnisse nur vorsichtig interpretieren wollen. Demnach sei eine Kreuzreaktivität durch andere Coronaviren möglich, sprich: Die Antikörper wurden gegen Erkältungscorona gebildet, neutralisieren jetzt aber auch Sars-CoV-2. Andere Studien, die den Covid-19-Erreger etwa im Abwasser von Barcelona schon über ein Jahr vor seiner ersten Beschreibung erkannt haben wollen, hielten näheren Überprüfungen meist nicht Stand.

Immunschutz gegen Corona: T-Zellen bleiben erhalten

Die Frage, wie lange Menschen nach einer Covid-19-Erkrankung gegen eine erneute Infektion geschützt bleiben, gehört ebenfalls zu den unter Forschern am meisten umstrittenen Punkten in der Pandemie. Eine neue Studie von Medizinern der Universität Freiburg deutet wieder auf einen länger haltenden Schutz hin. Das Team um Maike Hofmann berichtet in "nature medicine", dass die sogenannten T-Gedächtniszellen im Körper erhalten bleiben, auch wenn die Antikörper wieder verschwinden. "Diese sogenannten Gedächtnis-T-Zellen sehen nach einer Sars-CoV-2-Infektion ähnlich aus wie Gedächtnis-T-Zellen nach einer echten Grippe. Deshalb sind wir zuversichtlich, dass bei der Mehrheit der Menschen nach überstandener Sars-CoV-2-Infektion ein gewisser Schutz vor einer erneuten Covid-19-Erkrankung besteht", sagt Hofmann.

Natürliche UV-Strahlung im Winter zu schwach, um Virus zu zerstören

Die UV-Strahlung der Sonne kann im Laufe eines Tages die meisten Coronaviren an der frischen Luft zerstören – wenn genügend Strahlung auf sie trifft. Ein Team der Vetmeduni in Wien hat mit Experimenten untersucht, wie stark die UV-Strahlung sein muss, um Viren zu sterilisieren. Demnach überlebt beispielsweise im subtropischen Sao Paolo in Brasilien nur ein Zehntausendstel aller Viren einen Tag im Freien. In Island wiederum gelinge das nur im Juni und Juli, um den jährlichen Höchststand der Sonne herum. Im Winter dagegen könnten die Viren in Europa im Freien einen guten Tag lang ansteckend bleiben, da die UV-Strahlung viel geringer ist.

Modernas mRNA-Impfstoff zu 94,5 Prozent wirksam

Bei der Impfstoffentwicklung gegen Covid-19 meldet ein weiterer Pharma-Konzern einen Erfolg. Der US-Konzern Moderna erklärte, sein RNA-Impfstoff zeige in einer Zwischenanalyse eine Wirksamkeit von 94,5 Prozent. Moderna geht davon aus, in den kommenden Wochen in den USA eine Notfallgenehmigung beantragen zu können. Die EU-Kommission verhandelt mit dem Konzern bereits über die Lieferung von bis zu 160 Millionen Impfdosen. Die europäische Arzneimittelbehörde EMA hat das Prüfverfahren für Moderna Biotech in Spanien, einen Ableger des US-Unternehmens, bereits in Gang gesetzt. Bei diesem Verfahren werden die Daten aus laufenden Studien fortlaufend eingereicht und von der EMA bewertet.

Die Phase-III-Studie zum RNA-Impfstoff mRNA-1273 von Moderna umfasst insgesamt 30 000 Probanden. Die Hälfte davon hat den Impfstoff erhalten, die andere Hälfte fungiert als Kontrollgruppe und bekommt ein Placebo-Mittel. Insgesamt erkrankten bislang 95 Studienteilnehmer an der Krankheit Covid-19. Davon entfielen nur fünf Fälle auf die tatsächlich geimpften Probanden, 90 Fälle wurden in der Kontrollgruppe diagnostiziert. Daraus errechnet sich eine Wirksamkeit von 94,5 Prozent. Zudem habe es in der Gruppe der Geimpften keine schweren Verläufe gegeben, in der Placebogruppe aber schon. Daten, zu welchem Grad mRNA-1273 eine asymtomatische Ansteckung verhindert und die Pandemie damit wirklich eindämmen kann, gibt es bislang nicht. Für den vollen Impfschutz sind zwei Dosen in zeitlichem Abstand notwendig.

Vor einer Woche hatten die Mainzer Firma Biontech und ihr US-Partner Pfizer mitgeteilt, dass ihre Impfung einen mehr als 90-prozentigen Schutz bietet. WHO-Generaldirektor Tedros forderte, Impfstoffe billig und nicht nur tiefgekühlt zu produzieren. Sie müssten in der ganzen Welt verteilt werden können.

Diesen Vorteil soll der russische Impfstoff "Sputnik-V" haben. Der auf veränderten Adenoviren basierende Impfstoff muss nicht so stark gekühlt werden. Vor einer Woche hatte das staatliche Gamaleya-Institut eine Wirksamkeit von 92 Prozent verkündet.

(ens/gp)

MDR Aktuell

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