Gottesdienst in der Yoido Full Gospel Church in der südkoreanischen Hauptstadt Seoul
Massengottesdienst einer südkoreanischen Pfingstkirche Im Jahr 2013 (Archivbild): Bei einem solchen Gottesdienst im Februar 2020 wurde zum ersten Mal das Phänomen des Superspreadings in der Coronapandemie sichtbar. Bildrechte: imago/epd

Corona Forschung aktuell: 3. November Corona: Superspreader infizieren im Schnitt 20 weitere Menschen

02. November 2020, 17:01 Uhr

Der durchschnittliche Superspreader steckt etwa 20 weitere Menschen mit Corona an. Zu diesem Ergebnis kommen Mathematiker. Und: Dresdner Psychologen setzen Studie zu Auswirkungen des Lockdowns fort.

Neueste wissenschaftliche Erkenntnisse über Corona

Der zweite, weniger scharfe Lockdown in Deutschland hat begonnen. Während Gesellschaft und Politik auf einen baldigen Rückgang der Neuinfektionen hoffen, veröffentlichen Forscher täglich neue Studien, die mehr Licht auf Sars-CoV-2 und Covid-19 werfen. MDR Wissen verschafft Ihnen hier täglich den Überblick.

Corona: Superspreader infizieren im Schnitt 20 weitere Menschen

Das Phänomen des sogenannten Superspreadings wurde bereits Anfang Februar deutlich, als eine 61-jährige Anhängerin einer religiösen Sekte in Südkorea dutzende Besucher eines Gottesdienstes ansteckte und so die Ausbreitung von Sars-CoV-2 in dem asiatischen Land in Gang setzte. Im weiteren Verlauf der Pandemie stellten Beobachter dann immer häufiger fest: Solche Massenansteckungen scheinen eine zentrale Rolle bei der Ausbreitung von Corona zu spielen. Wie zentral diese Rolle ist, haben die beiden Mathematiker Felix Wong und James Collins vom Massachusetts Institute of Technology (Cambridge/USA) in einer Studie berechnet, die jetzt im Fachjournal PNAS erschienen ist. Wong und Collins sammelten einerseits empirische Daten zu Super-Ausbreitungsereignissen bei Sars-CoV-2 und seinem Vorgänger Sars. Mit diesen Daten fütterten sie dann statistische Modelle aus der Extremwerttheorie. Die stammt aus der Finanzmathematik und ist spezialisiert auf Verteilungen, bei denen es extreme Ränder gibt.

Bezogen auf Corona bedeutet das: Eine erwartete "normale" Weiterverbreitung, wo ein Patient bis maximal fünf weitere Patienten infiziert, ist zwar die Regel. Doch deutlich häufiger als erwartet kommt es zur Superausbreitung, bei der ein Indexfall sechs oder mehr Menschen ansteckt. Im Schnitt sind das bei solchen Ereignissen sogar 19,7 weitere Personen. Mitunter kann es sogar zu extremen Ansteckungsevents kommen, wie in einer Apartmentanlage in Hong Kong, wo ein Infizierter insgesamt 187 weitere Menschen ansteckte. Die Schlussfolgerung von Wong und Collins: Zum Schutz von Risikogruppen sollten vor allem große Menschenansammlungen verhindert werden. Diese Dynamik ist laut den Forschern übrigens kein reines Corona-Phänomen, sondern bereits von der Grippe, Masern, Röteln, Windpocken und auch Ebola bekannt.

Psychologen der TU Dresden: Wie wirkt sich Teil-Lockdown auf Stimmung aus?

Psychologen der TU Dresden haben bereits während des ersten Lockdowns regelmäßig Onlinebefragungen durchgeführt, bei denen sie von den Teilnehmern wissen wollten, wie sich der Lockdown mit seinen sozialen und wirtschaftlichen Folgen auf die psychische Gesundheit der Befragten auswirkt? Die ersten Ergebnisse aus der Studie "Stress in Zeiten der Coronakrise" sollen demnächst veröffentlicht werden. Wichtigste Erkenntnis ist laut Professor Philipp Kanske: Besonders Menschen mit psychischen Vorerkrankungen waren auf soziale Unterstützung angewiesen, um nicht in schwere Krisen zu geraten.

Jetzt im Herbst sind die Lockdown-Maßnahmen modifiziert worden. Therapeutische Heilbehandlungen dürfen aktuell fortgesetzt werden. Wie erleben Menschen diesen veränderten Lockdown, wie wirkt er sich auf die psychische Gesundheit aus und was kann vor Stresserfahrungen schützen? Um das zu erfahren, setzen die Dresdner Wissenschaftler ihre Befragungen fort. Nach einer Eingangsbefragung erhalten die Teilnehmer alle 14 Tage eine Einladung zu einer kürzeren Folgebefragung.

Jeder achte Covid-19-Patient entwickelt schwere Schäden am Gehirn und Nervensystem

Eine neue Studie analysiert die Symptome von rund 4.500 Coronapatienten, die zwischen März und Mai in Krankenhäusern von New York behandelt wurden. Demnach zeigten rund 13,5 Prozent der Betroffenen schwere neurologische Begleiterkrankungen. Dazu gehörten Hirnhautentzündungen, epileptische Krampfanfälle und Schlaganfälle. Waren Patienten von diesen Symptomen betroffen, hatten sie zudem ein 40 Prozent höheres Risiko, an der Erkrankung zu sterben, berichtet ein Forscherteam im Fachblatt Neurology. Die Studie klammerte dabei milde neurologische Symptome wie Geruchs- und Geschmacksverlust aus. Schließt man diese ein, sind sogar 85 Prozent aller Covid-Patienten von neurologischen Begleiterkrankungen betroffen.

Was Verschwörungstheoretiker mit Dementen gemein haben

In einem etwas polemischen Standpunkt im Fachblatt JAMA vergleicht der kalifornische Neurologe Bruce Miller die Ausbildung verschwörungstheoretischer Überzeugungen mit der Entwicklung von neurodegenerativen Krankheiten wie Alzheimer und Demenz. In beiden Fällen hätten die Betroffenen gemeinsam, dass ihnen Fähigkeiten oder Informationen fehlten, um komplexe Fakten richtig zu bewerten und einordnen zu können. Um sich selbst zu beruhigen, greifen sie daher zu Informationen und Meinungen, die leicht verdaulich seien. In der US-Öffentlichkeit zirkulieren einige Verschwörungsmythen bezüglich Corona, angefeuert unter anderem von Präsident Trump. Weniger als die Hälfte der US-Amerikaner folgt der Empfehlung zum Tragen einer Maske in der Öffentlichkeit. Die Skepsis gegenüber wissenschaftlichen Fakten habe ihren Preis. Während in den USA nur vier Prozent der Weltbevölkerung lebten, habe das Land 20 Prozent aller Covid-19-Toten zu beklagen. Bei einer Umfrage unter 10.000 erwachsenen US-Amerikanern glaubten von denjenigen, deren höchster Schulabschluss die Highschool war, ganze 48 Prozent, dass ein bisschen Wahrheit in der Behauptung stecke, die Covid-19-Pandemie sei geplant worden.

(ens)

MDR Aktuell

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