Corona Forschung aktuell: 6. November Sollten Menschen für die Corona-Impfung bezahlt werden?
Hauptinhalt
02. November 2020, 17:01 Uhr
Erst wenn 80 Prozent gegen Corona geimpft sind, sei die Krise vorbei, glauben Experten. Wie können genügend Menschen von einer schnellen Impfung überzeugt werden? Mit Geld, argumentiert ein britischer Forscher.
Neueste wissenschaftliche Erkenntnisse über Corona
Die Hoffnungen auf ein baldiges Ende der Sars-CoV-2-Pandemie hängen davon ab, ob ein wirksamer Impfstoff entwickelt werden kann. Wie weit ist die Forschung davon noch entfernt und welche Probleme tauchen auf? MDR Wissen verschafft Ihnen hier täglich den Überblick über die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse über Corona.
Deutsche Vereinigung für Intensivmedizin fordert Notfallmodus für Krankenhäuser
Immer mehr Coronapatienten kommen in Krankenhäuser. In den Ballungszentren erreichen jetzt die ersten Kliniken ihre Belastungsgrenze, teilt die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) mit. Die DIVI fordert, solche Kliniken umgehend aus dem Regelbetrieb herauszunehmen und auf Notfallbetrieb umzustellen. Das bedeute, wo immer es möglich und vertretbar sei sollten Operationen verschoben und Fachpersonal auf den Intensivstationen konzentriert werden. Zusätzlich müsse die Politik dann die Kliniken für ihre Einnahmeausfälle von entschädigen. In Berlin, wo die Zahl der Covid-19-Patienten in den Krankenhäusern inzwischen über der aus dem Frühjahr liegt, habe die Regierung bereits reagiert. Dort nehmen vor allem die großen maximalversorger, wie die Charité, die schwerstkranken Patienten auf. "Diese Vorgehensweise ist seit dieser Woche über eine Rechtsverordnung seitens des Senats geregelt", sagt Steffen Weber-Carstens von der Charité. Dem müssten sich jetzt weitere Bundesländer anschließen und den besonders betroffenen Kliniken den Weg in den Notfallbetrieb ebnen.
Telemedizin kann echte Arztbesuche währen Lockdown nicht ersetzen
Als die Pandemie ausbrach, blieben die Arztpraxen über Wochen leer, weil viele Patienten das Ansteckungsrisiko fürchtete. Dieses auch in Deutschland im Frühjahr beobachtete Phänomen haben Forscher nun für die USA anhand von Statistiken bestätigt. Während der ersten Lockdownmonate im Frühjahr haben US-Amerikaner demnach deutlich seltener ihre Ärzte aufgesucht. Telemedizinische Angebote konnten das nicht vollständig kompensieren. Das geht aus einer neuen Studie hervor, die im Fachblatt JAMA erschienen ist. Ein Team von Wissenschaftlern um Christopher Whaley vom Thinktank RAND-Corporation hat dazu die Daten von Arbeitnehmern ausgewertet, die über ihre Firmen krankenversichert waren. Demnach fanden im März 23 Prozent weniger Arztbesuche statt und im April sogar 52 Prozent weniger, verglichen mit dem Durchschnitt der Vorjahre. Dabei verzichteten die Versicherten vor allem auf Vorsorgebehandlungen sowie auf elektive Behandlungen, also Eingriffe und Therapien, deren Zeitpunkt relativ frei wählbar ist. Die Anzahl der Notfallbehandlungen und die Menge der verschrieben Medikamente blieb allerdings gleich. Telemedizinische Angebote konnten laut der Studie nur etwa 40 Prozent der Face-to-Face-Arztbesuche ersetzen. Die Autoren warnen, dass aus diesem Rückgang neue Gesundheitsrisiken für die Bevölkerung entstehen. Sie halten es jedoch für möglich, dass viele Arztbesuche im Sommer nachgeholt wurden.
Luftverschmutzung erhöht das Covid-19-Sterberisiko
Schlechte Luft erhöht das Risiko, an einer Covid-19 zu sterben, das hatten Max-Planck-Forscher vor kurzem gezeigt. Eine weitere Studie im Fachblatt "Science Advances" bestätigt diesen Zusammenhang für die USA. Dort haben Xiao Wu und ihr Team von der Harvard Medical School statistische Daten zur Feinstaubbelastung in 3089 Counties (entspricht in etwa unseren Landkreisen) ausgewertet und mit der Covid-Sterblichkeit verglichen. Die Forscher kommen zu dem Schluss, dass nur ein Mikrogramm langfristige Feinstaubbelastung pro Kubikmeter Luft zu einer elf Prozent höheren Covid-19-Sterblichkeit führt.
Test: Wie viele neutralisierende Antikörper haben Genesene
Infiziert sich ein Menschen mit Covid-19 bildet das Immunsystem im Lauf der Krankheit sogenannte neutralisierende Antikörper gegen Sars-CoV-2. Diese Antikörper blockieren die Viren und verhindern ihr Eindringen in die menschlichen Wirtszellen. Wer also viele neutralisierende Antikörper im Blutserum trägt, ist gut geschützt gegen Corona. Das ist allerdings nicht bei allen Genesenen der Fall. Gerade wer einen milden Krankheitsverlauf mit wenig Symptomen hinter sich habe, besitze oft nur wenige neutralisierende Antikörper, schreiben Forscher der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) im Fachblatt Cellular & Molecular Immunology.
Die Forscher haben jetzt einen Test entwickelt, mit dem anhand von Blutproben schnell gezeigt werden kann, wie viele neutralisierende Antikörper vorhanden sind. Bisherige Verfahren benötigten dazu echte Viren. Der Test aus Hannover kommt mit zwei Eiweißen aus, dem Corona-Spike-Protein und dem ACE-2-Rezeptor der menschlichen Zellen, also dem Schlüssel und dem Schloss, mit dem die Viren in den menschlichen Körper eindringen. Das Verfahren soll nun für den regulären Einsatz in Kliniken weiterentwickelt werden.
Anreize für den Coronaschutz: Impfgeld statt Impfpflicht?
Ein Impfstoff gegen Corona könnte in wenigen Wochen verfügbar sei. Allerdings stellt sich dann ein neues Problem: Wie können genügend Menschen angesichts verbreiteter Impfskepsis und Sorge vor Nebenwirkungen davon überzeugt werden, sich impfen zu lassen? Der Medizinethiker Julian Savulescu von der britischen Universität Oxford argumentiert im Fachblatt "Journal of Medical Ethics", dass Regierungen darüber nachdenken sollten, zusätzliche Anreize zu schaffen. Die könnten finanzieller Natur sein, ähnlich der Aufwandsentschädigungen für Blutspenden. Oder es könnte "Sachleistungen" geben, etwa eine Entbindung von der Maskenpflicht und von den Abstandsgeboten, wenn ein Impfzertifikat öffentlich getragen werde, schreibt Savulescu. Er hält solche Belohnungen für sinnvoll, da rund 80 Prozent der Bevölkerung geimpft sein müssen, um einen ausreichenden Herdenschutz herzustellen, der auch die besonders verwundbaren Gruppen wie hochbetagte Senioren mit schützt, bei denen Impfungen in der Regel nicht so gut wirken.
Zwar könnten Regierungen alternativ auch über eine Impfpflicht nachdenken, die angesichts der Bedrohung der öffentlichen Gesundheit durch Corona auch gerechtfertigt sei, wenn
- ein sicherer und wirksamer Impfstoff zur Verfügung steht
- die Argumente für die Impfung die für alle alternativen Optionen überwiegen
- die Zwangsmaßnahme verhältnismäßig und angemessen ist
Eine solche Impfpflicht sei vergleichbar mit der Anschnallpflicht im Auto oder der Pflicht, seine Steuern zu bezahlen. Anreize für eine freiwillige Impfung seien aber der bessere Weg. Die Kosten seien zudem günstig, verglichen mit dem, was Regierungen etwas für Kurzarbeitergeld aufwenden müssen. "Es wäre wirtschaftlich sinnvoll, den Menschen eine Menge Geld zu zahlen, damit sie sich schnell impfen lassen. Das würde auch ihre vollständige Rückkehr an den Arbeitsplatz beschleunigen", schreibt Savulescu in seinem Beitrag.
(ens)
MDR Aktuell
Not Found
The requested URL /api/v1/talk/includes/html/9ef2a209-e866-44d2-9c8d-58e64021aa62 was not found on this server.