Arafats Thüringer "General" - Wo ist Udo Albrecht? Straßenkämpfe in Amman
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31. März 2019, 05:00 Uhr
Im September 1970 entführt die Volksfront zur Befreiung Palästinas fünf Passagierflugzeuge mit 435 - vorwiegend westlichen - Zivilisten. Der "Schwarze September" beginnt. Drei der Flugzeuge landen in der jordanischen Wüste nahe Zerqa. Die Palästinenser drohen, die vollbesetzten Maschinen zu sprengen, falls kein Lösegeld gezahlt und palästinensische Kampfgenossen in verschiedenen Ländern freigelassen werden.
Ein internationales Krisenmanagement beginnt. Hans-Jürgen Wischnewski, genannt "Ben Wisch", ein Sozialdemokrat mit Verbindungen in die arabische Welt, wird nach eigenen Angaben von Bundeskanzler Willy Brandt in den Nahen Osten geschickt, um über die Freilassung der deutschen Geiseln zu verhandeln. Wenige Tage später rufen Palästinenser eine Volksregierung in Jordanien aus und fordern so das Königshaus um König Hussein heraus. Der Bürgerkrieg beginnt. Wischnewski ist in der deutschen Botschaft in Amman eingeschlossen. Ringsum wird geschossen.
Am Morgen des 21. Septembers bringen jordanische Soldaten zwei Deutsche in die Botschaft, die in den Kriegswirren aufgegriffen worden seien. Krisenmanager Wischnewski befragt die beiden Männer, die sich "Fuchs" und "Fischer" nennen, nach den Grund für ihren Aufenthalt in dem Bürgerkriegsland. Sie erzählen, dass sie Ersatzteile für Lastwagen verkaufen. Als ihnen angeboten wird, ihre Familien und ihre Firma über ihren Aufenthaltsort zu informieren, lehnen sie ab. "Wir bohrten nach", so Wischnewski, "da wir spürten, dass mit den beiden etwas nicht in Ordnung ist." Als sich ein Botschaftsmitarbeiter die Pässe der beiden Deutschen zeigen lässt, steht bald fest: Die sind gefälscht. Beide Pässe waren im Abstand von zwei Monaten ausgestellt worden, aber die Nummerierung liegt nur drei Nummern auseinander. Nach Rückfrage in Deutschland ist am Abend klar: Bei den Papieren handelt es sich um gestohlene Blanko-Pässe.
Wer ist "Fischer"?
Wischnewski berichtet, dass einer der beiden Männer schließlich erklärt habe, dass er Neofaschist sei und die Palästinenser im Kampf gegen Israel unterstützten wolle. In der anschließenden Diskussion stellt sich heraus, dass auch diese Angaben nicht stimmen.
Der Mann erklärt schließlich, er sei kein Bürger der Bundesrepublik, sondern Offizier der Nationalen Volksarmee der DDR. In Jordanien habe er Palästinenser an der Kalaschnikow ausgebildet. Auch diese Angaben erweisen sich als falsch. Deshalb werden die "erkennbaren Daten" der Männer nach Bonn übermittelt und um eine Überprüfung gebeten. "Schließlich", so Wischnewski, "mussten wir mit den beiden unter besonders schwierigen Bedingungen unter einem Dach leben." Eine Botschaft sei schließlich kein Hotel. Hier gebe es Akten, die nicht für jedermanns Augen bestimmt seien. Andererseits seien es Deutsche, die nicht dem jordanischen Militär übergeben werden könnten. "Also behielten wir sie weiterhin bei uns, aßen aus einem Topf und mussten bei all den anderen Sorgen zusätzlich auch immer noch ein Auge auf sie halten." "Fuchs" gibt sich schließlich als Klaus Jahn aus Hannover zu erkennen. Jahn, der BHJ-Funktionär, hatte Ende der 60er-Jahre Pläne für ein "Hilfskorps Arabien" geschmiedet. "Fischer" gibt seine Identität nicht preis.
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 31. März 2019 | 06:00 Uhr