Arafats Thüringer "General" - Wo ist Udo Albrecht? Siebte Flucht
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31. März 2019, 05:00 Uhr
In der Bundesrepublik verbüßt Albrecht seine Strafe in Werl. Nach einiger Zeit wird er in das Arbeitslager Harsewinkel im Emsland verlegt. Dort ist er in einem eisenverarbeitenden Betrieb beschäftigt. Am 13. Oktober 1975 gelingt Albrecht die Flucht aus dem - nach seinen Angaben - "relativ schwach bewachten Arbeitslager". Er flüchtet aus der Maschinenhalle und geht nach Dortmund. Angeblich hält er sich eine zeitlang bei dem ehemaligen Mithäftling Hans-Georg Buttgereit, den er in Werl kennengelernt hatte, auf.
Nach späteren Ermittlungen nimmt Albrecht von Dortmund aus wieder Kontakt zu den Palästinensern auf - wahrscheinlich über Rechtsanwalt Schöttler. Gleichzeitig bekommt er über den Anwalt Kontakt zu Ekkhard Weil. Weil ist in der rechten Szene kein Unbekannter. 1970 hatte der damals 21-jährige Weil auf einen Wachsoldaten am Sowjetischen Ehrenmal im Tiergarten in West-Berlin mit einem Kleinkalibergewehr geschossen und diesen lebensgefährlich verletzt. Der Anschlag gilt als die Geburtsstunde des Rechtsextremismus in der Bundesrepublik. Albrecht und Weil beschließen, mit anderen Gesinnungsgenossen in den Libanon zu gehen. Sie wollen den "Kampf gegen Israel aktiv militärisch unterstützen". Auf dem Weg in den Nahen Osten werden sie in Jugoslawien festgenommen. Albrecht gelingt die Flucht. Er kehrt nach Italien zurück Angeblich auf Druck der PLO werden die anderen Inhaftierten aus der Gruppe bereits Anfang 1976 entlassen und abgeschoben.
Werbung von Freiwilligen
Albrecht arbeitet in Beirut mit Abu Iyad zusammen. Iyad, eigentlich Salah Khalaf, hatte Ende der 1950er-Jahre zusammen mit Arafat die Fatah gegründet. Er ist dessen rechte Hand und viele Jahre war er Geheimdienst- und Sicherheitschef der PLO. Abu Iyad gilt außerdem als Mitbegründer und späterer Anführer der Terrororganisation "Schwarzer September". Laut bundesdeutschen Ermittlern wirbt Albrecht zwischen Oktober 1975 und Juli 1976 mindestens zehn Personen für den Libanon. Sie wurden dort mit Waffen ausgerüstet und "für einen Einsatz auf Seiten der palästinensischen Guerillas bei den Unruhen in Beirut vorbereitet."
Im Juni 1976 kommt eine Gruppe von fünf Freiwilligen in Beirut an. Laut einem Ermittlungsbericht werden sie im Nasser Building, einem Hochhaus im Zentrum Beiruts, von Albrecht, der sich im Nahen Osten "Hermann" nennt, empfangen. Sie erhalten Tropenuniformen und Kalaschnikows. "Einziges Zeichen ihrer Zugehörigkeit zu einer arabischen Gruppe sei ein sogenannter 'Kefir' gewesen. Bei diesem ‘Kefir’ handele es sich um ein großes viereckiges Kopftuch, das im Nahen Osten von Arabern getragen werde." Die Neuankömmlinge seien von Albrecht an den Waffen unterrichtet worden und es habe ein Übungsschießen gegeben. Eines Tages habe Albrecht die Gruppe mit einem Geländewagen abgeholt, um ihnen die durch Beirut verlaufende Frontlinie zu zeigen. Bei einem zweiten Besuch an der Kampflinie, hätte die Gruppe ein "Spähtruppunternehmen im Niemandsland zwischen den Fronten durchgeführt, wobei sie von christlichen Libanesen beschossen worden seien." Als die Deutschen zum Kampfeinsatz aufgefordert werden, lehnen zwei ab. Sie müssen ihre Uniformen und Waffen wieder abgeben und werden "zum Wohnungsreinigen und Küchendienst abgestellt". Die drei anderen Deutschen gehen an die Front.
Ermittler: keine terroristische Vereinigung
Ermittler kommen später zu dem Schluss, dass es sich bei der Gruppe von Autoschiebern nicht um eine terroristische Vereinigung handelt. Ihnen sei lediglich darum gegangen, Personen in den Libanon zu bringen, "die bereit waren, auf Seiten der Palästinenser zu kämpfen bzw. andere Arbeiten (Drucker, Kraftfahrer) durchzuführen sowie Kraftfahrzeuge und Waffen in den Libanon zu überführen."
Mitte Juli 1976 reisen der frühere Bundeswehr-Boxchampion Kurt Giovanni Wolany und Albrecht, der sich "Hermann Schreiber" nennt, über Zypern nach Athen. In der Nacht werden sie in einer Strauchgegend unterhalb der Akropolis von Streifenpolizisten festgenommen. Bei Wolany wird eine Pistole gefunden. Die beiden Deutschen werden zu "unerwünschten Ausländern" erklärt und in ein Flugzeug nach Frankfurt gesetzt. Gleichzeitig informiert Interpol Athen über den Fall. Allerdings unterläuft den Beamten ein Fehler: statt "Schreiber" übermitteln sie den Namen "Schreir". "Schreiber" entkommt bei seiner Ankunft in Frankfurt. Wolany wird festgenommen. Später kommt von den Griechen noch ein Bild von "Schreibers" Pass - die deutschen Ermittler stellen fest, dass es sich um einen gestohlenen Vordruck aus Plön handelt. Albrecht ist ihnen wieder einmal entwischt. Ende Juli, Anfang August macht sich Albrecht erneut mit einer Gruppe von Deutschen Richtung Libanon auf. Am 7. August treffen sie nach einer Fahrt über Österreich, Jugoslawien, die Türkei und Syrien in Beirut ein.
Nach eigenen Angaben kämpft Albrecht 1976 im Libanon. Seine von ihm kommandierte Kampfgruppe besteht aus zehn Bundesbürgern. Gleichzeitig habe er verschiedene Waffen- und Sprengmitteltransport in die Bundesrepublik und in die Schweiz organisiert. Innerhalb der Gruppe kommt es schließlich zu Spannungen.
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 31. März 2019 | 06:00 Uhr