Analyse eines Rechtsrucks Politologe: Kommunalwahl in Sachsen zeigt verfestigte rechtspopulistische Einstellungen
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10. Juni 2024, 15:16 Uhr
In Sachsen haben sich rechtsextreme und rechtspopulistische Einstellungen verfestigt. Das sagt Politikwissenschaftler Benjamin Höhne von der TU Chemnitz mit Blick auf die Ergebnisse der Kommunalwahlen im Freistaat, aus denen die AfD als stärkste Kraft hervorgegangen ist. Das zeuge davon, dass sich Teile der Bevölkerung von der Demokratie abgewandt hätten und in Kauf nähmen, dass mit einer anderen Systemordnung gespielt werde. Das sei hochproblematisch, so der Politikprofessor. Der Rechtspopulismus habe ein Problem mit wichtigen Säulen der Demokratie, wie etwa Medienfreiheit oder Pluralismus.
Wahlergebnisse bestätigen AfD in ihrer Strategie
Die für sie guten Wahlergebnisse auf kommunaler Ebene passten in die Strategie der AfD hin zu einer Normalisierung. "Sie möchte ja Verantwortung übernehmen und versucht, einen Aufwuchs von unten zu bekommen", analysiert Höhne. Mit "unten" meint der Politikwissenschaftler die kommunale Ebene. Allerdings fehle der Partei, die in Sachsen vom Landesverfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft ist, teilweise noch Personal. Deshalb werde sie versuchen, im Rahmen ihrer Normalisierungsstrategie neue Schichten zu erreichen - Menschen, die zwar von "hartem" Rechtsextremismus Abstand nehmen, aber sich vorstellen könnten, bei einer gemäßigten AfD mitzuwirken.
Die AfD hat ganz konkrete Vorstellungen, wo es mit der demokratischen Ordnung hingehen soll. Und das ist, glaube ich, nicht die Vorstellung der anderen Parteien.
Andere Parteien sollten AfD nicht einfach hinnehmen
Die antipopulistische Politik der sogenannten etablierten Parteien habe in den vergangenen Jahren nicht funktioniert, resümiert Höhne. Man sei deshalb gefordert, über neue Wege bis hin zu einem Parteiverbotsverfahren gegen die AfD nachzudenken. Allerdings würden damit die rechtsextremistischen Einstellungen in Teilen der Bevölkerung nicht verschwinden, räumt der Politikwissenschaftler ein. Die anderen Parteien sollten ihre Ziele klar kommunizieren und die AfD nicht wie eine "normale Partei" verstehen. "Das ist sie nicht. Die AfD hat ganz konkrete Vorstellungen, wo es mit der demokratischen Ordnung hingehen soll. Und das ist, glaube ich, nicht die Vorstellung der anderen Parteien", sagt Politikwissenschaftler Höhne.
Der Rechtsruck in Ostdeutschland passt für den Fachmann in das europaweite Muster - verglichen beispielsweise mit den Europawahl-Ergebnissen in Italien und Frankreich.
MDR (lam)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Nachrichten | 10. Juni 2024 | 14:00 Uhr