Europawahl am 9. Juni Kandidat der AfD in Sachsen: der Europaabgeordnete Maximilian Krah
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07. Juni 2024, 10:07 Uhr
Einst wollte Maximilian Krah für die CDU in den Bundestag. Doch 2016 schmiss er überraschend hin und schloss sich der AfD an. Dort avancierte er in den vergangenen Jahren zum bekanntesten Europa-Abgeordneten der Partei und wurde Spitzenkandidat für die aktuelle Europawahl. Weil Krah immer wieder mit umstrittenen Äußerungen aneckt, hat die AfD zuletzt im Wahlkampf auf ihn verzichtet.
- Maximilian Krah wurde am 28. Januar 1977 in der Oberlausitz geboren und wuchs in Dresden auf.
- Der Katholik ist verwitwet und hat vier Kinder mit seiner ersten Frau, vier weitere Kinder von zwei Frauen folgten.
- Krah studierte Rechtswissenschaften und promovierte in Dresden, später folgte ein MBA-Studium (Master of Business Administration) an der Columbia Business School und London Business School.
- 2019 wurde Krah als Abgeordneter ins Europaparlament gewählt. Er ist Mitglied der Fraktion Identität und Demokratie.
- 2022 wollte Krah Oberbürgermeister in Dresden werden, kam in zwei Wahlgängen aber nur auf den 4. bzw. 3. Platz.
Reizfigur, die sich nicht zeigen soll
Spitzenkandidaten, die von ihrer Parteiführung dazu aufgefordert werden, sich lieber nicht im Wahlkampf zu zeigen, gab es in Deutschland noch nie. Die AfD hat mit Maximilian Krah und Petr Bystron gleich zwei derartige Kandidaten auf den ersten beiden Listenplätze für die Europawahl. Und seitdem viel Ärger. Die beiden AfD-Politiker stehen seit Wochen unter Druck wegen möglicher Verbindungen zu prorussischen Netzwerken und möglicher Geldzahlungen. Ein Mitarbeiter Krahs wurde festgenommen, das Büro in Brüssel durchsucht.
Der Jurist Krah streitet bislang alle Vorwürfe ab und sieht sich als Kampagnenopfer. 2024 sagte ein AfD-Sprecher, Krah habe aus Zeitgründen seine Anwaltszulassung zurückgegeben. Die Anwaltskammer Tübingen, wo Krah eingetragen war, sagt öffentlich nur, dass gegen Krah ermittelt worden sei, ob er seine Kanzleipflicht erfülle.
Genervte rechte Fraktion in Brüssel
Viel ist über den Politiker geschrieben worden, die Reizfigur in der AfD, aber auch im Lager rechtspopulistischer bis rechtsextremer Parteien auf Europaebene. Selbst dort gilt Krah vielen als Rechtsaußen, der national-völkische Verbündete des Thüringer AfD-Chefs Björn Höcke. Wegen fraktionsschädigenden Verhaltens wurde Krahs Mitgliedschaft in der ID-Fraktion im EU-Parlament von April bis September 2022 suspendiert, weil er im Präsidentschaftswahlkampf in Frankreich nicht Marine Le Pen unterstützt hatte, sondern deren Konkurrenten Éric Zemmour. 2023 ruhte Krahs Mitgliedschaft in der ID-Fraktion monatelang, weil er die Vergabe eines PR-Auftrags der Fraktion manipuliert haben soll. Überhaupt: Die AfD-Abgeordneten haben sich in Brüssel während der Legislaturperiode seit 2019 heftig zerstritten.
Aktuelle Entwicklung (zum Aufklappen)
- Im April 2024 wird ein Mitarbeiter Krahs festgenommen, weil er ein chinesischer Spion sein soll. Krah entlässt den Mitarbeiter daraufhin.
- Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden prüft im April 2024 Ermittlungen gegen Krah. Es geht um mögliche Zahlungen aus Russland und China.
- Ende Mai 2024 kommt heraus, dass Krah einem mutmaßlichen russischen Spion Zugang zum EU-Parlament verschafft haben soll.
- In einem Interview mit einer italienischen Zeitung will Krah nicht alle SS-Angehörigen zu Verbrechern erklären. Die französischen Rechtspopulisten um Marine Le Pen kündigten deshalb die gemeinsame Fraktion mit der AfD auf.
- Nach den verschiedenen Kontroversen verbot die AfD Krah, bei Wahlkampfveranstaltungen aufzutreten.
So sieht der Katholik Europas Zukunft
In Brüssel ist Krah bislang im Ausschuss für internationalen Handel tätig, im Unterausschuss für Menschenrechte, dem für Sicherheit und Verteidigung und ist Mitglied der Delegation für die Beziehungen zu den USA. Die EU auflösen will der 47-Jährige zwar nicht mehr - von dem Begriff hatte sich die AfD 2023 distanziert - sondern "transformieren".
Krah stellt sich eine Art Bund der Vaterländer vor. Für "ein neues Haus für Europa" strebt die AfD programmatisch "die Gründung einer neuen europäischen Wirtschafts- und Interessengemeinschaft an".
Gern präsentiert sich der Dresdner, der als Teenie in die CDU eintrat und 2016 in die AfD wechselte, auch als frommer Katholik, betont Familienwerte und beklagt, dass immer mehr Frauen Singles blieben und keine Kinder hätten. Die AfD will durch "eine aktivierende Familienpolitik wieder für höhere Geburtenraten in Deutschland und Europa sorgen". Krah sieht da vor allem Akademiker in der Pflicht.
Wer neben den Kandidaten der großen Parteien sonst noch aus Sachsen zur Europawahl antritt (Listenplätze 1-10):
Piraten:
- Anne Herpertz aus Dresden, Politikwissenschaftlerin
- Paul Diegel aus Freiberg, wissenschaftlicher Mitarbeiter
Die Partei:
- Maximilian Bernd Aschenbach aus Dresden, Künstler
- Chantal Melissa Wagner aus Chemnitz, Studentin
Volt:
- Anica Nerlich aus Leipzig, Finanzexpertin
Mera25:
- Dr. Vasileia Ismini Alexaki aus Dresden, Biologin
Letzte Generation:
- Lina Johnsen aus Leipzig, Studentin, Klimaschützerin
- Christian Peter Bläul aus Dresden, Softwareentwickler, Klimaschützer
Heimat:
- Peter Schreiber aus Strehla, Dipl.-Finanzwirt (FH)
DKP:
- Gerd Brucks aus Torgau, Maschinist für Fahrbetriebe
SGP Sozialistische Gleichheitspartei, Vierte Internationale:
- Martin Mauer aus Dresden, Straßenbahnfahrer
Bündnis Deutschland:
- Ralph Kleemann aus Leipzig, Personalleiter
PDV (Partei der Vernunft):
- Thomas Flach aus Chemnitz, Kunstmaler
- Jens Alter aus Freital, Kriminalbeamter (mittl. Dienst)
PdF (Partei des Fortschritts):
- Erik Oetjen aus Dresden, Student Dipl.-Informatik
- Luka Götze aus Dresden, Student Architektur
Partei für schulmedizinische Verjüngung:
- Frank Seifert aus Dresden, Softwareentwickler
MDR (kk/sth)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 06. Juni 2024 | 19:00 Uhr