Eine Frau schaut sich in einem Geschäft für Kinderkleidung um
Seit 2010 hat sich die Anzahl der Kinderläden in Deutschland halbiert. Bildrechte: imago images/Westend61

Weniger Geburten Zahl der Kinderläden in Deutschland seit 2010 halbiert

14. August 2024, 10:53 Uhr

Schon seit einigen Jahren werden in Deutschland immer weniger Kinder geboren. Nach einer Ausnahme im Jahr 2021, hat sich dieser Trend in den vergangenen zwei Jahren sogar noch verstärkt. Das macht sich auch bei Betreibern von Läden für Baby- und Kinderbedarf deutlich bemerkbar. Seit 2010 hat sich die Anzahl der Kinderläden in Deutschland halbiert. Neben allgemeinen Kostensteigerungen liegt das auch an einem deutlich veränderten Einkaufsverhalten.

Juliane Neubauer
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Simone Stephan steht am Tresen ihres kleinen Kinderladens im Leipziger Stadtteil Lindenau. Eine junge Frau in Begleitung ihres kleinen Kindes reicht eine dunkelrote Strickjacke über den Tresen. "Die Strickjacke ist schon aus der neuen Kollektion, also die ist zum Originalpreis", sagt Stephan. Aktuell ist Sommerschlussverkauf in ihrem Laden.

Immer wieder kommen Eltern und Kleinkinder herein, schauen durch die Angebote und kommen schließlich mit ein paar Sandalen, einer Mütze oder einer kurzen Hose zum Bezahlen an den Tresen. Vor dem Schlussverkauf lief es im Laden noch anders.

So erzählt Stephan: "Mir ist aufgefallen, dass in unseren Läden seit einem halben Jahr so eine Kundenstille herrscht. Ich habe versucht, das zu ergründen mit den ganzen wirtschaftlichen Themen, mit den Stadtteilen. Was ist dort los? Oder gibt es vielleicht Baustellen?"

Nur noch halb so viele Geschäfte wie 2010

Ein Blick in die Geburtenrate der einzelnen Stadtteile bestätigt ihr Gefühl. Besonders in Schleußig, wo ihr zweiter Laden liegt, werden deutlich weniger Kinder geboren, als noch vor ein paar Jahren. Das bedeutet für die Händlerin, dass sie weniger Angebot in den kleinsten Größen für den Verkauf bestellt und sich stattdessen mehr auf Kleinkind- bis Schulkind-Größen einstellt.

Den Umfang dieses Marktphänomens belegen auch die Zahlen des Instituts für Handelsforschung in Köln (IFH Köln). Die Umsätze für Babyausstattung seien sogar leicht rückläufig, erklärt Eva Stüber vom IFH Köln.

Stüber zufolge hat sich außerdem die Anzahl an Kinderläden seit 2010 fast halbiert hat. Die Branche wachse ingesamt nicht weiter.

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Einkaufsverhalten verändert sich

Wirtschaftswissenschaftlerin Stüber erklärt: "Das liegt ganz stark daran, dass wir eine Verschiebung bei den Einkaufsstätten feststellen, dass es mehr in Bewegungsräume geht, dass es mehr online geht."

Bewegungsräume sind Verkaufsstellen, die für den alltäglichen Gebrauch angesteuert werden, wie zum Beispiel Drogerie- oder Supermärkte. Hier wird das Kinderangebot seit Jahren umfangreicher.

Aber auch Secondhand- und Leihangebote werden immer präsenter und stehen in Konkurrenz zur Neuware aus dem Kinderladen um die Ecke. Dazu kommen steigende Mieten, Energiepreise und Lohnkosten.

Vor allem kleine Läden betroffen

Es ist gerade für kleinere Händler keine leichte Zeit. "Deutschlandweit habe ich das mitbekommen, also wenn man Instagram regelmäßig verfolgt und Ladeninhabern folgt. Mir ist das schon seit einem Jahr aufgefallen, wo ich immer noch sagte: 'Eigentlich ist alles noch gut hier in Leipzig'. Und mittlerweile spüre ich das auch, dass die Leute schon schauen, ob sie sich das noch leisten können."

Der Schlussverkauf in Simone Stephans Laden "Liebling Lindenau" geht nur noch wenige Tage. Dann wird sich zeigen, ob Stephans Strategie, mit den größeren Kindergrößen aufgeht. Vor allem aber hofft sie, dass Eltern für passende Kinderschuhe weiterhin auf ihre Expertise setzen, statt etwas Günstigeres im Netz bestellen.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 13. August 2024 | 06:52 Uhr

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