Zu viele Kita-Plätze Geburtenknick in Sachsen - Folgen massenhafte Kita-Schließungen?
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13. August 2024, 05:00 Uhr
Derzeit erlebt Sachsen einen deutlichen Geburtenknick. Sich leerende Kitas sind die Folge. Doch ist das Ausmaß so extrem, dass die Städte mit flächendeckenden Schließungen reagieren müssen? Eine Prognose macht deutlich, dass es sich wohl nicht um einen langfristigen Trend handelt.
- Die Stadt Dresden will Kitas wegen sinkender Nachfrage schließen.
- In Leipzig werden rund 2.000 weniger Kindergartenplätze gebraucht.
- Chemnitz will auf großflächige Kita-Schließungen verzichten.
In den kommenden Jahren geht die Zahl der Kinder im Kindergartenalter in Sachsen zurück. Das geht aus Zahlen des Statistischen Landesamtes hervor. Das wirkt sich auch auf die Anzahl an Kita-Plätzen aus. In Dresden soll es deswegen auch zu Schließungen städtischer Kindergärten kommen. Wie die Stadt auf Anfrage von MDR SACHSEN mitteilte, soll das jedoch nur Einrichtungen betreffen, die ohnehin nur für eine begrenzte Zeit und Nutzungsdauer in Containerbauweise errichtet wurden.
Aktuell bietet die Stadt Dresden nach eigenen Angaben in ihren kommunalen Kitas insgesamt 13.235 Krippen- und Kindergartenplätze an. Diese seien zu 87 Prozent belegt. Mit einem Tiefpunkt bei der Belegung rechne die Stadt in den Jahren 2028 und 2029. Derzeit gebe es schon einen deutlichen Nachfragerückgang für Betreuungsplätze für 0 bis 3-Jährige.
Überangebot soll als Puffer dienen
Doch bereits ab 2025 soll es laut städtischer Prognose in dieser Altersgruppe wieder einen Anstieg geben, der sich auch in den darauffolgenden Jahren fortsetzen soll. Das sorge künftig wieder für einen höheren Kita-Platzbedarf. Dresden wolle das Überangebot an Krippen- und Kitaplätzen einerseits nutzen, um als Puffer für einen möglichen Zuzug nach Dresden zu dienen.
Zudem soll die Qualität in den Kitas verbessert werden. Aus der Stadt heißt es dazu: "Wichtig ist nun, nicht nur die kurzfristige Situation zu betrachten, sondern eine langfristige Strategie in den Blick zu nehmen." Um die geringere Auslastung der Kitas aber wirklich als Chance nutzen zu können, sei eine ausreichende Finanzierung durch Bund und Freistaat notwendig, so die Stadt.
Wichtig ist nun, nicht nur die kurzfristige Situation zu betrachten, sondern eine langfristige Strategie in den Blick zu nehmen.
Leipzig braucht rund 2.000 Krippen- und Kita-Plätze weniger
Die Prognosen der Stadt Leipzig gehen davon aus, dass in den kommenden Jahren jeweils rund 1.000 Krippen- und Kita-Plätze weniger benötigt werden. Die Stadt bietet in ihren Kindergärten aktuell nach eigenen Angaben insgesamt 33.173 Betreuungsplätze an. Diese seien mit 87 Prozent auch nicht komplett ausgelastet.
Ob, wann und in welchem Umfang es in Leipzig zu Schließungen kommunaler Kitas kommen könnte, werde derzeit diskutiert. Die Stadt weist zugleich darauf hin, dass auch geschlossene Objekte als Reserve vorgehalten werden können und bei Bedarf später wieder eröffnet werden.
Chemnitz will auf großflächige Schließungen verzichten
Die Stadt Chemnitz hat eigenen Angaben zufolge keine flächendeckenden Schließungen geplant. Nur mit der Schließung der Kita in der Fürstenstraße im Jahr 2027 sollen 106 Betreuungsplätze entfallen. Der Geburtenknick mache sich auch in Chemnitz bei den 0- bis 3-Jährigen bemerkbar. Von den Krippenplätzen seien aktuell nur 47 Prozent belegt, was insgesamt 2.556 Plätzen entspricht.
In den Kindergärten sind laut Stadt hingegen 89 Prozent und damit insgesamt 10.062 Plätze belegt. In den kommenden zwei Jahren sollen 574 Krippenplätze und 223 Kindergartenplätze abgebaut werden.
Personalschlüssel wichtige Stellschraube
Wie auch Dresden verweist die Stadt Chemnitz auf die landespolitischen Rahmenbedingungen, die entscheidend für mehr Qualität in Sachsens Kitas sind. Man bleibe an dem vom Freistaat vorgegebenen Personalschlüssel gebunden, der festlegt, wie viele Kinder ein Erzieher in einer Gruppe betreut. Weniger Kinder in einer Kita bedeutet demnach also nicht, dass es zwangsläufig zu kleineren Gruppen und somit zu einer qualitätvolleren Arbeit kommt.
Freie Träger reduzieren Arbeitszeit
Wie ist die Situation bei den Kindergärten der Freien Träger? Aktuell würden diese vorrangig Stunden reduzieren, sagt der Sprecher des Paritätischen, Thomas Neumann. "Wir haben noch keine Rückmeldung von unseren Mitgliedern, dass Personal entlassen werden musste", sagt Neumann. Vereinzelt würden Erzieherinnen und Erzieher bei den freien Trägern auf Teilzeit arbeiten, um so Stunden zu reduzieren.
Wir haben noch keine Rückmeldung von unseren Mitgliedern, dass Personal entlassen werden musste.
Von den Reduzierungen seien vordergründig große Einrichtungen über 100 Kita-Plätze betroffen, erklärt Neumann. Der Freistaat müsse nun aktiv werden, meint Neumann. "Jetzt wäre die Möglichkeit, dass wir die Bildungsqualität vor Ort in den Einrichtungen stärken", betont er. Neumann verweist auf Sachsens gut ausgebildetes Kita-Personal, dass dem Freistaat durch Entlassungen nicht verloren gehen sollte.
Kulturminister Piwarz will Kita-Personal halten
Sachsens Kultusminister Christian Piwarz (CDU) hat jüngst signalisiert, dass er freiwerdendes Personal in den Einrichtungen halten wolle. Dies ermögliche eine individuellere Betreuung. Nach Angaben des Kultusministeriums ist im Entwurf zum Doppelhaushalt 2025/2026 der Vorschlag eingebracht, mit dem der "eingesparte" Landeszuschuss zur Gegenfinanzierung zur Verbesserung der Qualität in der frühkindlichen Bildung eingesetzt wird. Über den neuen Doppelhaushalt werde nach der Landtagswahl entschieden.