Weiter Produktion im Osten? Solarhersteller machen Produktion in Ostdeutschland von Hilfen abhängig
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13. Februar 2024, 17:13 Uhr
Kommende Woche soll der Bundestag über höhere Einspeisevergütungen für Solarmodule aus Deutschland entscheiden. Die Branche macht den Verbleib ihrer Produktion in Ostdeutschland von der Entscheidung abhängig.
- Die Solarhersteller sind wegen staatlich subventionierten Modulen aus China in der Krise.
- Sie denken deshalb über Produktionsverlagerungen nach.
- Kommende Woche könnte die Bundesregierung aber höhere Vergütungen für die heimische Module beschließen.
Kommende Woche ist es vermutlich so weit: Die Bundestag soll das Solarpaket I beschließen. Dann werden auch mehrere Unternehmen mit Standorten aus Ostdeutschland ganz genau nach Berlin schauen. Denn neben einem stärkeren Ausbau der Photovoltaik wird es beim Solarpaket auch um mögliche Hilfen für die Hersteller von Solarmodulen gehen – und mit diesen Hilfen letztlich über die Zukunft der Solarindustrie in Ostdeutschland entscheiden.
"Die Entscheidungen zum Solarpaket müssen jetzt im Februar fallen. Das ist auch die klare Aussage der Unternehmen. Die werden entweder investieren, oder sie werden ihre Produktion einstellen. Diese beiden Szenarien liegen gerade auf dem Tisch", sagte dazu Wolfram Günther, grüner Energieminister in Sachsen MDR AKTUELL. Es müsse nun gelingen, dass Solarpaket zu verabschieden. "Und dann retten wir nicht nur die Unternehmen, sondern dann wird es hier zu massiven Investitionen kommen."
Meyer Burger, Solarwatt und Heckert Solar unter Druck
Die Unternehmen selber rufen seit Monaten nach konkreten Hilfen von der Politik. Dabei geht es vor allem um sogenannte Resilienzboni. Mit diesen sollen Verbraucher für den Kauf von europäischen beziehungsweise deutschen Modulen eine dauerhaft höhere Einspeisevergütung bekommen.
Eines der betroffenen Unternehmen ist der börsennotierte Konzern Meyer Burger mit mehreren Standorten in Ostdeutschland, darunter Freiberg, Hohenstein-Ernstthal und Bitterfeld-Wolfen. Das Unternehmen hatte zuletzt eine Verlagerung der Produktion weg aus Freiberg erwogen und diese von der Entscheidung über die "Resilienzboni" abhängig gemacht.
Der Chef des Unternehmens, Gunter Erfurt, sagte MDR AKTUELL, dass man grundsätzlich in Freiberg bleiben wolle. Man habe aber auch gesagt, dass man das Werk schließen oder die Produktion am Standort aufgeben müsse, wenn nicht industriepolitische Rahmenbedingungen dazu führten, dass die Marktverzerrungen gegenüber chinesischen Dumpingmodulen aufgehoben würden.
Wenn der 'Resilienzbonus' käme, in der Art und Weise, wie er europaweit und vor allem jetzt in Deutschland an erster Stelle vorgeschlagen wurde, dann würden wir bleiben.
Heckert Solar: Wenn der Resilienzbonus kommt, betreiben wir den Standort weiter
Neben Meyer Burger stehen auch zwei andere ostdeutsche Solarunternehmen unter Druck: Solarwatt aus Dresden und Heckert Solar aus Chemnitz. Auch der Vertriebschef von Heckert Solar, Uwe Krautwurst, kündigte im Gespräch mit MDR AKTUELL an: "Wenn der ‘Resilienzbonus’ kommt, ist das für uns ausreichend, diesen Standort weiterzubetreiben." Man habe die vergangenen 20 Jahre hier produziert und wolle das auch die nächsten 20 Jahre tun.
Bezahlt werden sollen die "Resilienzboni" vermutlich aus Mitteln des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG), das dafür angepasst werden müsste. Neben den Boni sind zudem sogenannte Resilienz-Ausschreibungen im Gespräch - diese würden vorschreiben, dass bei größeren Photovoltaik-Anlagen ein gewisser Anteil an Modulen aus europäischer Produktion genutzt werden muss. Andreas Bett ist Direktor des Fraunhofer Instituts für Solare Energiesysteme in Freiburg im Breisgau. Für ihn wären die "Resilienzboni" ein wichtiges Signal der Politik an die Unternehmen. Denn die Rahmenbedingungen hätten sich im vergangenen halben Jahr nicht verbessert. "Deswegen ist es eine politische Entscheidung am Ende, ob man Resilienz in der Energiebereitstellung haben will oder nicht", so Bett. Nach seiner Ansicht könnten die "Resilienzboni" tatsächlich helfen, auch in Deutschland wettbewerbsfähig zu produzieren.
"Der 'Resilienzbonus' ist ja so angesetzt, dass lediglich die Mehrkosten, die nachweislich in Deutschland entstehen, durch die unterschiedlichen Rahmenbedingungen ausgeglichen werden sollen. Mehr passiert ja gar nicht." Am Ende müsse der Kunde entscheiden: Kaufe er ein Produkt, in dem Elemente aus Deutschland eingebaut seien, oder kaufe er eines komplett aus chinesischer Produktion. "Für ihn kostenmäßig wird es ja gleich sein. Er wird zwar eine höhere Einspeise-Vergütung erhalten, aber er zahlt auch mehr. Und das ist genau das, wo die Differenz herkommt, weshalb es 'Resilienzbonus' heißt."
Billig-Solarmodule aus China
Hintergrund der Probleme der deutschen Solarhersteller sind Billig-Importe von Solarmodulen aus China. Die Preise dafür liegen deutlich niedriger als für Module, die in Deutschland gefertigt wurden. Volker Quaschning ist Professor für Regenerative Energiesysteme an der Hochschule für Technik und Wirtschaft an der HTW Berlin. Er sagte MDR AKTUELL, die chinesische Regierung unterstütze diese Unternehmen. "Da ist es natürlich enorm schwer zu konkurrieren. Und in den letzten Jahren sind die Preise für Solarmodule dramatisch zusammengesackt. Wir haben mehr als eine Halbierung der Preise gesehen. Und da können deutsche Unternehmen nicht mehr mithalten. Das heißt, wenn man die deutschen Unternehmen nicht mehr stützt, ist es sehr wahrscheinlich, dass viele dann in den nächsten ein, zwei Jahren irgendwann aufgeben müssen und es dann auch keine deutsche Ware mehr gibt."
Bundesregierung und EU haben deshalb seit dem Sommer Instrumente für eine Unterstützung der heimischen Solarindustrie vorbereitet. Allerdings sollten diese längst beschlossen sein. Die EU hatte jüngst ein Paket zur Stärkung von europäischen Industrien wie der Solarindustrie beschlossen. Dabei geht es jedoch vor allem um vereinfachte Genehmigungsverfahren. Ob die "Resilienzboni" beziehungsweise Ausschreibungen kommende Woche beschlossen werden, ist unterdessen noch nicht endgültig entschieden. In der FDP sind die Hilfen weiter umstritten.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 13. Februar 2024 | 09:17 Uhr