Krise bei Volkswagen Mitteldeutsche Automobilzulieferer blicken besorgt in die Zukunft

11. September 2024, 06:48 Uhr

Die Werksleiter von VW in Zwickau, BMW in Leipzig und Opel in Eisenach treffen sich am Mittwoch zu einem Kongress in Dresden, um über die Aussichten für die kommenden Jahre zu sprechen. Die Automobilzulieferer in der Region blicken jedenfalls besorgt in die Zukunft. Zwar kann das Wachstum des Leipziger BMW-Werks die Kürzungen von VW Zwickau teilweise kompensieren, aber nur für Zulieferer, die für beide Marken Teile herstellen.

Ralf Geißler, Wirtschaftsredakteur
Bildrechte: MDR/Isabel Theis

  • Während VW in seinem Zwickauer Werk Stellen abbaut, läuft es bei BMW in Leipzig deutlich besser.
  • Einige Autozulieferer produzieren Teile sowohl für VW als auch für BMW und können ihr Personal umschichten.
  • Trotz kriselnder Automobilbranche fordert die IG Metall in der neuen Tarifrunde mehr Lohn für die Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie in Sachsen.

Krise? Welche Krise? Bei BMW in Leipzig laufen die Bänder auf Hochtouren. In dem Werk werden nicht nur BMW-Modelle hergestellt. Produziert wird dort zum Beispiel auch der Mini Countryman – der mit 4,40 Meter bislang längste Mini aller Zeiten.

Dafür, sagt Werkssprecher Kai Lichte, habe man jede Menge Leute nach Leipzig geholt: "Wir sind in der Nacht von Sonntag auf Montag vergangener Woche in die Nachtschicht in der Montage gegangen und bauen damit erstmals in der Geschichte des Werks rund um die Uhr Autos und haben allein dafür in diesem Jahr 900 neue Mitarbeiter eingestellt."

Warum es bei BMW besser läuft

VW in Zwickau baut ab, BMW in Leipzig baut auf – so gegensätzlich waren zuletzt die Schlagzeilen. Dem Leipziger Werk hilft, dass es alle Antriebsarten anbietet: Verbrenner, Elektro und Hybrid. Wenn der Kunde das eine nicht will, baut man eben das andere.

BMW profitiere auch von seinem Image als Premiummarke, sagt der Automobilforscher Stefan Bratzel. Und BMW habe konsequenter auf das Baukastenprinzip gesetzt: "Im Prinzip versucht man, einzelne teure Teile des Fahrzeugs im Bereich Infotainment, im Bereich Antriebsstrang, im Bereich Interieur für unterschiedliche Baureihen und Modelle zu verwenden und dadurch nur einmalig Entwicklungskosten zu realisieren und damit auch die Produktionskosten deutlich zu reduzieren."

Doch Effizienz ist nicht alles. Das zeigte sich gestern, als BMW 1,5 Millionen Autos wegen Problemen im Bremssystem zurückrufen musste. Das wird den Konzern auch ordentlich Geld kosten. Aber immerhin erwartet das Unternehmen trotzdem noch Gewinne.

BMW-Werk als Rettungsanker?

Für einige sächsische Auto-Zulieferer ist BMW in der Krise Rettungsanker. Das Wachstum des Leipziger Werks könne die Kürzungen von VW Zwickau zumindest teilweise kompensieren, sagt Dirk Vogel vom Netzwerk der Automobilzulieferer. "Grundsätzlich ist das immer dann möglich, wenn der Zulieferer sowohl für Volkswagen als auch für BMW freigegebene Teile herstellt." In diesem Fall könne das Personal umgeschichtet werden.

"Er hat trotzdem das Problem, dass die Anlagentechnik, die er für Volkswagen hergestellt hat, zum Teil stehen bleibt und die Anlagentechnik für BMW besser ausgelastet ist."

Viele Zulieferer, sagt Vogel, hätten allerdings nur einen Auftraggeber und blickten besorgt in die Zukunft.

Trotz Krise: IG Metall fordert mehr Lohn

Und so ist der Branchengipfel in Dresden auch ein Krisengipfel. Während sich in der gläsernen VW-Manufaktur Werksleiter und Zulieferer versammeln, trifft sich im Nachbarstadtteil die IG Metall zu Tarifverhandlungen. Dirk Schulze, Bezirksleiter der Gewerkschaft für Sachsen, Berlin und Brandenburg, fordert sieben Prozent – dem allgemeinen Krisen-Tenor zum Trotz. "Eine wirkliche Krise und Rezession haben wir ja nicht oder noch nicht. Wir haben ja auch etliche Betriebe, denen es richtig gut geht: BMW und Porsche in Leipzig. Aber auch das Motorradwerk von BMW will ich hier exemplarisch nennen."

Im Bereich der Luft- und Raumfahrttechnik sehe es ebenfalls nicht schlecht aus. "Die Medien berichten natürlich von den Fällen, von den Betrieben, wo es viele Probleme gibt", sagt Schulze. "Da wird über 20 Betriebe gesprochen, denen es schlecht geht. Aber bei 200 läuft es halt gut."

BMW – so viel lässt sich resümieren – wird eine Lohnsteigerung wohl verkraften können. Aber Volkswagen? Dort gibt es Haustarifverträge, die der Konzern gestern zum Teil einseitig gekündigt hat. Und dort wird die Krise am Ende wohl auch eingepreist.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 11. September 2024 | 06:00 Uhr

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