Altenpflege Offline im Altenheim: Viele Bewohner ohne Internetzugang
Hauptinhalt
05. Dezember 2024, 12:56 Uhr
Bewohnerinnen und Bewohner von Alten- und Pflegeheimen haben oftmals keinen Zugang zum Internet. In vielen Einrichtungen gibt es noch nicht einmal WLAN. Interessensvertreter der Senioren kritisieren den Stillstand bei dem Thema. Die Betreiber verweisen auf hohe Kosten für die Nachrüstung.
- In vielen Alten- und Pflegeheimen haben die Bewohnerinnen und Bewohner keinen Internetzugang
- In den Bundesländern gibt es dazu unterschiedliche gesetzliche Vorschriften
- Die Betreiber der Heime nennen hohe Kosten als Grund
Regina Görner ist regelmäßig zu Besuch in Alten- und Pflegeheimen. Als Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen gehört das zu ihrem Job. Häufig fragt sie dann, ob es im Haus WLAN für alle gibt. Vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sei es inzwischen peinlich, sagt Görner, wenn die Bewohnerschaft noch immer keinen Internetzugang habe: "Tatsächlich ist es doch so, dass niemand so stark von den Kommunikationsmöglichkeiten profitieren könnte wie ältere Menschen, bei denen ja häufig die Möglichkeiten mobil zu sein, um andere Menschen zu treffen, stark eingeschränkt sind." Es sei andererseits seit Jahren bekannt, dass Menschen stark vereinsamen und erhebliche Nachteile für die Gesundheit hätten, wenn sie nicht mit anderen Menschen kommunizieren.
Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen
In der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen (BAGSO) haben sich rund 120 Vereine und Verbände der Zivilgesellschaft zusammengeschlossen, die von älteren Menschen getragen werden oder die sich für die Belange Älterer engagieren.
Die BAGSO tritt nach eigenen Angaben gegenüber Politik, Gesellschaft und Wirtschaft für Rahmenbedingungen ein, die ein gutes und würdevolles Leben im Alter ermöglichen.
Alles Gründe, weswegen Görners Verband schon seit 2017 WLAN für alle Seniorenheime fordert. Doch faktisch hat sich wenig getan. Das jedenfalls ist das Fazit des Vergleichsportals Verivox, das eine Umfrage unter den großen Heimbetreibern durchgeführt hat. Verena Blöcher ist Sprecherin des Unternehmens: "Es gibt vier Bundesländer, die überhaupt keine gesetzlichen Vorgaben zur Internetversorgung von Seniorenheimen haben. Das sind Baden-Württemberg und Bayern, also zwei sehr bevölkerungsreiche Länder, außerdem das Saarland und Thüringen. Und in Hessen gibt's ne Einschränkung, da heißt es: Die Internetnutzung muss gewährleistet sein, sofern technisch möglich."
Betreiber: Versäumnisse in der Planung
Der sogenannten WLAN-Studie der Online-Datenbank "Pflegemarkt" zufolge boten 2023 etwa 60 Prozent der untersuchten Heime Internetzugänge an. Andreas Wedeking ist Geschäftsführer des Verbandes katholischer Altenhilfe: "Also Gründe für fehlendes WLAN in Seniorenheimen sind einfach das Datum, wann diese Bauten erstellt worden sind, aber ich würde auch sagen, Versäumnisse in der Planung. Mir schwebt da jetzt gerade eine Einrichtung, gebaut 2009, vor. Da wurde WLAN geplant, aber nur, damit die Dienstzimmer und der Gemeinschaftsraum erreichbar sind." Da habe man nicht daran gedacht, dass das vielleicht auch in den Bewohnerzimmern wichtig werden könnte. "Und das hat sich ja massiv in den letzten Jahren geändert."
Das Nachrüsten sei allerdings teuer, erklärt Wedeking. Er spricht von über 100.000 Euro für ein ganzes Haus. Die öffentlichen Zuschüsse, die es dafür gebe, würden nur ein Drittel der Kosten decken. Trotzdem müssten mehr Seniorenheime online gehen. Aus mehreren Gründen, sagt Wedeking: "Wenn also digitale Tools in der Pflege Anwendung finden sollen – das intelligente Pflegebett, die Voice-Dokumentation, also dass ich ein Smartphone spreche zur Dokumentation und so weiter – brauche ich in jedem Winkel Internet, damit diese Tools ihre Wirkung entfalten können." Dafür wäre aber eine umfassende Digitalstrategie für die Pflege nötig, sagt Wedeking. Die sieht er bislang nicht.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL - das Nachrichtenradio | 05. Dezember 2024 | 11:24 Uhr