Nach Ampel-Aus Bundestagswahl nach Vertrauensfrage von Scholz
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13. November 2024, 17:20 Uhr
Bundeskanzler Olaf Scholz stellt die Vertrauensfrage im Bundestag im Dezember, um eine Neuwahl am 23. Februar zu ermöglichen. Nach der Einigung von SPD und Union darüber, streiten sie weiter um die noch zu beschließenden Gesetze. Deutschland hat von jetzt an gut 100 Tage Wahlkampf vor sich.
- Scholz bestätigt Zeitplan in Regierungserklärung
- Wahlleiterin Brand hält das für "rechtssicher durchführbar"
- Kritik an Wahltermin in den Winterferien aus Sachsen
- Streit um noch zu beschließende Gesetze geht weiter
- Wahlkampfmodus: Union schaut auf SPD und Grüne
Genau eine Woche nach dem vorzeitigen Ende der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP stehen der Termin für die Bundestagswahl 2025 und der für die Vertrauensfrage von Bundeskanzler Olaf Scholz fest. Bekommt Scholz am 16. Dezember im Bundestag – wie zu erwarten ist – keine Mehrheit mehr, soll am 23. Februar nächsten Jahres das Parlament neu gewählt werden.
In einer schon zuvor geplanten Regierungserklärung im Bundestag am Mittwoch bestätigte nun Scholz diesen Zeitplan und verteidigte noch einmal die Entlassung von FDP-Chef Christian Lindner als Bundesfinanzminister nur eine Woche zuvor als "unvermeidbar".
Zuvor hatten sich die Spitzen von SPD und Union im Bundestag auf den zunächst umstrittenen Zeitplan verständigt und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ihn noch am Dienstagabend gebilligt.
Brand hält das für "rechtssicher durchführbar"
Die Wahlleiter von Bund und Ländern hatten am Montag über Neuwahlen beraten. Im Streit um den Termin dafür hatte Bundeswahlleiterin Ruth Brand den Vorwurf einer Einmischung des Kanzleramts von der Union, die eine Neuwahl schon im Januar gefordert hatte, zurückweisen lassen.
"Es gab keine Weisung oder Einflussnahme auf die Position der Bundeswahlleiterin im Zusammenhang mit Neuwahlen", sagte ein Sprecher von Brand. Und es sei auch eine Aufgabe der Bundeswahlleiterin, bei der Vorbereitung von Wahlen auf Risiken hinzuweisen.
Am Dienstag sagte Brand dann aber im Wahlprüfungsausschuss des Bundestags, sie habe gegen eine Neuwahl im Februar keine Einwände und halte sie für "rechtssicher durchführbar".
Kritik an Wahltermin aus Sachsen
Kritik an dem Termin kam aus Sachsen. So bezeichnete es der Leipziger Bundestagsabgeordnete und Ko-Chef der Linken-Gruppe im Bundestag, Sören Pellmann, als "völlig unverantwortlich", dass der "im Hinterzimmer ausgehandelte Termin" nunmehr mitten in den großen Winterferien "im bevölkerungsreichsten ostdeutschen Bundesland" liege.
Dass stattdessen Fasching, Karneval und Ferien in anderen Ländern berücksichtigt worden seien, zeige die "Respektlosigkeit einer westdeutschen Bundesregierung", sagte Pellmann. Kritik an dem Wahltermin "mitten in der Fastnachtszeit" äußerte unter anderem auch die SPD im Saarland.
Debatte um noch ausstehende Vorhaben
Den Bundestag forderte Scholz in seiner Regierungserklärung auf, noch dieses Jahr etwa über die Abmilderung der "kalten Progression", Teile des Wachstumspakets und ein höheres Kindergeld abzustimmen sowie über Grundgesetzänderungen, um das Bundesverfassungsgericht noch stärker gegen Versuche der politischen Einflussnahme zu schützen.
Die Debatte darüber dürfte in den etwa 100 Tagen Wahlkampf bis Februar weitergehen. CDU/CSU-Fraktionschef Friedrich Merz bremste die Erwartungen an eine Zusammenarbeit. Beim Wirtschaftsforum der "Süddeutschen Zeitung" sagte der Unions-Kanzlerkandidat: "Wir sind nicht das Reserve-Rad für die nicht mehr existierende Koalition."
Zum Ausgleich der "kalten Progression" sagte Merz, es sei schwierig, "jetzt noch zusätzliche Leistungsgesetze zu beschließen", weil es keinen Haushalt für 2025 gebe und keinen Nachtragsetat für 2024. Ex-Finanzminister Christian Lindner (FDP) wollte damit den Effekt der Inflation bei der Einkommensteuer ausgleichen. Doch schon zuvor hieß es dazu von der Union, das sei nicht so zeitkritisch und könne auch noch rückwirkend beschlossen werden.
Merz will auch, dass nur noch Tagesordnungspunkte im Bundestag gesetzt werden, die "wir vorher verabredet haben". Er verwies darauf, dass SPD und Grüne keine Mehrheit mehr hätten, um Themen auf die Tagesordnung zu setzen. Die SPD-Politikerin Mast konterte das am Mittwoch mit dem Hinweis, es könne Mehrheiten mal mit der Union, mal mit der FDP geben. Sie forderte eine Entscheidung zum Deutschland-Ticket "noch in diesem Jahr".
Erste Vorzeichen des Wahlkampfs
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder denkt unterdessen bereits lauter über eine mögliche schwarz-rote Koalition nach. Im Interview mit der Zeitung "Augsburger Allgemeine" sagte der CSU-Chef, dass es aber besonders bei der Schuldenbremse auch mit der SPD schwierig werden könne.
Der CDU-Bundestagsabgeordnete Armin Laschet warnte indes davor, die Grünen als mögliche Koalitionspartner auszuschließen, wie es Söder tut. Eine neue Koalition mit der SPD sei seine Wunschvorstellung auch nicht, sagte der frühere Kanzlerkandidat der Union bei "Welt-TV" und ergänzte: "In der Außen- und Europapolitik sind die Grünen verlässlicher."
Scholz tritt nochmal an
Derweil sprach sich Ko-Parteichef Lars Klingbeil am Mittwoch erneut für Scholz als SPD-Kanzlerkandidaten aus, auch wenn er "froh" sei, mit Boris Pistorius den beliebtesten und "verdammt guten Verteidigungsminister" in der Partei zu haben. Die SPD hat offiziell bisher keinen Kandidaten nominiert.
Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken sagte in der ARD, Scholz habe das Land in den vergangenen drei Jahren durch "wirklich schwerwiegende Krisen geführt". Sie finde: "Dieser Mann hat bewiesen, dass er regieren kann. Und wir gehen mit unserem Bundeskanzler gemeinsam in den Wahlkampf."
dpa/Reuters/AFP, MDR (ksc, kar)
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR AKTUELL | 13. November 2024 | 19:30 Uhr