Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) spricht im Bundestag.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in seiner Regierungserklärung im Bundestag. Bildrechte: picture alliance/dpa | Michael Kappeler

Regierungserklärung Scholz: Kein Friedensschluss über Ukraine hinweg

02. März 2023, 19:23 Uhr

Bundeskanzler Olaf Scholz hat im Bundestag Waffenlieferungen an die Ukraine verteidigt und Forderungen nach schnellen Friedensverhandlungen eine Absage erteilt. China forderte er auf, keine Waffen an Russland zu liefern. Unions-Fraktionschef Friedrich Merz warf dem Kanzler fehlendes Tempo beim Ausbau der Bundeswehr vor. Die Linkspartei scheiterte mit einem Vorstoß für einen Waffenstillstand in der Ukraine.

Bundeskanzler Olaf Scholz hat Kritik an Waffenlieferungen zur Abwehr des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine deutlich zurückgewiesen. In einer Regierungserklärung im Bundestag zu einem Jahr "Zeitenwende" sagte er, Friedensliebe heiße nicht Unterwerfung unter einen größeren Nachbarn. "Würde die Ukraine aufhören, sich zu verteidigen, dann wäre das kein Frieden, sondern das Ende der Ukraine."

Friedensliebe heißt nicht Unterwerfung unter einen größeren Nachbarn. Würde die Ukraine aufhören, sich zu verteidigen, dann wäre das kein Frieden, sondern das Ende der Ukraine.

Olaf Scholz Bundeskanzler

Zugleich erklärte Scholz, es dürfe in der Ukraine keinen "Diktatfrieden gegen den Willen der Opfer" geben. Dies verbiete sich "nicht nur aus moralischen Gründen – sondern auch, wenn wir das Wohl unseres eigenen Landes und die Sicherheit Europas und der Welt im Auge haben". Es wäre eine "fatale Ermutigung des Angreifers, wenn der Bruch des Völkerrechts und der europäischen Friedensordnung belohnt würde". Zu Forderungen nach raschen Friedensverhandlungen sagte er: "Mit der Waffe an der Schläfe lässt sich nicht verhandeln – außer über die eigene Unterwerfung."

China soll keine Waffen an Russland liefern

Scholz äußerte sich auch zu dem von China vorgelegten Zwölf-Punkte-Plan für ein Ende des Ukraine-Kriegs. Es sei gut, dass Peking darin "die klare Botschaft gegen den Einsatz von Nuklearwaffen" wiederholt habe und sich eindeutig gegen den Einsatz biologischer und chemischer Massenvernichtungswaffen stellt, sagte der Kanzler. 

Er erwarte nun, dass China auch mit der Ukraine selbst als Hauptbetroffener über den Plan spreche. Als "enttäuschend" bezeichnete Scholz, dass China beim jüngsten Treffen der G20-Finanzminister eine klare Verurteilung des russischen Angriffs nicht unterstützte.

Außerdem forderte der Kanzler China auf, Russland im Ukraine-Krieg keine Waffen zur Verfügung zu stellen. "Liefern Sie keine Waffen an den Aggressor Russland", sagte Scholz in seiner Regierungserklärung. Peking müsse vielmehr seinen Einfluss auf Moskau nutzen, "um auf den Rückzug russischer Truppen zu drängen."  

Scholz rechnet nicht mit baldigem Kriegsende

Die Bundesregierung werde der Ukraine "helfen", dass es zu einem Frieden kommt, sagte Scholz. "Deshalb sprechen wir mit Kiew und weiteren Partnern auch über künftige Sicherheitszusagen für die Ukraine", sagte der Kanzler. "Solche Sicherheitszusagen setzen aber zwingend voraus, dass sich die Ukraine in diesem Krieg erfolgreich verteidigt."

Die Chancen auf eine baldige Beilegung des Kriegs durch Verhandlungen bewertete der Kanzler skeptisch. Die offene Frage sei, ob Russlands Präsident Wladimir Putin überhaupt bereit sei, über die Rückkehr zu den Grundsätzen der europäischen Friedensordnung und einen "gerechten Frieden" zu verhandeln.

"Im Moment spricht nichts dafür", sagte Scholz. "Vielmehr setzt Putin auf Drohgebärden, wie zuletzt die Aussetzung des New-Start-Vertrags mit den USA."

Scholz versprach, Deutschland werde das Zwei-Prozent-Ziel der Nato bei den Verteidigungsausgaben dauerhaft erreichen. "Diese Zusage, die ich hier am 27. Februar vergangenen Jahres gegeben habe, gilt."

Kritik von Friedrich Merz

Anschließend an die Regierungserklärung des Bundeskanzlers folgte eine Debatte im Bundestag. Oppositionsführer Friedrich Merz griff in seiner Ansprache die Linken-Politikerin Sarah Wagenknecht scharf an.

Die Aussage Wagenknechts im öffentlichen Fernsehen, es gebe im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine Vergewaltigungen auf beiden Seiten, sei "zynisch, menschenverachtend, niederträchtig" und "beschämend für unser ganzes Land", sagt Merz, ohne die Politikerin beim Namen zu nennen.

Dem Kanzler warf Merz fehlendes Tempo beim Ausbau der Bundeswehr vor. Der Verteidigungsetat sei trotz der Ankündigung, mehr als zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung ausgeben zu wollen, gesunken.

Linke scheitert mit Antrag "Diplomatie statt Panzer"

Die Linksfraktion scheiterte im Anschluss an die Debatte mit einem Vorstoß für einen sofortigen Waffenstillstand in der Ukraine. SPD, Grüne, FDP und Union stimmten gegen den Antrag "Diplomatie statt Panzer". Die AfD enthielt sich.

Linken-Außenpolitiker Gregor Gysi verurteilte den russischen Angriff auf die Ukraine. Zugleich sagte er, es sei falsch, Befürworter eines Waffenstillstands als "Putin-Knechte" zu bezeichnen. Gysi schlug vor, dass die Nato einen Verzicht auf weitere Waffenlieferungen versprechen solle, sofern Russland einen Waffenstillstand akzeptiere. Der Antrag forderte auch eine diplomatische Initiative für Friedensverhandlungen und mehr humanitäre Hilfe an die Ukraine.

AFP/dpa (yvo,jks)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 02. März 2023 | 09:30 Uhr

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