
Koalitionsvertrag Warum Ostdeutschland neuer Standort für Rechenzentren werden soll
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12. April 2025, 05:00 Uhr
Bei Rechenzentren denken viele wohl zuerst an Technik und riesige Serveranlagen. Doch tatsächlich sind Rechenzentren längst Teil unseres Alltags: Ohne sie funktioniert kein Streaming, keine Cloud und auch kein soziales Netzwerk. Nun sollen besonders in Ostdeutschland neue Rechenzentren entstehen – so steht es im neuen Koalitionsvertrag. Was das für Deutschland bedeutet.
- Die Pläne im Koalitionsvertrag von Union und SPD stoßen in der Rechenzentrumsbranche auf breite Zustimmung.
- Ostdeutschland soll neuer Hotspot für Rechenzentren werden, weil die Stromnetze hier weniger ausgelastet sind.
- Strukturschwache Regionen könnten davon profitieren.
Mit Spannung hat Kilian Wagner vom Bundesverband für Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bitkom) die Veröffentlichung des Koalitionsvertrages erwartet. Als er die Zielsetzungen für Deutschland als Rechenzentren-Standort gelesen hat, war er mehr als zufrieden. Man habe die richtigen Stellschrauben in Angriff genommen, sagt er.
Zum Beispiel die Senkung der Energiepreise: "Ganz wichtiges Thema – ein großer Teil der Betriebskosten eines Rechenzentrums fallen durch den Stromverbrauch auf die Energiekosten zurück. Auch die Stromnetze sollen ausgebaut werden, das ist auch sehr wichtig für die Energieversorgung. Deswegen bewerte ich den Koalitionsvertrag für den Rechenzentrumstandort Deutschland sehr positiv", sagt Wagner.
Im Vorhinein habe Bitkom Empfehlungen und Forderungen an die zukünftige Regierung formuliert. Viele davon seien berücksichtigt worden, so Wagner. "Eine Forderung, die wir hatten und die übernommen wurde, ist, dass die Strompreiskompensation, die es für verschiedene energieintensive Industrien bereits gibt, jetzt auch explizit auf die Rechenzentrumsbranche ausgeweitet werden soll. Das ist etwas, das uns sehr freut, um international wettbewerbsfähig zu sein."
Fokus auf Ostdeutschland überrascht Experten
Dass der Fokus beim Ausbau auf Ostdeutschland gelegt wird, hat Experten überrascht. Wagner hat eine Vermutung, warum: Die größte Herausforderung beim Aufbau neuer Rechenzentren seien die Stromnetzkapazitäten, die in Ballungszentren, vor allem in Westdeutschland, bereits an ihre Grenzen geraten.
In Ostdeutschland sei die Situation eine andere, so Wagner. "Hier gibt es noch ausreichend Netzanschlusskapazitäten, gerade in den weniger dicht besiedelten Gebieten, und viel erneuerbare Energien im Stromnetz. Deswegen glaube ich, dass der Hintergrund sein wird, dass man diese Stromnetzkapazitäten effizient nutzen möchte für große Rechenzentren – und deswegen explizit Ostdeutschland ausgewählt hat als Standort."
Strukturschwache Regionen sollen profitieren
Zudem würde man mit der Ansiedelung auch strukturschwache Regionen unterstützen können. Etwa 200.000 Fachkräfte arbeiten aktuell in und für Rechenzentren in Deutschland.
Wagner hofft, dass Anrainer offen dafür sind, wenn Rechenzentren in ihrer Nähe entstehen. Andernorts gab es Proteste von Anwohnern wegen Lärmbelästigung. "Rechenzentren können regional auch positive Effekte auslösen", sagt er. Wenn etwa Abwärme weiter verwendet werde, führe das häufig zu einer höheren Bevölkerungsakzeptanz, weil man dann vor Ort spürbar einen Vorteil habe. "Auch lokale Firmen profitieren, zum Beispiel das Baugewerbe und spezialisierte Firmen, die Dienstleistungen für Rechenzentren anbieten. Es entstehen auch Arbeitsplätze."
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL – Das Nachrichtenradio | 12. April 2025 | 06:05 Uhr