Gesetzesvorschlag vom EU-Parlament EU will bessere Arbeitsbedingungen bei Online-Lieferdiensten
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04. Februar 2023, 05:00 Uhr
Die Arbeitsbedingungen von Beschäftigten bei Online-Lieferdiensten sollen besser geschützt werden. Das Europäische Parlament hat einen Gesetzvorschlag vorgelegt, damit Beschäftigte bessere Löhne aushandeln und sich gewerkschaftlich organisieren können. Außerdem soll verhindert werden, dass technische Systeme Personalentscheidungen treffen.
- Der Gesetzesvorschlag des Europäischen Parlaments soll grundlegende Arbeitnehmerrechte sicherstellen und soziale Absicherung gewährleisten.
- Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten hält die neuen Vorgaben für wichtig, um Transparenz über die erhobenen Daten der Plattformen zu schaffen.
- Das geplante Gesetz soll verhindern, dass ein technisches System Personalentscheidungen trifft.
Schätzungsweise 28 Millionen Menschen arbeiten laut Angaben des Deutschen Gewerkschaftsbundes innerhalb von Europa auf digitalen Plattformen. Ein Großteil wird dabei von Taxiunternehmen und Lebensmittel-Lieferdiensten ausgemacht. Es gibt aber auch Vermittlungen von Haushaltshilfen oder anderen Dienstleistungen – meist über Apps. Viele Menschen arbeiten hier als Selbstständige unter schlechten Bedingungen Aufträge ab.
Das Europaparlament will künftig genau prüfen, ob sie als Angestellte eingestuft werden sollten, sagt die sozialpolitische Sprecherin der SPD im Europaparlament, Gabriele Bischoff. Dafür habe man jetzt Richtlinien verfasst: "Sie sollen einerseits Scheinselbstständigkeit Einhalt gebieten. Es soll zweitens den Zugang zu grundlegenden Arbeitnehmerrechten sicherstellen, dass die Arbeitnehmer bessere Löhne aushandeln können und sich auch gewerkschaftlich besser organisieren können, aber auch den Zugang zu einer sozialen Absicherung gewährleisten."
Keine Transparenz über erhobene Daten der Apps
In der Lieferdienst-Branche scheint immerhin der erste Punkt nicht mehr notwendig zu sein. So schreibt der Lieferdienst Wolt, alle 5.000 Mitarbeitenden in Deutschland seien schon jetzt fest angestellt und auch das Unternehmen Lieferando teilt schriftlich mit: "Lieferando beschäftigt alle seine Fahrer und Fahrerinnen in einer regulären und unbefristeten Direktanstellung inklusive aller Versicherungen und Sozialleistungen und arbeitet weder mit Subunternehmern noch Selbstständigen."
Theoretisch können sich diese Menschen auch gewerkschaftlich organisieren. Beim Lebensmittel-Lieferdienst Gorillas wurde dies Berichten von Betroffenen zufolge den Mitarbeitenden aber schwer gemacht. Die neue Richtlinie soll das ändern.
Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten NGG begrüßt die Vorgaben und meint: Auch dort, wo Arbeitsverträge existieren, wie zum Beispiel bei Lieferando, würde die Richtlinie helfen, denn die Aufträge für die Fahrerinnen und Fahrer kämen oft direkt über die Plattform: "Wenn der Chef die App ist, wie das bei Lieferando der Fall ist, gibt es keinen Ansprechpartner auf Arbeitgeberseite – weder für Beschäftigte noch für Betriebsräte. Die Kurierinnen und Kuriere werden permanent über die App getrackt. Niemand weiß, welche Daten erhoben und wie sie vom Arbeitgeber genutzt werden. Fehler, etwa bei der Erfassung gefahrener Kilometer, sind kaum überprüfbar. Dadurch kann den Beschäftigten Geld verloren gehen."
Dazu kommt, dass das bestellte Essen online verfolgt werden kann – ich kann also sehen, an welcher Ecke sich meine Pizza auf dem Weg zu mir befindet und damit auch den Fahrer oder die Fahrerin.
Gesetz soll Diskriminierung verhindern
Hier greift der dritte Punkt der Plattformrichtlinie der EU: Dort, wo künstliche Intelligenz, also etwa eine App, eingesetzt wird, soll Transparenz hergestellt werden. EU-Parlamentarierin Gabriele Bischoff erklärt: "Weil es oft so ist, dass Systeme eine Blackbox sind und weder die Beschäftigten noch ihre Vertreter wissen, wenn da am Ende der Lohn berechnet wird, wie das System programmiert ist. Ist das jetzt in der Zeit zu schaffen? Ist das gerecht oder auch nicht?"
So wolle das Gesetz auch sicherstellen, dass nicht ein technisches System wichtige Personalentscheidungen trifft, ob jemand seinen Job verliert oder ob jemand vielleicht diskriminiert wird. Denn bei Lieferdiensten sei es oft so, dass die App denjenigen die meisten Aufträge zuteilt, die am schnellsten Essen ausfahren.
Von den angefragten Lieferdiensten äußerten sich nur Lieferando und Wolt. Beide schrieben, man begrüße die Richtlinie und werde sich weiterhin konstruktiv in die Debatte um faire Arbeitsbedingungen einbringen.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 04. Februar 2023 | 06:00 Uhr
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