Kommission Mindestlohn soll 2024 auf 12,41 Euro steigen

26. Juni 2023, 20:44 Uhr

Der Mindestlohn in Deutschland soll nach dem Vorschlag der zuständigen Kommission in zwei Schritten um je 41 Cent steigen. Die Gewerkschaften sehen darin einen enormen Reallohnverlust und protestieren. Der Wirtschaftsflügel der Union begrüßt jedoch den Vorschlag der Kommission.

Der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland soll in zwei Stufen steigen – auf 12,41 Euro pro Stunde zum 1. Januar 2024 und auf 12,82 Euro zum 1. Januar 2025. Darauf hat sich die Mindestlohnkommission verständigt.

Kommissionsvorsitzende Christiane Schönefeld sagte, der Beschluss sei auf ihren Vermittlungsvorschlag, aber gegen die Stimmen der Arbeitnehmerseite zustande gekommen. Die Positionen hätten "sehr weit auseinander" gelegen.

Gewerkschaft kritisiert enormen Reallohnverlust

Der Deutsche Gewerkschaftsbund sprach von einem absolut nicht zufriedenstellenden Beschluss. Vorstandsmitglied Stefan Körzell, der auch Mitglied der Mindestlohnkommission ist, sagte: "Für eine Anpassung lediglich im Cent-Bereich konnten wir auf keinen Fall unsere Hand reichen."

Nach Ansicht der Gewerkschaften hätte die Lohnuntergrenze mindestens auf 13,50 Euro angehoben werden müssen. Bereits am Wochenende hatten der Paritätische Gesamtverband und die Linke eine Anhebung auf 14 Euro gefordert. Den nun gefassten Beschluss bezeichnete DGB-Vorstand Körzell angesichts der Inflation als enormen Reallohnverlust für die fast sechs Millionen Mindestlohnbeschäftigten.

Der stellvertretender Präsident des Instituts für Wirtschaftsforschung in Halle, Oliver Holtemöller, sagte MDR AKTUELL, die geplante Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns sei eine Kompromisslösung. Unternehmen könnten auch selbst entscheiden, ihren Mitarbeitern mehr zu zahlen als den gesetzlichen Mindestlohn. Manche Unternehmen verzeichneten steigende Gewinne. Andere Unternehmen seien dazu jedoch nicht in der Lage, so Holtemöller.

Schmidt: Mindestlohn ist Anstandsgrenze

Vom nordrhein-westfälischen Arbeitsminister kommt Kritik. Karl-Josef Laumann sagte, der Vorschlag werde den Interessen der Betroffenen, die in besonderem Maße mit der hohen Inflation zu kämpfen hätten, absolut nicht gerecht. Der CDU-Politiker stellte auch die Kommission selbst in Frage. "Eine Kommission, die Mindestlöhne festsetzt, die den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Realitäten nicht mehr entsprechen und keine Akzeptanz in der Bevölkerung finden, verfehlt erneut ihren Auftrag."

Als zu niedrig wertet auch die SPD-Vorsitzende Saskia Esken die Erhöhung. Sie rechnete am Montag in Berlin vor, dass dies eine Erhöhung um 3,4 Prozent bedeute. "Ich finde, das trägt der Inflation nicht notwendig Rechnung. Die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Dagmar Schmidt erklärte, der Mindestlohn könne "immer nur eine Anstandsgrenze sein". Ziel ihrer Partei seien "flächendeckende Tariflöhne, die dafür sorgen, dass sich niemand trotz Arbeit vor Armut fürchten muss".

Positive Reaktionen kamen vom Wirtschaftsflügel der Union. Dieser begrüßte den Vorschlag der Kommission. Die Vorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsunion, Gitta Connemann, sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Der Vorschlag der Kommission hält die Waage zwischen staatspolitischer Verantwortung und tarifpolitischer Vernunft." Die Mindestlohnkommission nehme Rücksicht auf die miserable wirtschaftliche Lage.

Heil will Verordnung umsetzen

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil kündigte am Montag an, die Verordnung umzusetzen. "Ich weiß, dass sich die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und die Gewerkschaften durchaus einen höheren Mindestlohn gewünscht hätten", sagte Heil. Er verwies aber auf das Mindestlohngesetz. Demnach könne die Bundesregierung nur den Vorschlag der Kommission umsetzen oder nicht. Heil betonte, ihm sei wichtig gewesen, dass der Mindestlohn steige und sich fortentwickle.

Der gesetzliche Mindestlohn wurde 2015 mit zunächst 8,50 Euro pro Stunde eingeführt. Seitdem wurde er mehrfach angehoben, zuletzt zum 1. Oktober 2022 von 10,45 Euro auf 12 Euro.

dpa,Reuters(rnm/kar)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 26. Juni 2023 | 10:30 Uhr

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