Teilnehmer auf einer Demo für früheren Kohleausstieg in der Lausitz.
Der Expertenrat für Klimafragen stellt der Bundesregierung weiterhin kein gutes Zeugnis aus. Bildrechte: IMAGO / Andreas Franke

Fehlendes Gesamtkonzept Expertenrat bemängelt Klimapolitik der Bundesregierung

22. August 2023, 17:47 Uhr

In Berlin stellte am Dienstag der Expertenrat für Klimafragen seine Stellungnahme zum Klimaschutzprogramm vor. Dabei fehlt es vor allem an einem Gesamtkonzept und einer transparenten Auswertung, welche Maßnahmen umgesetzt wurden. Auch das Umweltbundesamt sieht die Erreichung der Klimaziele in Gefahr und fordert ein stärkeres Engagement.

Der Expertenrat der Bundesregierung für Klimafragen stellt der Ampelkoalition kein gutes Zeugnis aus. Es fehle ein "schlüssiges Gesamtkonzept" um die Klimaziele zu erreichen, insbesondere die Emissionen zu senken, hieß es in der Stellungnahme des Rates zum Klimaschutzprogramm.

Die stellvertretende Vorsitzende des Gremiums, Brigitte Knopf, sagte am Dienstag in Berlin, es brauche ein effektives Monitoring, um zu überprüfen, ob die beschlossenen Maßnahmen umgesetzt werden.

Expertenrat: CO2-Ausstoß zu hoch

In der Stellungnahme werden zwar die geplanten Maßnahmen im Klimaschutzprogramm hervorgehoben. Diese hätten nach Aussage des Ratsvorsitzenden Hans-Martin Henning "das Potenzial, signifikante Treibhausgasminderungen zu ermöglichen". Allerdings bleibe auch bereits nach den Einschätzungen der Regierung eine Lücke von insgesamt mindestens 200 Millionen Tonnen CO2 für den Zeitraum bis 2030, um die deutschen Klimaziele einhalten zu können.

Um die festgesetzten Klimaziele zu erreichen, schlägt Knopf vor, Emissionsobergrenzen festzulegen. Allerdings müsse dies durch flankierende Maßnahmen wie einen sozialen Ausgleich ergänzt werden, um höhere Kosten durch die CO2-Bepreisung aufzufangen, beispielsweise durch ein Klimageld.

Emissionsobergrenzen gibt es bislang auf europäischer Ebene vorrangig für die Bereiche Energie und Industrie. Dazu kommt die nationale CO2-Bepreisung für Gebäude und Verkehr. Hier gilt derzeit ein Festpreis von 30 Euro pro Tonne CO2, der 2024 auf 40 Euro ansteigen soll. Feste Emissionsobergrenzen mit dann voraussichtlich deutlich höheren Preisen sind bisher ab 2027 vorgesehen, dann möglichst auch auf europäischer Ebene. Knopf mahnte zudem den Abbau klimaschädlicher Subventionen an, auf den sich die Ampel-Parteien ja auch in ihrem Koalitionsvertrag festgelegt hätten. 

Insgesamt entspreche das Klimaschutzgesetz "nicht den Anforderungen an ein Klimaschutzprogramm im Klimaschutzgesetz", kritisierte Henning weiter. Die größten Probleme sieht der Expertenrat dabei im Verkehrssektor.

Umweltbundesamt: Weitere Maßnahmen sind notwendig

Ebenso sieht das Bundesumweltamt in Dessau-Roßlau die Klimaziele stark gefährdet, insofern keine zusätzlichen Maßnahmen getroffen werden. Das Amt stellte am Dienstag den "Projektionsbericht 2023" vor. Darin heißt es, obwohl die Lücke zum Klimaziel 2030 im Vergleich zur Voraussage von 2021 um 70 Prozent reduziert werden konnte, bliebe sie bei etwa 331 Millionen Tonnen klimaschädlichen Treibhausgasemissionen.

In Bezug auf die Netto-Treibhausgasneutralität bis 2045 konnten die Sektoren Energiewirtschaft, Landwirtschaft und Abfallwirtschaft ihr Ziele zwar sogar übererfüllen, die drei Sektoren Verkehr, Gebäude und Industrie verfehlten ihre Ziele jedoch.

Der Präsident des Umweltbundesamts, Dirk Messner, fordert daher zusätzliche Maßnahmen, wie etwa mehr Schienenverkehr, eine Reform der Kfz-Steuer sowie die Beschränkung fossiler Heizungen.

AFP, dpa (kar)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 22. August 2023 | 11:30 Uhr

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