Altersvorsorge Dresdner Ifo-Institut sieht Studie zur Rentner-Kaufkraft skeptisch
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06. Januar 2024, 11:37 Uhr
Rentner im Osten sind einer Studie des Prognos-Instituts finanziell besser aufgestellt als Senioren im Westen. Grundlage der Berechnungen waren die Altersbezüge und die Wohnkosten in den rund 400 Kreisen und kreisfreien Städten. Demnach haben die Ost-Rentner eine deutliche höhere Kaufkraft. Das Dresdner Ifo-Institut zieht die Aussagekraft dieser Studie in Zweifel.
- Geras Oberbürgermeister führt den Spitzenplatz auf günstiges Mietniveau zurück
- Vizechef des Dresdner Ifo-Instituts hält Studie für methodisch ziemlich angreifbar
- Prognos-Institut verteidigt Ergebnisse seiner Studie
Bundesweit auf Platz 1 liegt nach einem Prognos-Vergleich Gera. Die Rentenkaufkraft dort beträgt demnach 1.437 Euro. Der Bundesdurchschnitt liegt der Studie zufolge 400 Euro darunter.
Gera – ein Paradies für Mieter
Geras Oberbürgermeister Julian Vonarb führt den Spitzenplatz seiner Stadt auf das günstige Mietniveau zurück. Die Mietpreise seien das A und O, sie seien für die Kaufkraft ein ganz wesentlicher Faktor. Tatsächlich seien in Gera sowohl die Bestandsmieten als auch Angebotsmieten im bundesweiten Vergleich sehr günstig.
Das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Ifo sieht die Studie kritisch. Joachim Ragnitz ist stellvertretender Leiter der Ifo-Niederlassung Dresden. Für ihn ist die Studie methodisch ziemlich angreifbar. Ragnitz sagte MDR AKTUELL, die Kollegen von Prognos betrachteten ja nur die gesetzlichen Renten. Es gebe jedoch weitere Alterseinkünfte aus privater Vorsorge und aus Betriebsrenten. Diese fielen im Westen höher aus als im Osten.
Ragnitz: "Die Studie hat ein Geschmäckle"
Kritisch zu sehen sei auch die von Prognos vorgenommene Preisbereinigung. Da habe man die Angebotsmieten bei Neuvermietung verglichen. Ragnitz weist darauf hin, dass gerade Rentner häufig in Altbauten wohnten und langlaufende Mietverträge hätten. Deshalb funktioniere die Preisbereinigung so nicht. Im Großen und Ganzen könne man damit relativ wenig anfangen.
Also ganz seriös ist das ehrlich gesagt nicht.
Sauer stößt Ragnitz auch auf, dass die Studie vom Gesamtverband der Versicherer in Auftrag gegeben wurde. Der Verband ziehe aus der Studie nun das Fazit, dass private Altersvorsorge dringend nötig sei. Diese Aussage könne man durchaus treffen. Jedoch könne man sie nicht aus dieser Studie ableiten. Insofern habe es ein gewisses Geschmäckle, wenn der Versicherungsverband eine Studie in Auftrag gebe und dann genau das Ergebnis herauskomme, was man gern höre. Ganz seriös sei das ehrlich gesagt nicht, erklärt Ragnitz.
Prognos verteidigt Studienergebnisse
Michael Böhmer ist Chefvolkswirt beim Prognos-Institut, das die Studie erstellt hat. Er kann die Kritik nicht nachvollziehen. Böhmer sagte MDR AKTUELL, es gehe nicht darum, welche Geldsumme die Rentner in der Tasche hätten, sondern darum, wieviel sie sich für das Geld leisten könnten. Man habe sich angeschaut, wo 1.000 Euro in Deutschland am meisten wert sind. Das Ergebnis sei, dass man eine sehr, sehr starke Diskrepanz habe um den Faktor 1,5.
In München beispielsweise seien 1.000 Euro nur rund 850 Euro wert, weil insbesondere die Mieten dort so hoch seien. Wenn man nach Görlitz schaue, dort seien 1.000 Euro nominal von der Kaufkraft her mehr als 1.200 Euro wert.
Auch den Vorwurf der Voreingenommenheit weist Böhmer zurück. Zwar sei die Studie tatsächlich vom Gesamtverband der Versicherer beauftragt worden. Seiner Meinung nach wäre das Ergebnis aber für jeden anderen Auftraggeber genauso ausgefallen.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 06. Januar 2024 | 06:00 Uhr