Rentnerpaar
Freiwillig in die gesetzliche Rentenkasse einzahlen? So einfach geht das nicht. Bildrechte: IMAGO / Michael Gstettenbauer

Altersvorsorge Warum gesetzlich Versicherte nicht freiwillig in die Rentenkasse einzahlen dürfen

28. Juli 2023, 05:00 Uhr

Wer in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert ist, darf nicht freiwillig in die Rentenkasse einzahlen. Das gilt auch dann, wenn man seine Rentenansprüche aufbessern will, weil man zum Beispiel Teilzeit gearbeitet hat. Warum gibt es diese strikte Regelung und warum ist nicht beides gleichzeitig möglich?

Dass die eigene Rente ein bisschen mehr abwirft, das wünschen sich viele Menschen. Vor allem diejenigen, die aus verschiedenen Gründen in Teilzeit gearbeitet haben. Denn die bekommen am Ende oft eine sehr kleine Rente. Es wäre also gut, wenn es eine Möglichkeit gäbe, wie sich die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hier zusätzlich finanziell absichern können.

Auch MDR-AKTUELL-Nutzerin Sonja Metzing hat sich damit beschäftigt. "Ich arbeite in einem Altersheim. Mein Vorschlag wäre, dass jeder zusätzlich in die Rente einzahlen können sollte, wenn man die Rente aufstocken möchte. Besonders bei Paaren, bei denen sich einer vor allem der Kindererziehung widmet und Teilzeit arbeitet, wäre es zu wünschen, dass der Hauptverdiener für den Partner in die Rente einzahlt und das Geld beim gemeinsamen Steuerjahresausgleich geltend machen kann. Das wäre nämlich bei der Trennung besser. Doch auch bei den anderen Arbeitnehmern wäre es gut, wenn man die Rente aufstocken könnte." Ist so ein Vorschlag umsetzbar und wieso geht das bisher eigentlich nicht?

Nur in Ausnahmen darf man freiwillig einzahlen

Das Sozialgesetzbuch regelt, wer was und wie in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen darf. Und danach sieht es schlecht aus für den Vorschlag von Sonja Metzing, erklärt Lena-Sophie Boche, Beraterin für die Deutsche Rentenversicherung in Leipzig: "Der Gesetzgeber hat es nicht vorgesehen, dass Arbeitnehmer, die schon eine versicherungspflichtige Beschäftigung haben, noch freiwillig in die Rentenversicherung einzahlen mit herkömmlichen freiwilligen Beiträgen."

Es gibt aber Ausnahmen, wie auch Pflichtversicherte freiwillige Beiträge einzahlen können. So können alle unter 45-jährigen Beiträge für Schul- und Ausbildungszeiten nachzahlen. Aber auch Pflichtversicherte über 50 können freiwillige Beiträge leisten, wenn sie damit rechnen, früher in Rente zu gehen. Den Fall unserer Hörerin berücksichtigen diese Ausnahmen also nicht.

Denn sind für rentenrechtliche Zeiten bereits Beiträge gezahlt worden, können nachträglich keine weiteren Beiträge gezahlt werden. Es ist also nicht möglich, durch Nachzahlungen Rentenansprüche für Jahre zu verbessern, in denen man schlecht verdient hat.

Warum es diese Regelung gibt

Wieso aber ist das so? Thomas Neumann, Präsident des Bundesverbandes der Rentenberater erklärt "Das liegt auch ein stückweit daran, dass es natürlich Player gibt, die da auch nicht unbedingt ein Interesse daran haben: Also – die private Versicherungswirtschaft oder auch die Welt der betrieblichen Altersversorgung – die, sagen wir, haben ganz gute Modelle, in die man ergänzend neben der gesetzlichen Altersversicherung investieren kann."

Tanja Machalet, Rentenexpertin der SPD-Bundesfraktion, hat eine andere Erklärung: "Das Rentenversicherungssystem basiert auf einem Umlageverfahren und die Frage ist natürlich nachher, wie viel Beitragszahlerinnen und Beitragszahler stehen den Empfängerinnen und Empfängern gegenüber. Und wenn ich dann eben mehr habe, die zusätzlich einzahlen und die dadurch auch Rentenansprüche generieren, kann ich hinterher nicht abschätzen, wie lange leben die, wie gestaltet sich die Auszahlungsphase."

Tanja Machalet gibt auch zu bedenken, dass solche Ausnahmen dazu führen können, dass gewisse Rollenbilder weiter bestehen bleiben. "In der Regel sind es die Frauen, die weniger arbeiten, die zu niedrigeren Löhnen arbeiten, die oft in Teilzeit gehen. Da stellt sich natürlich auch die Frage, ob man mit einer Ausweitung solcher Möglichkeiten nicht auch Rollenbilder manifestiert. Unser Ziel ist ja, dass auch Frauen ihre Erwerbsverläufe so gestalten, dass sie hinterher eine eigenständige, existenzsichernde Rente bekommen."

Der Vorschlag von unserer Nutzerin Sonja Metzing, dass in einer Partnerschaft eine Person für die andere Person freiwillig Beiträge einzahlt, berge auch noch eine andere Gefahr. "Dass dann die Beziehung in die Brüche geht und das Berechnungsmodell dann auch hinfällig ist, weil dann eben nicht mehr eingezahlt wird. Das muss man sich in jedem individuellen Fall wirklich ganz, ganz genau überlegen: Lohnt sich das für mich oder ist es nicht eine andere Möglichkeit dann zu sagen, ich mache das über meine betriebliche Altersvorsorge, die dann noch da ist oder ich gehe tatsächlich in den Bereich der privaten Altersvorsorge."

Betriebliche und private Altersvorsorge nicht immer eine Option

Die betriebliche und die private Altersvorsorge als Alternative – Thomas Neumann versteht, wenn das für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht in Frage kommt. "In Zeiten, in denen ich nicht beschäftigt bin, zum Beispiel aufgrund von Kindererziehung, kann ja auch eine betriebliche Altersvorsorge nur bedingt ihre Wirkung entfalten. Und die private Absicherung, was Kapitalerträge angeht, hat eben in den letzten Jahren extrem gelitten. Und wenn man vom Beitrag, den man da zahlt, erstmal die Kosten abzieht und dann nur noch eine Rendite von 0,25 oder vielleicht ein bisschen mehr erzielt, dann kann sowas nicht attraktiv sein. Und insofern entsteht vielleicht auch ein bisschen mehr Druck zu sagen: Ja, können wir da nicht im Bereich der gesetzlichen Rente auch was machen für die betroffenen Personen?"

Den Vorschlag der MDR-AKTUELL-Nutzerin findet Thomas Neumann gut und umsetzbar. Bisher aber gibt es von der Politik noch keine Bestrebungen an dieser Stelle etwas zu verändern. Tanja Machalet sagt aber auch: Die Idee, mehr Menschen die Möglichkeit zu geben, freiwillig in die gesetzliche Rentenversicherung einzuzahlen, könne etwas sein, das mitdiskutiert werde. "Dann wird man schauen, welche Regelungen man da treffen kann, weil ich natürlich den Fall verstehe, dass jemand, der wenig verdient hat in der Partnerschaft, da eine gewisse Absicherung haben möchte bzw. wenn das innerhalb der Ehe, innerhalb der Partnerschaft so geregelt wird, dass der andere Partner sagt: Ich stocke dir das auf, weil du keine Möglichkeit hast, dann ist das sicherlich nachvollziehbar." Theoretisch sei das nämlich durchaus etwas, das umgesetzt werden könne.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 28. Juli 2023 | 06:00 Uhr

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