Neue Vorgaben Nur noch digitale Passfotos: Fotostudios haben Existenzangst
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26. Oktober 2024, 14:26 Uhr
Knapp zehn Millionen Menschen in Deutschland benötigen Jahr für Jahr neue Ausweispapiere – und damit auch ein aktuelles Passfoto. Für die 24.000 niedergelassenen Fotografen sind Passfotos das Kerngeschäft. Doch ab Mai 2025 bekommen sie durch das "Gesetz zur Stärkung der Sicherheit im Pass-, Ausweis- und ausländerrechtlichen Dokumentenwesen" Probleme. Bilder dürfen dann nur noch digital sein und müssen gesichert an die Behörden geschickt werden.
In der Branche geht die Sorge vor einer regelrechten Insolvenzwelle um. Vor allen bei den Betrieben, die eine hohe Abhängigkeit vom Passfoto haben, sei die Sorge sicherlich sehr groß, sagt Thilo Röhrig, Geschäftsführer von "Ringfoto", dem größten Einkaufsverbund in Europa. Die Abhängigkeit vom Passfoto als Dienstleistung spiele für diese Händler eine ganz enorme Rolle für die Existenz der Geschäfte. Passbilder machten immerhin bis zu 50 Prozent der Gewinnmarge von Fotostudios aus.
Das steht im Gesetz
Ab 1. Mai 2025 dürfen Passbilder nur noch ausschließlich digital erstellt werden. Im Anschluss müssen sie über eine gesicherte Verbindung an das Bürgeramt oder die Ausländerbehörde geschickt werden. Entweder über Automaten im Amt oder über Dienstleister mit Anschluss.
Ziel ist es, Manipulationen zu verhindern, etwa durch "Morphing", bei dem Gesichtszüge verschiedener Personen zu einem Foto verschmolzen werden.
Bundesinnenministerium
Personalabbau und Insolvenzen erwartet
Christian Hamer, Chef der Fotostudie-Kette "Picture-People" mit bundesweit mehr als 50 Standorten, befürchtet drastische Umsatzeinbußen. Passfotos machten bei "Picture-People" mit etwa 500.000 Euro bislang gut 30 Prozent des Umsatzes aus, bilanziert er: "Aber es gibt Unternehmen in der Branche, die sich nur auf das Passfotogeschäft konzentriert haben. Und die haben aus meiner Sicht aktuell keine Chancen. Und in der Tat stehen uns hier sehr, sehr viel Personalabbau bevor und einige Insolvenzen."
Es gibt Unternehmen in der Branche, die sich nur auf das Passfotogeschäft konzentriert haben. Und die haben aus meiner Sicht aktuell keine Chancen.
Denn aus Passfoto-Terminen entstehen in seinen Fotostudios erfahrungsgemäß auch weitere Aufträge. Das gelte auch für die Standorte des Unternehmens in Dresden und Leipzig. "Sei es Iris-Fotografie oder Business-Fotografie für die Firma. Oder Familienbilder. Und das ist eben eine unserer wichtigsten Quellen für neue Kunden", erklärt Christian Hamer.
Ministerium: Sicherheit geht vor
Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums räumt auf Anfrage zwar ein, dass Umsatzverluste für Fotostudios durch die digitalen Fototerminals in den kommunalen Meldeämtern wohl unvermeidbar seien, doch Sicherheitsprozesse hätten Vorrang. Die von der Bundesdruckerei zur Verfügung gestellten 8.000 digitalen Fototerminals werden von den Kommunen in der Regel nicht gekauft, sondern gemietet. Die Refinanzierung der Geräte erfolgt dem Ministerium zufolge über Gebühren. Ab dem 1. Mai nächsten Jahres kosten digitale Passfotos pro Stück sechs Euro.
Damit die Fotobranche nicht gänzlich vom Markt gedrängt wird, hat der Einkaufsverbund "Ringfoto" ein eigenes System für eine fälschungssichere Passfoto-Cloudlösung für Fotostudios entwickeln lassen. Die Kosten dafür bewegen sich nach Aussage von Geschäftsführer Thilo Röhrig im einstelligen Millionenbereich: "Somit rechnen wir in Summe, Stand heute, mit über 3.000 Partnern, die im Bundesgebiet unsere neue digitale Passbildlösung anbieten werden."
Gesicherte Verbindung zusätzlicher Aufwand
Für die Nutzung zahlen die angeschlossenen Fotografen einmalig eine niedrige dreistellige Summe. Allerdings sei damit für die Fotostudios ein wesentlich höherer Arbeitsaufwand verbunden, "weil sich ein Fotohändler immer entsprechend in der Cloud anmelden muss und sich auch identifizieren muss als zertifizierter Partner, um dann die Bilder hochzuladen", erklärt Röhrig.
Zumindest könne man die etablierte Dienstleistung Passfoto weiter anbieten. Wobei Christian Hamer überzeugt ist, dass die meisten Menschen den bequemeren Weg ins Amt gehen und nicht zusätzlich den Weg ins Fotostudio antreten werden. Auch wenn man das Geschäft mit der Unternehmensfotografie etwa auch in Dresden und Leipzig ausbauen werde, so werde man andererseits in den Filialen, die stark vom Passfoto abhängen, tendenziell einen Personalabbau ins Auge fassen müssen. Um Kosten abzubauen hat Hamer darum vorsorglich alle Mietverträge für seine Studios in Deutschland, auch in Ostdeutschland, gekündigt, um mit den Vermietern über Nachlässe zu verhandeln.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 26. Oktober 2024 | 06:52 Uhr
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