Blick in die Kindertagespflege Rainbow kids in Essen-Rüttenscheid im Oktober 2023 3 min
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Zu wenige Kinder Ist die Kindertagespflege ein aussterbendes Berufsfeld?

04. Januar 2025, 09:42 Uhr

Vor einigen Jahren noch war es fast unmöglich einen Platz in der Kindertagespflege oder in der Krippe für das eigene Kind zu bekommen. Das ändert sich zur Zeit wieder. Der Geburtenrückgang macht sich bemerkbar. Immer mehr Plätze in der Kinderbetreuung bleiben frei. Doch welche Auswirkungen hat das auf Menschen, die sich in der Kindertagespflege selbstständig gemacht haben? Stirbt der Beruf aus?

Morgens zwischen sieben und neun ist viel los im Zuhause von Christina Creutz. Sie arbeitet seit knapp 20 Jahren als Tagesmutter in Leipzig und betreut Kinder in ihrer Wohnung. Fünf Plätze darf sie anbieten. Bisher hatte sie keine Probleme, die Gruppe zu füllen. Im nächsten Jahr wechseln vier ihrer Kinder in den Kindergarten. "Durch mangelnde Nachfrage, natürlich mangelnde Empfehlungen durch weniger geborene Kinder, mache ich mir schon Sorgen, ob es mir gelingen wird, vier Plätze neu zu besetzen", sagt Creutz.

Rückläufige Zahlen in Kindertagespflege

Eine Sorge, die viele Tageseltern umtreibt. Eine Nachfrage von MDR AKTUELL in Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt zeigt, die Zahlen der Kinder in Kindertagespflegeeinrichtungen sind stark rückläufig. In Sachsen sind 2024 knapp 40 Prozent weniger Kinder betreut worden, als noch vor fünf Jahren. In Sachsen-Anhalt sind es 20 Prozent weniger, in Thüringen knapp 45 Prozent.

Das hat Auswirkungen auf einen ganzen Berufszweig, erzählt Creutz, die auch zum Verein der Leipziger Tageseltern gehört: "Die Zahl der Kindertagespflegepersonen in Leipzig hat sich mehr als halbiert in den letzten anderthalb Jahren. Wir sind von etwa 670 auf aktuell 289 Kindertagespflegepersonen geschrumpft."

Nur volle Kindergruppen lohnen

Eine Tagesmutter darf bis zu fünf Kinder gleichzeitig betreuen. Pro Kind gibt es einen Pauschalbetrag, die sogenannte laufende Geldleistung. Wenn die Gruppen durch zu wenig Nachfrage nicht gefüllt werden, ist das ein Problem, erklärt Heiko Krause vom Bundesverband für Kindertagespflege: "Die Miete bleibt gleich, die Nebenkosten bleiben gleich. Ich kann ja nicht die Heizung runter drehen. Und entsprechend rechnet sich das dann nicht mehr, weil zum Teil die laufende Geldleistung auch gerade in den neuen Bundesländern relativ gering ist."

Die Höhe der Leistung wird von der öffentlichen Jugendhilfe festgelegt und fällt daher regional unterschiedlich hoch aus. Kindertagespflege lohnt sich finanziell nur bei vollen Gruppen.

Tagespflege bleibt unverzichtbar

Jens Hartmann ist Leiter der Koordinierungsstelle für Kindertagespflegepersonen in Leipzig. Trotz freier Krippenplätze kann auf die Tagespflege nicht verzichtet werden, sagt Hartmann: "Kindertagespflege hat ja auch viele gute Seiten. Also Kleingruppe, familiäres Setting, ein höheres Maß an Individualbetreuung auch für entwicklungsverzögerte Kinder oder Kinder mit Verhaltensbesonderheiten. Das lässt sich in der Kleingruppe relativ gut auffangen."

Deshalb muss der Beruf der Kindertagespflegepersonen zukunftsfähig sein, bekräftigt Heiko Krause vom Bundesverband für Kindertagespflege: "Wir würden als Bundesverband dafür plädieren, dass die Grundqualifizierung kostenfrei sein sollte." Zweitens brauche man eine klare gesetzliche Regelung der laufenden Geldleistung, "die nicht nur abstellt auf die Zahl der betreuten Kinder, sondern eben auch berücksichtigt, dass es einmal nur drei Kinder sein können, aber die Tagespflegestelle bereitgehalten wird".

Der Verband fordert außerdem eine stärkere politische Wertschätzung. Nur mit diesen Voraussetzungen könne die Qualität und das Angebot der Kindertagespflege erhalten bleiben.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 04. Januar 2025 | 09:11 Uhr

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