Urteile der Woche Unordnung eines Mieters ist kein Kündigungsgrund
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25. Februar 2023, 05:00 Uhr
Fast täglich werden im Gerichtssaal wichtige Urteile gesprochen, die Einfluss auf unser Leben haben können. MDR AKTUELL präsentiert Ihnen die drei interessantesten dieser Woche in Kurzform.
Unordnung reicht nicht für eine Kündigungsklage gegen Mieter
Amtsgericht Stuttgart, Az. 35 C 2527/20
Lionel Lässig ist Mieter einer Wohnung in der Nähe von Stuttgart. Als sonderlich penibel kann man ihn nicht bezeichnen. In seinen vier Wänden stapelt sich das Altpapier- laut seinem Vermieter in Unmengen. Dieser Zustand stört den Eigentümer der Wohnung so massiv, dass er vor Gericht eine Kündigungsklage erwirken will. Seine Begründung: die Menge an Altpapier führe zu statischen Problemen und erhöhe die Brandgefahr.
Die Richter des Amtsgerichts Stuttgart stärkten in ihrem Urteil allerdings die Position des Mieters: Eine nicht aufgeräumte Wohnung stellt noch keine Pflichtverletzung des Mieters dar. Selbst dann nicht, wenn sie sich an der Grenze zur Verwahrlosung befindet.
So lange keine Gefahren für die Gebäudesubstanz drohen oder Mitbewohner belästigt werden, muss das hingenommen werden. Die behaupteten statischen Probleme sind ebenso wie eine Brandgefahr nicht belegt. Lionel Lässig darf in der Wohnung bleiben.
Tiere sind Mitgeschöpfe
Oberlandesgericht Celle, Az. 20 U 36/20
Walli Wallach ist Besitzerin eines 24 Jahre alten Pferdes. Das betagte Tier dient als Weidekamerad für andere Pferde, leistet ihnen Gesellschaft. Eines Tages kommt es zu einem Unglück. Der Hund von Claudia Kleff läuft auf die Koppel und verfolgt das Pferd bis in den nächsten Ort. Dabei stürzt das Pferd mehrfach und verletzt sich dabei. Walli Wallach lässt das Tier in einer Klinik operieren und fordert von Hundebesitzerin Claudia Kleff die Erstattung der Kosten. Frau Kleff findet diese allerdings überzogen. Ihrer Meinung nach ist es unverhältnismäßig ein Pferd, das laut Gutachter nur noch 300 Euro wert ist für 14.000 operieren zu lassen.
Das Landgericht Verden folgt dieser Argumentation allerdings nicht: Tiere sind als Mitgeschöpfe zu betrachten. Sie dürfen nicht nur nach rein wirtschaftlichen Kriterien betrachtet werden. Claudia Kleff muss die Operationskosten in Höhe von 14.000 Euro begleichen.
Land Berlin muss Barthaar-Entfernung nicht zahlen
Verwaltungsgericht Berlin VG 36 K 75/20
Im 3. Fall geht es um eine Beamtin mit Transidentität. Es handelt sich also um eine Frau, der bei der Geburt das männliche Geschlecht zugewiesen wurde; sie identifiziert sich aber als weiblich. Aktuell befindet sie sich im Prozess der Geschlechtsangleichung. Unter anderem will sie ihren Bart dauerhaft entfernen lassen. Der Arzt der Beamtin hat ihr eine dauerhafte Entfernung des Barthaarwuchses durch Nadelepilation verordnet. Geplant sind 120 Behandlungstermine zu je 72 Euro. Durchgeführt werden soll dies bei einer Kosmetiker-Meisterin.
Die Kosten will sich die Beamtin durch sogenannte Beihilfe des Landes erstatten lassen. Diese Beihilfe ist Teil der Krankenfürsorge von Beamten und begleicht anteilig die Krankheitskosten.
Behandlungen bei einer Kosmetikerin fallen laut Verwaltungsgericht Berlin allerdings nicht darunter: Die Beihilfe ist gesetzlich nur zur Kostenübernahme von Behandlungen durch Ärzte, Heilpraktiker oder Heilmittelerbringer verpflichtet. Darunter fällt die Kosmetikerin nicht.
Der Fall der Beamtin geht nun in die nächste Instanz zum Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg.
*Alle Namen wurden von der Redaktion geändert.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 04. März 2023 | 06:00 Uhr