Urteile der Woche Mildere Strafe für vorbestraften Drogendealer aufgrund von Altersarmut
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10. Juni 2023, 05:00 Uhr
Fast täglich werden im Gerichtssaal wichtige Urteile gesprochen, die Einfluss auf unser Leben haben können. MDR AKTUELL präsentiert Ihnen die drei interessantesten dieser Woche in Kurzform.
Bewährungsstrafe für 82-jährigen Marihuana-Dealer
Landgericht Aurich (Az. 19 KLs 6/23)
Dieter Diel ist 82 Jahre alt und ehemaliger Seefahrer. Mit einer Rente von 800 Euro kommt er kaum über die Runden. Die Haushaltskasse muss also aufgebessert werden und so beschließt er, mit Marihuana zu handeln. Dieter Diel wird allerdings durch einen Zufall erwischt, als Fahnder des Zolls einen Kiosk auf Schwarzarbeit kontrollieren. Dieter Diel muss sich vor dem Landgericht Aurich wegen des Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz in drei Fällen verantworten. Die Staatsanwaltschaft fordert eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten, da der Rentner bereits vorbestraft ist.
Die Richter urteilen allerdings milder: "Der Angeklagte wird zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Das Gericht berücksichtigt dabei, in welchen Lebensumständen diese Taten vollzogen wurden. Die Altersarmut wurde glaubhaft versichert. Bei bereits 24 Einträgen im Vorstrafenregister ist dies allerdings die allerletzte Warnung."
Betrunkener E-Scooter-Fahrer ungeeignet für Kraftfahrzeug
Amtsgericht Frankfurt und OLG Frankfurt (Az. 1 Ss 276/22)
Emil Ethyl fährt im Frühjahr 2022 mit einem E-Scooter durch Frankfurt. Dabei wird er mit 1,64 Promille Alkohol im Blut aufgegriffen. Das Amtsgericht verurteilt ihn wegen Trunkenheit im Verkehr zu einer Geldstrafe in Höhe von 600 Euro und einem halben Jahr Fahrverbot. Der Führerschein wird Emil Ethyl aber nicht entzogen. Dagegen wendet sich die Staatsanwaltschaft an das Oberlandesgericht Frankfurt. Die Begründung: Wer betrunken mit einem E-Scooter fährt, sollte als ungeeignet zum Führen eines Kraftfahrzeugs gelten.
Dieser Argumentation folgten auch die Richter des OLG: "Dass der Angeklagte E-Scooter statt Auto fuhr und dadurch andere Menschen nicht in gleichem Maße in Gefahr gewesen seien, ist als Argumentation nicht überzeugend. Der Sturz eines Radfahrers oder Fußgängers durch einen Zusammenstoß mit einem E-Scooter kann ebenso erhebliche oder gar tödliche Verletzungen verursachen. Zudem sind Ausweichmanöver anderer, stärker motorisierter Verkehrsteilnehmer durch alkoholbedingte Fahrfehler möglich."
Kein Anspruch auf Kindergarten-Essen ohne Erbsen
Verwaltungsgericht Frankfurt Oder, Az. VG 9 L 51/23
Eileen und Emil Erzeuger sind Eltern des kleinen Eddies. Bei dem Kindergartenkind wird eine Lebensmittelunverträglichkeit ärztlich bescheinigt – und zwar für Erbsen. Daraufhin erfragt die Familie erbsenfreie Sonderkost in der Einrichtung – der Kindergarten lehnt dies aber ab. Der beauftragte Caterer könne nicht mit Sicherheit gewährleisten, dass alle Mahlzeiten vollständig erbsenfrei seien, Erbsen würden bei der Herstellung vieler Gerichte als Zusatzstoff oder Aroma verwendet.
Die Eltern stellen daraufhin einen Eilantrag, den das Verwaltungsgericht Frankfurt/Oder aber ablehnt: "Erbsenfreies Mittagessen im Kindergarten kann gesetzlich nicht beansprucht werden. Lebensmittelunverträglichkeiten oder Allergien der Kinder sind zwar in einer Kita zu berücksichtigen, es gibt aber keine lebensmittelrechtliche Kennzeichnungspflicht für Erbsen. Der beauftragte Caterer kann nicht mit Sicherheit gewährleisten, dass alle Mahlzeiten vollständig erbsenfrei sind." Den Eltern steht es offen, dem Kind ein allergenfreies Mittagessen zuzubereiten und mitzugeben.
*Alle Namen wurden von der Redaktion geändert.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 10. Juni 2023 | 06:00 Uhr