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Versorgungsausgleich Rentnerin musste Witwenrente mit Toter teilen

25. April 2025, 11:52 Uhr

Gaby Greif musste ihre Witwenrente mit der ersten Ehegattin ihres verstorbenen Mannes teilen. Allerdings ist die Dame ebenfalls tot – und das schon seit rund 20 Jahren. Zu Lebzeiten hatte der Mann sich von der Pflicht befreien lassen, einen Teil seiner Rente an eine Tote zu zahlen. Nach seinem Tod ging diese Befreiung aufgrund der Gesetzeslage allerdings nicht an Gaby Greif über. Voss & Team konnte der Rentnerin nun durch einen juristischen Kniff helfen.

Gaby Greifs Mann Manfred ist vor fünf Jahren verstorben. Seitdem bekommt sie Witwenrente. Da ihr Mann zuvor schon einmal verheiratet war, musste sie nach geltender Gesetzeslage ihre Witwenrente mit der ersten Frau ihres Mannes teilen – allerdings ist diese auch bereits seit fast 20 Jahren tot. Mehrere Medien hatten bereits über diesen Fall aus Bayern berichtet, doch bisher hatte sich an der Situation nichts geändert. Voss & Team hat es nun geschafft, Gaby Greif zu helfen.

Gaby Greif
Von Gaby Greifs Rente wurde jahrelang ein Betrag für die tote Ex-Frau ihres verstorbenen Ehemannes abgezogen. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Versorgungsausgleich teilt Rentenansprüche nach Scheidung auf

"Als ich zum ersten Mal die Bezüge-Ermittlung für mein Witwengeld bekommen habe, habe ich mich gewundert", sagt die Rentnerin im Interview bei Voss & Team. Nach Berechnungen müsste sie eine Witwenrente von etwa 1.500 Euro bekommen. Davon wurden ihr aber jeden Monat 131,45 Euro abgezogen. Die Erklärung der Behörde beinhaltete nur ein Wort: Versorgungsausgleich. "Ich wusste nichts damit anzufangen. Wer soll versorgt werden? Ich bin diejenige, die jetzt versorgt werden muss. Dann habe ich erst nächtelang nicht geschlafen. Ich habe gegoogelt, ich habe mich überall erkundigt und dann ist es mir erst eingefallen. Mein Mann war ja in erster Ehe verheiratet. Dann wurde er geschieden und bei der Scheidung wurde ein Versorgungsausgleich gemacht", erläutert Gaby Greif.

Wenn Eheleute nicht das gleiche Einkommen haben – was vor allem früher oft der Fall war – und sie geschieden werden, kommt der sogenannte Versorgungsausgleich ins Spiel. Er teilt die bisher in der Ehezeit erworbenen gemeinsamen Rentenansprüche nach der Scheidung auf beide Partner auf, sodass beim Renteneintritt der Besserverdienende seine Rente dauerhaft mit dem Schlechterverdienenden teilen muss.

Auch Gabys verstorbener Mann Manfred hätte einen Teil seines Ruhestandsgeldes mit seiner ersten Frau teilen müssen. Doch schon viele Jahre bevor Manfred Rentner wurde, war die Ex-Frau gestorben. Er stellte bei der zuständigen Behörde einen Antrag darauf, den Versorgungsausgleich zu beseitigen. 14 Jahre wurde Manfreds Altersversorgung dann in voller Höhe ausbezahlt. "Ich habe beim Landesamt der Finanzen angerufen und gefragt, ob da irgendwas falsch gelaufen ist. Ich habe gesagt: Mein Mann hat auch 14 Jahre nicht bezahlt und bei ihm wurde ja bewilligt, dass der Versorgungsausgleich wegfällt. Wieso taucht der bei mir wieder auf? Und dann bekam ich eine nicht zufriedenstellende Antwort. Da hieß es: Die nächsten beißt der Hund. Wieso soll ich jetzt für eine Tote bezahlen?", schildert Gaby Greif. Zumal der Staat das Geld einbehalten musste, da er es nicht an eine Verstorbene auszahlen kann.

Erste Klage vor Gericht abgewiesen

Gaby Greif nahm sich einen Anwalt, der Widerspruch beim Landesamt für Finanzen einlegte. Die Antwort der Behörde kam schon nach ein paar Wochen: Der Widerspruch wurde abgelehnt mit der Begründung, dass das Recht auf den Wegfall des Versorgungsausgleichs nicht automatisch von Manfred auf Gaby Greif übergeht. Das heißt, der Versorgungsausgleich, der nach dem Tod der ersten Ehefrau vor fast 20 Jahren beseitigt wurde, wurde wieder eingeführt. "Dann habe ich den Rechtsanwalt gebeten: Ich möchte jetzt Klage einreichen, weil ich einfach denke: Das ist ungerecht und wenn ein Richter dies liest, der gibt mir garantiert Recht und ich bekomme das, was mir zusteht", erzählt Gaby Greif.

2023 bekam Gaby Greif einen Brief vom Gericht: Die Klage wurde abgewiesen. Das Gericht verwies auf die konkreten Regelungen des Versorgungsausgleichgesetzes, das seit 2009 gilt und räumte ganz konkret nur ihrem Mann als direkt Betroffenen das Recht ein, wegen des Tods der Ex-Frau den Versorgungsausgleich zu streichen. Als Hinterbliebene hat seine Witwe dieses Recht nicht.

Voss & Team befragt Ministerium

Gaby Greif gab nicht auf und wendete sich an Voss & Team. Wieso soll diese Regelungen gerecht sein? Das Bundesministerium der Justiz (BMJ) verwies darauf, dass die Regeln, die den Versorgungsausgleich auch im Todesfall grundsätzlich aufrechterhalten, nicht nur Nachteile haben müssen. Denn umgekehrt würde genauso gelten: Wenn Manfred nicht der Besserverdienende, sondern der Schlechterverdienende gewesen wäre, hätte er genauso bis ins hohe Alter die zugesicherten Rentenanteile seiner Ex-Frau bekommen, auch wenn die längst verstorben sei. "Nach Einschätzung des BMJ sind die bestehenden Regeln sachgerecht", so das Ministerium. Aber warum konnte sich Manfred Greif 14 Jahre von der Rentenkürzung befreien lassen, seine Witwe aber nicht? Darauf gab das BMJ keine Antwort.

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Rentenberater hilft mit juristischem Kniff

Rudi Werling ist selbstständiger Rentenberater und hat sich für Voss & Team die Unterlagen von Gaby Greif angesehen. Seine Idee: Die Bürokratie mit einer anderen Bürokratie schlagen – genauer mit einem sogenannten Abänderungsverfahren nach Paragraph 51 Versorgungsausgleichgesetz. Das kann angewendet werden, wenn sich seit der Scheidung viele Regelungen im Rentensystem verändert haben. "Beim Abänderungsverfahren greift die neue gerichtliche Entscheidung in die alte gerichtliche Entscheidung ein. Das bedeutet, es wird die frühere gerichtliche Entscheidung zum Versorgungsausgleich komplett beseitigt", erläutert Rudi Werling.

Im Fall Greif würden die – seit der Scheidung 1984 – eingeführte Mütterrente und die gesetzlichen Änderungen im Ruhegehaltssatz einen wesentlichen Unterschied in der Errechnung des Versorgungsausgleich machen. "Sind die Voraussetzungen für ein Abänderungsverfahren gegeben, muss dann das Gericht neu über den Versorgungsausgleich entscheiden. Dann können zugunsten einer toten Person Anrechte ganz einfach nicht mehr übertragen werden. Das Gericht hat dann eben antragsgemäß festzustellen, dass ein Versorgungsausgleich nicht mehr stattzufinden hat", so Rentenberater Werling.

Schon kurz nach den Dreharbeiten von Voss und Team hat Rudi Werling im Namen von Gaby Greif Klage eingereicht und schon nach kurzer Zeit gab es ein Urteil: Der Versorgungsausgleich findet nicht mehr statt, und die Rentnerin bekommt sogar die einbehaltenen Beträge zurück.

MDR (jvo)

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Voss & Team | 22. April 2025 | 20:15 Uhr

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