Eine Bronzestatue der römischen Göttin Justitia mit Waage und Richtschwert in der Hand 3 min
Audio: Die Urteile der Woche zum Nachhören. Bildrechte: picture alliance / dpa | Arne Dedert

Urteile der Woche Hotelbetreiber dürfen zeitlich begrenzt Geflüchtete unterbringen

19. April 2025, 05:00 Uhr

Fast täglich werden im Gerichtssaal wichtige Urteile gesprochen, die Einfluss auf unser Leben haben können. MDR AKTUELL präsentiert Ihnen die drei interessantesten dieser Woche in Kurzform.


Hotelbetreiber dürfen zeitlich begrenzt Geflüchtete unterbringen

Oberlandesgericht Frankfurt am Main (Az.: 2 U 63/24)

Sonja Sondermann* hat ihr Hotel an eine Hotelbetreiberin verpachtet. Die Stadt bittet diese Frau nun, dort unbegleitete minderjährige Flüchtlinge unterbringen zu dürfen. Und genauso kommt es auch: Das Jugendamt bucht regelmäßig einige Zimmer für die Jugendlichen, die in seiner Obhut stehen. Doch Frau Sondermann ist als Verpächterin damit nicht einverstanden: Sie hält die Unterbringung von Flüchtlingen im Hotel für vertragswidrig.

Am Oberlandesgericht Frankfurt am Main urteilte man so: "Beherbergungsverträge mit Dritten, die Zimmerkontingente buchen, gehören zum Betrieb eines Hotels und widersprechen nicht der üblichen Nutzung. Das gilt auch für den Fall, dass dort zeitlich begrenzt minderjährige Flüchtlinge untergebracht werden. Unzulässig wäre es gewesen, wenn die Stadt das gesamte Gebäude übernommen und zu einer Geflüchtetenunterkunft umgebaut hätte. Das war hier nicht der Fall. Dass Geflüchtete die Zimmer nachlässiger nutzen als klassische Hotelgäste, ist nicht erwiesen."

Die Betreiberin des Hotels hat also richtig gehandelt.


Hessischer Apotheker darf eigenes Krebsmedikament weiterverkaufen

Oberlandesgericht Frankfurt am Main (Az.: 6 UKI 2/25)

Wiegald Wieske befasst sich als Apotheker speziell mit der Behandlung von Krebs. Er hat selbst ein Medikament hergestellt, das gegen eine seltene Krebserkrankung eingesetzt werden kann. Ein qualifizierter Wirtschaftsverband klagt nun gegen den Verkauf. Ein US-Pharmaunternehmen befände sich in Deutschland gerade in klinischen Prüfungen für ein Medikament mit denselben Wirkstoffen. Der Apotheker habe sein Medikament einfach nachgemacht. Herr Wieske jedoch gibt an, einen eigenen, verbesserten Weg zum Medikament gefunden zu haben.

Die Richter am Oberlandesgericht Frankfurt am Main waren auf seiner Seite: "Das Interesse der individuell betroffenen Patienten wiegt hier schwerer als das Interesse der Verbraucher an der Einhaltung des gesetzlich vorgeschriebenen Zulassungsverfahrens. Denn die laufenden klinischen Studien werden durch das Verhalten des Apothekers nicht gefährdet. Das Risiko, durch Nebenwirkungen zu sterben, verblasst außerdem angesichts des sicheren Tods durch die seltene Krebserkrankung ohne alternative Heilungsmöglichkeit."

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.


Hinweise auf umstrittene Bücher in Bibliothek erlaubt

Verwaltungsgericht in Münster (Az.: 1 L 59/25)

Eine Stadtbücherei hat zwei ihrer Bücherausgaben vom gleichen Autor mit folgendem Hinweis versehen: "Dies ist ein Werk mit umstrittenem Inhalt. Dieses Exemplar wird aufgrund der Zensur-, Meinungs- und Informationsfreiheit zur Verfügung gestellt." Der Autor geht nun dagegen vor. Die Bibliothek habe sich neutral zu verhalten – der Hinweis sei unzulässig. Er hatte in seinen Büchern beispielsweise bemannte Mondlandungen bezweifelt und die Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki ausdrücklich bestritten.

Das Verwaltungsgericht Münster bestätigte nun das Vorgehen der Bibliothek: "Für eine Stadtbücherei besteht keine Neutralitätspflicht. Sie muss sich allerdings an das Sachlichkeitsgebot halten. So darf sie vor der Ausleihe eines Buches durchaus auch inhaltlich dazu Stellung nehmen. Das gilt sowohl im positiven Sinn mit Leseempfehlungen als auch für kritische Hinweise. Dieses Vorgehen ist nicht nur von der gesetzlichen Aufgabenzuweisung für öffentliche Bibliotheken gedeckt. Es ist sogar der gesetzliche Auftrag einer Bibliothek, Hinweise zu umstrittenen Inhalten zu geben."

Die Bücherei lag hier also völlig richtig.

*Alle Namen wurden von der Redaktion geändert.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL – Das Nachrichtenradio | 19. April 2025 | 08:17 Uhr

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