Mutmaßlicher Machtmissbrauch Theater Erfurt: Gutachten bestätigt Rechtsverstöße
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18. Januar 2024, 14:48 Uhr
Am Theater Erfurt hat es einem externen Gutachten zufolge Rechts- und Regelverstöße gegeben. Das sagte der Kulturdezernent der Stadt, Tobias Knoblich, bei MDR KULTUR und kündigte an, dass die Stadtspitze entschlossen Konsequenzen ziehen werde. Im Raum stehen mutmaßliche Übergriffe und Machtmissbrauch. Steffen Präger vom Werkausschuss des Theaters sieht auch die Stadtgesellschaft in der Verantwortung.
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- Erfurts Kulturbeigeordneter Tobias Knoblich hat bestätigt, dass es am Theater Erfurt Rechts- und Regelverstöße gegeben hat.
- Ein Bericht über mutmaßliche Übergriffe und Machtmissbrauch wird demnach vom Werkausschuss des Theaters noch bis Ende Januar ausgewertet.
- Bei der Aufklärung der Vorwürfe dürften die Betroffenen nicht aus dem Blick geraten, mahnt der Vorsitzende des Werkausschusses, Steffen Präger.
Ein Gutachten einer Berliner Anwaltskanzlei hat Rechts- und Regelverstöße am Theater Erfurt bestätigt. Das sagte der Erfurter Kulturdezernent Tobias Knoblich am Donnerstag nach einer Sitzung des städtischen Werkausschusses bei MDR KULTUR. In dem 124 Seiten langen Bericht sei die Rede von Zuständen, "in denen Menschen Angst haben müssen, in denen sie Ohnmacht fühlen und Abhängigkeitsverhältnisse eine Rolle spielen". Das Gutachten habe allerdings keine verfolgbaren Straftaten festgestellt. Ein Grund könnte die Verjährungsfrist sein, so Knoblich. Die Vorwürfe richten sich gegen die Leitung des Hauses.
Gutachten über mutmaßliche Übergriffe und Machtmissbrauch
Tobias Knoblich kündigte an, die Stadtspitze werde entschlossen Konsequenzen ziehen. Welche das im Detail sein werden, ließ er allerdings offen. Im Gespräch mit MDR KULTUR bat der Kulturbeigeordnete um Geduld: "Wir brauchen ein bisschen Zeit, um das auszuwerten". Für den 31. Januar hat der Werkausschuss, ein Kontrollgremium des Theaters Erfurt, eine Sondersitzung einberufen, um das Gutachten zu besprechen. Daran werden auch Anwälte der beauftragten Kanzlei und der Personalrat teilnehmen.
Knoblich sagte weiter, derzeit bereite der Werkausschuss eine beschlussfähige Vorlage vor, die auch dem Oberbürgermeister vorgelegt werde: "Das ist dann der Zeitpunkt, wo es auch eine politische Debatte über dieses Thema gibt. Bis dahin ist es unsere Aufgabe, die Dinge so gut es geht aufzubereiten", erklärte Knoblich, der als Beigeordneter Teil des Werkausschusses ist. Man wolle nicht mit vorschnellen Positionierungen an die Öffentlichkeit gehen, sondern nach "den Regeln der Kunst" handeln und ein "ordentliches Verfahren" auf die Beine stellen.
Betroffene nicht aus den Augen verlieren
Steffen Präger, Vorsitzender des Werkausschusses, betonte im Gespräch mit MDR KULTUR, dass man die Betroffenen bei der laufenden Aufklärung der Vorwürfe nicht aus den Augen verlieren dürfe: "Bei allen Auseinandersetzungen, die wir gerade führen, dürfen wir auf gar keinen Fall vergessen, dass es um potenzielle Opfer möglicher Übergriffe und von Machtmissbrauch geht." Er sei ihnen dankbar, dass sie so mutig gewesen seien und das Gespräch mit der beauftragten Kanzlei gesucht hätten, um ihre Fälle vorzutragen.
Bei allen Auseinandersetzungen, die wir gerade führen, dürfen wir auf gar keinen Fall vergessen, dass es um potenzielle Opfer möglicher Übergriffe und von Machtmissbrauch geht.
Präger kritisierte, dass es in der aktuellen Diskussion mehr um Verwaltungsprozesse, Zuständigkeiten und strukturelle Auswirkungen als um die Betroffenen gehe. Er hält die Kommunikation für "äußerst problematisch". Die eigentliche Problematik des Machtsmissbrauchs würde aus dem Diskurs völlig verdrängt. "So eine Situation können wir nicht tolerieren, auch als Stadtgesellschaft nicht", mahnte der Vorsitzende.
Stadtrat entscheidet über personelle Konsequenzen am Theater Erfurt
Über mögliche personelle Konsequenzen am Theater Erfurt wird laut dem Erfurter Kulturdezernent Tobias Knoblich der Stadtrat nach seiner Sitzung am 7. Februar abschließend entscheiden. Neben den Mitgliedern des Werkausschusses dürften deswegen auch interessierte Stadträte das Gutachten einsehen, sofern sie eine Verschwiegenheitserklärung unterschrieben, sagte Knoblich dem MDR. Der Schutz der mutmaßlichen Opfer sei wichtig.
Die Missbrauchsvorwürfe am Theater Erfurt waren im vergangenen Herbst durch die damalige Gleichstellungsbeauftragte der Stadt öffentlich gemacht geworden. Im November hatte eine Berliner Kanzlei im Auftrag der Stadt Erfurt begonnen, Zeugen, ehemalige und jetzige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu befragen, ob und welche Verfehlungen es am Theater gegeben haben könnte.
Quellen: MDR (Blanka Weber) / Redaktionelle Bearbeitung: vp
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 18. Januar 2024 | 07:10 Uhr