Michael Kretschmer
Michael Kretschmer ist Sachsens Ministerpräsident und Spitzenkandidat der CDU für die Landtagswahl. Bildrechte: picture alliance/dpa | Sebastian Kahnert

Landtagswahl 2024 Michael Kretschmer: Politik mit Beinfreiheit

26. August 2024, 10:00 Uhr

Kaum eine Gelegenheit lässt CDU-Spitzenkandidat Michael Kretschmer aus, die amtierende Bundesregierung zu kritisieren. Dabei regiert der langjährige Berufspolitiker im Freistaat selber mit SPD und Grünen. Mit der Umweltpartei will Kretschmer in Sachsen möglichst nicht weiter koalieren. Wie schon im vergangenen Wahlkampf setzt der Christdemokrat maßgeblich auf das Thema Innere Sicherheit. Ähnlich wie Bayern will Kretschmer eine landeseigene Grenzpolizei einführen, obwohl die Bundespolizei eigentlich für die Grenzsicherung zuständig ist.

  • Michael Kretschmers Parteikarriere begann als Jugendlicher. In seiner Amtszeit als Ministerpräsident erarbeitete sich Kretschmer den Ruf eines stets redebereiten Politikers.
  • Der CDU-Spitzenkandidat Michael Kretschmer will ohne die Bündnisgrünen weiterregieren.
  • In der Flüchtlingspolitik wirbt der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende für einen drastischen Kurswechsel.

Ein Wahlkampfabend nahe Dorfchemnitz. CDU-Spitzenkandidat Michael Kretschmer will in seiner Rede gleich zu Beginn das sächsische Wir-Gefühl pflegen. Weder von rechts, links, Berlin oder Brüssel sollen sich die Sachsen ihr Leben vorschreiben lassen. Politik solle nicht unterscheiden zwischen erlaubten und nicht erlaubten Ängsten. Genauso wenig solle Politik die Menschen erziehen wollen.

Kretschmer greift das Gefühl von Fremdbestimmung vieler Zuschauer auf und bekommt dafür Applaus. Auch auf der Bühne im Osterzgebirge wiederholt der Christdemokrat sein Wahlkampfmantra: Protestwahl in Sachsen würde die Politik der Bundesregierung nicht verändern. Der Freistaat dürfe nicht Thüringer-Verhältnisse bekommen mit Minderheitsregierung und unklaren Regierungsverhältnissen.

Obergrenze für Flüchtlinge

Im Landtagswahlkampf spricht Kretschmer häufig über bundespolitische Themen und kritisiert die Bundesregierung. Die Ampel-Regierung würde immer wieder neue Probleme verursachen und sei unfähig, in der Migrationspolitik eine Kursänderung vorzunehmen, bemängelt der CDU-Politiker. Er plädiert für eine drastische Reduzierung der Flüchtlingszahlen in Deutschland.

Laut BAMF wurden in den vergangenen zehn Jahren fast jedes Jahr mindestens mehr als 150.000 Asylanträge gestellt. Kretschmer meint, Deutschland könne maximal bis zu 40.000 Flüchtlinge pro Jahr verkraften. Damit vertritt Kretschmer auch innerhalb der CDU-Bundespartei bei dem Thema eine harte Linie.

Es ist wichtig, dass man bei sich bleibt und bei dem, was man richtig hält, wenn es Leute gibt, dass das kritisieren, dann ist das Demokratie, dann ist das Meinungsfreiheit, die wir haben in dieser offenen Gesellschaft.

Michael Kretschmer CDU-Spitzenkandidat

Die CDU-Bundespartei lässt ihm Beinfreiheit und wählt Kretschmer mit einem souveränen Ergebnis vergangenen Mai wieder zu einem von fünf stellvertretenden Bundesvorsitzenden. Obwohl Kretschmer in Fragen von Krieg und Frieden die eigene Parteilinie verlässt und bereits wenige Monate nach dem russischen Überfall auf die Ukraine forderte, den Krieg im Land "einzufrieren". Auch meldet sich Kretschmer als steter Kritiker von Waffenlieferungen zur Verteidigung der Ukraine öffentlich zu Wort.

Frühe Parteikarriere

Sein politischer Aufstieg begann in seiner Heimat Görlitz. Im Herbst 1989 habe Kretschmer nach eigenen Erzählungen mit Freunden aus der Jungen Gemeinde der Evangelischen Kirche die Friedensgebete in Görlitz besucht und sich dabei politisiert. Kretschmer absolvierte eine Ausbildung zum Büroinformationselektroniker und schloss ein Studium als Diplom-Wirtschaftsingenieur ab.

Mit nicht mal 20 Jahren wurde Kretschmer CDU-Mitglied und Stadtrat in Görlitz und mit nicht mal 30 Jahren bereits direkt gewählter Abgeordneter im Deutschen Bundestag. Der damalige sächsische Ministerpräsident Georg Milbradt förderte Kretschmers Karriere, indem er ihn zum Generalsekretär der CDU Sachsen ernannte.

Politische Niederlage und Triumph

Verbunden mit seiner bislang größten politischen Niederlage war sein Aufstieg zum sächsischen Ministerpräsidenten. Das sichergeglaubte Direktmandat bei der Bundestagswahl 2017 verlor er ausgerechnet an den damals noch unbekannten AfD-Malermeister Tino Chrupalla.

Das schwache Abschneiden der CDU in Sachsen verstärkte den politischen Druck auf den damaligen CDU-Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich, der schließlich zurücktrat. In der Folge wurde Kretschmer als neuer CDU-Landesvorsitzender gewählt, um die Partei in der schwierigen Phase neu zu positionieren. Der Landtag wählte ihn im Dezember 2017 zum neuen sächsischen Ministerpräsidenten, wo Kretschmer zwei Jahre später wiedergewählt wurde. Als Ministerpräsident prägt der Christdemokrat einen bürgernahen Politikstil und führt landauf, landab Bürgerdialoge.

Schwierige zweite Amtszeit

Seine zweite Amtszeit prägte gleich zu Beginn die Corona-Pandemie. Rückblickend äußerte Kretschmer Bedauern über bestimmte Entscheidungen wie die sektorale Impfpflicht für Beschäftigte in Kliniken und Heimen, die teils auf erheblichen Unmut stieß. Die Entscheidungen wurden vor dem Hintergrund der akuten Bedrohungslage durch die Pandemie getroffen, so Kretschmer.

Im weiteren Verlauf seiner zweiten Amtszeit kamen mehr und mehr die internen Konflikte der Koalition von CDU, SPD und Bündnisgrünen zutage. Obwohl im Koalitionsvertrag vereinbart, blockierte die CDU bis zuletzt ein aus ihrer Sicht zu bürokratisches Gesetz für die Vergabe von Aufträgen der öffentlichen Hand in Sachsen. Die Koalition scheiterte auch mit einer geplanten Verfassungsänderung, um zum Beispiel die Hürden für direkte Demokratie in Sachsen zu senken.

Martin Dulig (SPD, l-r), Wirtschaftsminister von Sachsen, Katja Meier (Bündnis90/Die Grünen), Spitzenkandidatin, und Michael Kretschmer (CDU), Ministerpräsident von Sachsen, stehen nach der Unterzeichnung des Koalitionsvertrags zwischen der CDU, Bündnis90/Die Grünen und der SPD in Sachsen im Landtag nebeneinander.
Seit der Unterzeichnung des Koalitionsvertrags nach der Landtagswahl 2019 hat sich die Stimmung zwischen CDU, SPD und Grünen verschlechtert. (Archivbild) Bildrechte: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Robert Michael

Falls möglich, will Kretschmer mit den Bündnisgrünen in Sachsen nicht mehr gemeinsam regieren. Eine Zusammenarbeit mit der AfD schließt der 49-Jährige seit Jahren aus. Verhalten äußert sich der CDU-Politiker zu einer Kooperation mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht. Kretschmer will in Sachsen eine landeseigene Grenzpolizei aufbauen. Obwohl die Bundespolizei für die Grenzsicherung eigentlich zuständig ist und die Haushaltsituation in Sachsen nur begrenzt Spielraum ermöglicht.

Wir wollen diese sächsische Grenzpolizei schaffen, um unseren Beitrag zu leisten für die Innere Sicherheit und auch weiter immer auf den Bund Druck zu machen.

Michael Kretschmer CDU-Spitzenkandidat

Mit der Wahl am 1. September wird sich für den im Freistaat beliebten Politiker auch entscheiden, ob er die langanhaltende politische Dominanz seiner Partei im Landtag fortführen kann.

Der Spitzenkandidat der CDU, Michael Kretschmer, sitzt vor dem Mikrofon im Studio von MDR SACHSEN 51 min
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MDR (cba)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 25. August 2024 | 19:00 Uhr

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