Landtag Kretschmer: Sichtbar machen, wer die besseren Lösungen hat

12. Juni 2024, 20:34 Uhr

Fünf Jahre Schwarz-Grün-Rot: Sachsens Ministerpräsident zieht eine politische Bilanz der Koalition aus CDU, Grünen und SPD. Dabei und in der anschließenden Debatte zeigt sich vor allem eins – die Partner sind sich kaum noch grün und befinden sich bereits im Wahlkampfmodus.

"Es kann nach diesem Wahlergebnis kein einfaches ´Weiter so´ geben." Mit diesen Worten ging Ministerpräsident Michael Kretschmer zunächst auf die Ergebnisse der Europawahl ein. Sie sei eine Protestwahl gewesen, sagte der CDU-Politiker in einer Regierungserklärung im Landtag. Es sei kein guter Politikstil, zentrale Fragen beiseite liegenzulassen und keiner Lösung zuzuführen, sagter Kretschmer mit Blick auf die Ampel in Berlin. Früher sei es möglich gewesen, über Parteigrenzen hinaus Kompromisse zu finden. Kretschmer forderte die Koalition im Bund auf, vor allem in den Fragen Migration, Energiepolitik. Bürokratieabbau und Umgang mit dem Krieg in der Ukraine endlich Klarheit zu schaffen. "Meine Hand ist ausgestreckt."

Fünf Jahre schwarz-grün-rot in Sachsen bezeichnete Kretschmer als erfolgreiche Jahre und sprach von einer "professionellen und soliden Regierungsarbeit". Er verwies unter anderem auf die Standortentscheidungen von High-Tech-Unternehmen wie TSMC und die Ansiedlung der Großforschungszentren für Astrophysik und Chemie in Sachsen. "Wir müssen sichtbar machen, wer die besseren Lösungen hat. Nur so werden wir Vertrauen wiedergewinnen," sagte Kretschmer. In diesem Zusammenhang räumte Kretschmer auch Fehler in der Corona-Politik ein. "Da ist vieles nicht richtig abgewogen worden." Die sogenannte Bundesnotbremse sei genauso ein Fehler gewesen wie die sektorale Impfpflicht. Eine Enquetekommission könnte dazu beitragen, über diese Dinge zu reden und eine Klärung zu schaffen.

Weniger Euphorie bei Grünen

Bei den Koalitionspartnern fiel die Bilanz weniger euphorisch aus. Grünen-Fraktionschefin Franziska Schubert sagte: "Hinter uns liegt eine der härtesten und krassesten Wahlperioden, die Sachsen durch äußere Einflüsse und Krisen je erlebt hat." Trotzdem sei es unter dem Einfluss der Grünen etwa gelungen, dass Sachsen einen großen Sprung bei den erneuerbaren Energien gemacht und ein modernes Gleichstellungsgesetz erhalten habe.

Zugleich sprach Schubert von einer "schwierigen Dreierkoalition". Überall dort, wo der Kompromiss verächtlich gemacht werde, werde die Säge an demokratische Prozesse angesetzt, "aber auch dort wo Partner verächtlich gemacht werden," sagte Schubert mit Verweis auf die CDU. Den Ministerpräsidenten rief sie auf, sich nun endlich gemeinsam aufzustellen.

SPD: Bund nicht an allem schuld

"Die Zeiten sind nicht normal, sondern außergewöhnlich," sagte SPD-Fraktionschef Dirk Panter. Da passieren Fehler, das sei klar. Man dürfe sie aber nicht immer woanders suchen. "Der Bund ist nicht an allem schuld," so Panter und verwies unter anderem auf den Unterrichtsausfall in Sachsen, den Finanzstreit mit den Kommunen und die schlechten Umfragewerte der CDU. Der jüngst verordnete Sparkurs von Finanzminister Vorjohann (CDU) lege da noch eine Schippe drauf. "Das ist ein Konjunkturpaket für Populisten." Die Gesellschaft stehe unter Druck, die Veränderungsgeschwindigkeit sei hoch. "Wir müssen aber aufpassen, dass Angst nicht unser Handeln leitet." Lösungen könne man aber nicht einfach im Online-Shop bestellen, man müsse sich diese erarbeiten. Dabei könne sich die Koalition sehen lassen. 

AfD: Koalition hat Sachsen destabilisiert

AfD-Partei- und Fraktionschef Jörg Urban warf Kretschmer vor, "grüne Politik" zu machen. Seine CDU tanze "nach der Pfeife grüner Journalisten und Politiker".

Die Koalition habe Sachsen destabilisiert, gespalten und zu einem unsicheren Bundesland gemacht. Urban nannte unter anderem die Corona-Politik und verlangte eine lückenlose Aufarbeitung der damals verursachten "Grundrechtseinschnitte und Gesundheitsschäden". Zugleich kritisierte Urban die Energiepolitik, den "Bürokratiewahnsinn" und die Erhöhung der Grunderwerbssteuer in Sachsen.

Susanne Schaper (DIE LINKE)
Die CDU sehe siche noch immer als Staatspartei, meint die Parteichefin der Linken, Susanne Schaper. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Die Parteichefin der Linken, Susanne Schaper, wies auf die Streitigkeiten innerhalb der Koalition hin. Kretschmer habe in seiner Regierungserklärung nicht erklären können, warum es seine Regierung eigentlich noch gibt. "Die sächsische CDU hat aus ihrer alten Rolle als Staatspartei noch immer nicht herausgefunden. Auch noch schlechtere Wahlergebnisse werden Sie kaum davon überzeugen, dass Sachsen nicht ihr Parteieigentum ist. Kritik an den Missständen in unserer Gesellschaft prallt an Ihnen ab."

Abstimmungsmarathon im Landtag

In der letzten Plenarwoche vor der Landtagswahl am 1. September müssen die Abgeordneten in einem regelrechten Abstimmungsmarathon noch über 24 Gesetzentwürfe entscheiden. Sollten die Sitzungstage Mittwoch und Donnerstag nicht reichen, müssen die Parlamentarier am Freitag nachsitzen.

Der Landtag beschloss am Mittwoch unter anderem, die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse zu vereinfachen und zu beschleunigen. Zudem verabschiedeten die Abgeordneten ein neues Versammlungsgesetz. Nach Angaben der Staatsregierung ist es praxisnäher und verständlicher gestaltet. Demnach sollen künftig zum Beispiel Teilnehmer einer Demonstration einen Versammlungsleiter aus ihren Reihen bestimmen. Wenn das nicht gelingt, kann die Polizei den Ablauf regeln. Journalisten, die über Kundgebungen berichten, sollen künftig besser geschützt werden. Ein weiteres neues Gesetz sieht vor, dass Kommunen an den Gewinnen von Windkraft- und Photovoltaikanlagen auf Freiflächen beteiligt werden.

MDR (jaku, ama)/dpa

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Nachrichten | 12. Juni 2024 | 07:00 Uhr

404 Not Found

Not Found

The requested URL /api/v1/talk/includes/html/bcb72a31-c77e-424f-8f29-694d54e87be4 was not found on this server.

Mehr aus der Landespolitik

Mehr aus Sachsen