Kommunalwahl 2024 Geldnot, marode Straßen, Bürokratie - Herausforderungen in Mittelsachsen
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30. Mai 2024, 14:27 Uhr
Mittelsachsen, der Landkreis mitten in Sachsen, ist alles andere als Mittelmaß. Mit mehr als 2.100 Quadratkilometern ist er der zweitgrößte im Freistaat Sachsen und steckt voller Überraschungen. Der neu zu wählende Kreistag steht vor großen Herausforderungen - alten und neuen.
Von Leisnig ganz im Norden über Penig im Westen erstreckt sich der Landkreis Mittelsachsen südwärts bis hinein ins Erzgebirge nach Neuhausen. Aufgrund der Größe findet Jörg Woidniok, Chef der Fraktion von CDU und Regionalem Bauernverband RBV, den Landkreis abwechslungsreich und vielfältig - sowohl landschaftlich als auch in Hinblick auf seine Traditionen und Einwohnerinnen und Einwohner.
Diese Einschätzung teilen wohl die allermeisten der insgesamt 98 Kreistagsabgeordneten. Ansonsten wird über viele Themen gern und teils heftig gestritten.
Kreistag im Krisenmodus
Viele Probleme sind in der nun zu Ende gehenden Legislaturperiode angepackt worden - allerdings nicht immer erfolgreich. Lars Naumann, Fraktionschef der Freien Wähler, benennt vor allem zwei wesentliche Hemmnisse: Zum einen sei man vom Gestaltungsmodus weggekommen hin zu einem Krisenbewältigungsmodus. Das habe direkt mit Corona 2020 begonnen. Das zweite Hemmnis sieht er in der "dauerhaften strukturellen Fehlausstattung von Finanzen", wie er es nennt. Man habe einfach zu wenig Geld.
Geldsorgen in Mittelsachsen
Das fehlende Geld sehen alle Fraktionen als größtes Hemmnis. CDU-Fraktionschef Jörg Woidniok befürchtet, man werde Probleme haben, am Ende des Jahres einen ausgeglichenen Haushalt auf die Beine zu stellen und so die wesentlichen Aufgaben im Landkreis umsetzen zu können.
Forderung nach mehr Mitbestimmung
Auch die überbordende Bürokratie wird fraktionsübergreifend kritisiert. Darüber hinaus möchte die AfD mehr Mitbestimmungsrecht für die Bürgerinnen und Bürger. Gerade in sensiblen Bereichen wie der Asylpolitik oder dem Ausbau der Windkraft dürfe nicht über die Köpfe der Menschen hinweg entschieden werden. Der stellvertretende AfD-Fraktionschef Rolf Weigand fordert für die Themen ein Veto-Recht.
Flexible Lösungen bei Kitas gesucht
Rolf Weigand will sich mit der AfD außerdem verstärkt auf den Bereich Straßen- und Brückenbau konzentrieren. Der bestehende Investitionsstau müsse Schritt für Schritt abgebaut werden. Außerdem brauche es mehr Flexibilität im Bereich Kindertagesstätten und Schulen, um sie auch bei sinkenden Geburtenzahlen erhalten zu können. Die Landkreisverwaltung müsse verschlankt, Bürokratie abgebaut werden. Darüber hinaus fordert die AfD eine Abschiebeoffensive für Asylbewerber in Mittelsachsen.
Offene Baustellen: ÖPNV, Medizin und Digitalisierung
Weitgehend Einigkeit herrscht im Kreistag darüber, dass die Infrastruktur verbessert und medizinische Versorgung im Landkreis sichergestellt werden muss. Nachholbedarf besteht genauso bei der Digitalisierung vor allem im Bereich der Verwaltung.
Der neue Kreistag steht vor altbekannten aber auch neuen großen Herausforderungen. Die Freien Wähler Mittelsachsen wollen wegkommen von Träumereien und Leuchtturmprojekten, sagt Fraktionschef Lars Naumann und fordert Konzentration auf die wesentlichen Dinge: Infrastruktur, Bildung und Wirtschaft.
Linke planen finanzielle Entlastung für Eltern
Die Linke konzentriert sich hingegen vor allem auf soziale Themen: Fraktionsvorsitzender Gottfried Jubelt möchte unter anderem die Eltern von den Elternbeiträgen für die Schülerbeförderung befreien und sich für kostenloses Mittagessen in den Kitas einsetzen.
Ebenfalls im Fokus: der Öffentliche Personen- und Nahverkehr. Der Tarifzonenplan müsse dringend überarbeitet werden. Mit dem Ziel, die Tarifzonen bei Fahrten im ländlichen Raum zu verringern. So könnten die Beförderungstarife angepasst und gesenkt werden.
Mittelsachsen fit für die Zukunft machen
Das Regionen-Ranking Zukunftsatlas Deutschland sieht Mittelsachsen auf Platz 336 von 402 Landkreisen und kreisfreien Städten, als Region mit Zukunftsrisiken. Die Abgeordneten sehen Chancen - auf vielen Gebieten aber müsse schnell gehandelt werden.
Einigkeit herrscht darüber, dass der Landkreis attraktiver gemacht werden muss. Gerade auch für junge Leute. Denn die Hochschule in Mittweida und die Technische Universität Bergakademie Freiberg bieten große Potenziale im Kampf gegen den Fachkräftemangel. Aber nur wenn es gelinge, die dort ausgebildeten Spezialistinnen und Spezialisten tatsächlich auch zu behalten.
Zahlen, Daten und Fakten zum Landkreis Mittelsachsen
• Sitz des Kreistags: Freiberg
• Kommunen: 52 (davon 21 Städte und 31 Gemeinden)
• Fläche: 2.116,86 km²
• Einwohner gesamt: 300.483 (Stand: 30.06.2023)
• Nicht-EU-Ausländer: 10.760 (3,58 Prozent)
• Durchschnittsalter: 48,6
• Arbeitslosenquote: 5,4 Prozent
• Pro-Kopf-Einkommen: 22.317 Euro
Quelle: Statistisches Landesamt/Landkreis Mittelsachsen
MDR (cba/pri)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 10. Mai 2024 | 19:00 Uhr