Teaser Wahl Chemnitz. Blick auf das Karl-Marx-Monument im Zentrum von Chemnitz, 2020
Im Rahmen der Kommunalwahlen am 9. Juni sind die Chemnitzerinnen und Chemnitzer aufgerufen, einen neuen Stadtrat zu wählen. Bildrechte: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Hendrik Schmidt

Kommunalwahl 2024 Wirtschaftsförderung, Sicherheit und Integration - Aufgaben für den Chemnitzer Stadtrat

07. Mai 2024, 14:10 Uhr

Bei den Kommunalwahlen am 9. Juni wird auch in Chemnitz ein neuer Stadtrat gewählt. 474 Kandidatinnen und Kandidaten treten für zehn Parteien und politische Gruppierungen an. 60 Plätze im Rathaussaal gilt es in der kommenden Legislaturperiode zu besetzen - in der Stadt, die im kommenden Jahr Europäische Kulturhauptstadt sein wird.

Der Titel "Kulturhauptstadt Europas 2025" ist eine große Herausforderung. Er ist aber auch eine große Chance. Da sind sich die Fraktionen des Chemnitzer Stadtrates weitestgehend einig. "Ich denke, wir bekommen eine andere Sicht auf unsere Stadt, eine positive Sicht", sagt CDU-Fraktionschef Tino Fritzsche. SPD-Fraktionsvorsitzende Jacqueline Drechsler ist sich sicher: "Chemnitz wird sich von seinen besten Seiten zeigen können. Und wir werden tolle GastgeberInnen sein."

Volker Dringenberg, Chef der AfD-Fraktion, allerdings hegt Zweifel, "dass die Bürger mitgenommen worden sind". Dringenberg weiter: "Das kann ja noch werden, wenn es eine grandiose Veranstaltung wird. Und dann hat es auch einen nachhaltigen Effekt."

Fokus auf Chemnitzer Wirtschaftsförderung

Ein Mann
Tino Fritzsche, Fraktionsvorsitzender der CDU, will künftig weniger auf bundespolitische Themen schauen. Er sagt: "Wir müssen uns wieder mehr um unsere Stadt kümmern." Bildrechte: MDR/Ines Gruner-Rudelt

Wie viele andere Kommunen auch, muss Chemnitz clever haushalten. Rund eine Milliarde Euro stehen im laufenden Jahr zur Verfügung. Ein Drittel davon seien Gewerbesteuern, sagt Tino Fritzsche. Dieses eine Drittel müsse nicht nur gehegt und gepflegt, sondern möglichst noch erweitert werden. Aufgabe der Kommunalpolitiker sei es deshalb, die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft positiv zu gestalten - in einer Stadt, die nicht fertig, wo immer irgendwas möglich sei.

Bei uns ist nichts fertig. Es ist immer irgendwas möglich.

Tino Fritzsche CDU-Fraktionsvorsitzender

Ein Mann
Volker Dringenberg, Fraktionsvorsitzender AfD, meint: "Wir müssen unsere Ausgaben in den Griff kriegen und können nicht mehr mit der Gießkanne alles und jedes fördern." Bildrechte: MDR/Ines Gruner-Rudelt

Das wirtschaftliche Herz der Stadt stärken will auch die AfD. Ihr Fokus liegt dabei vor allem auf der Chemnitzer Innenstadt. Kostenlose Kurzzeitparkplätze könnten den Händlern mehr Kunden bescheren, sagt Volker Dringenberg. Allerdings müssten sich diese auch sicher fühlen. Deshalb sei Sicherheit ein zentrales Anliegen seiner Partei. "In der Innenstadt haben wir ein nicht unerhebliches Problem. Da müssen wir aus unserer Sicht konsequent kontrollieren, auch entsprechenden Verfolgungsdruck aufbauen, damit die Innenstadt für unsere Bürger wieder sicher ist."

Die Sicherheit ist uns ein zentrales Anliegen.

Volker Dringenberg AfD-Fraktionsvorsitzender

Zusammenhalt und Integration wichtig für die Zukunft

Eine Frau
Susanne Schaper, Vorsitzende der Fraktionsgemeinschaft Die Linke/Die Partei, will für den Erhalt von freiwilligen Leistungen kämpfen, "im Kinder- und Jugendbereich, aber auch für ältere Menschen." Bildrechte: MDR/Ines Gruner-Rudelt

Für Susanne Schaper, Vorsitzende der Fraktionsgemeinschaft Die Linke/Die Partei, besteht die größte Herausforderung darin, die Menschen zusammenzuhalten und für sozialen Frieden zu sorgen. Politiker müssten zuhören und die Menschen da abholen, wo sie stehen. Und auch in Zeiten knapper Kassen sollten freiwillige Leistungen nicht dem Rotstift zum Opfer fallen. Junge und alte Menschen brauchen Orte, sagt Schaper, wo sie zusammenkommen können. Das könnten Begegnungsstätten, Clubs oder auch Sportstätten sein.

Wir müssen zuhören und die Leute da abholen, wo sie stehen.

Susanne Schaper Vorsitzende der Fraktionsgemeinschaft Die Linke/Die Partei

Chemnitz wächst. Mehr als 250.000 Menschen leben hier. Nicht alle Bewohner der Viertelmillionen-Stadt sind deutsche Staatsbürger. Damit verbunden sind natürlich auch Fragen des Miteinander-Lebens, sagt Jacqueline Drechsler, Fraktionschefin der SPD. Denn nicht alle Menschen würden diese Welt als eine sehen und sich darüber freuen, dass die Stadt noch bunter werde, noch internationaler.

Eine Frau
Jacqueline Drechsler, Fraktionsvorsitzende SPD, wünscht sich, "dass die Chemnitzerinnen und Chemnitzer ihr Recht auf Wahl wahrnehmen." Bildrechte: MDR/Ines Gruner-Rudelt

Nicht alle Menschen sehen diese Welt als eine und freuen sich darüber, dass wir noch bunter werden.

Jacqueline Drechsler SPD-Fraktionsvorsitzende

Das seien Dinge, die ernstgenommen werden müssten, auch aus der Kommunalpolitik heraus. Dafür, sagt Drechsler, müssen Antworten gefunden, zum Beispiel auf die Frage, wie eine gute, eine schnelle Integration erfolgen kann.

Ein Mann
Volkmar Zschocke, stellv. Vorsitzender der Fraktionsgemeinschaft Bündnis 90/Die Grünen, möchte den ÖPNV sowie Fuß- und Radwege ausbauen, um "in Chemnitz die Verkehrswende voranzutreiben". Bildrechte: MDR/Ines Gruner-Rudelt

Eine bessere Integration müsse auch in den Schulen erfolgen, meint der stellvertretende Vorsitzende der Fraktionsgemeinschaft Bündnis 90/Die Grünen, Volkmar Zschocke. Das sei ein Bereich der Sozialpolitik, der angegangen werden müsse. So brauche es in Schulen nicht nur gut ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer, sondern auch Integrationshelferinnen und Integrationshelfer. Denn die Herausforderungen im Schulalltag seien oft vom pädagogischen Personal allein nicht zu bewältigen.

Im Bereich der Sozialpolitik gibt es große Herausforderungen, die wir angehen wollen.

Volkmar Zschocke stellv. Vorsitzender der Fraktionsgemeinschaft Bündnis 90/Die Grünen

Mehr Gemeinsinn statt Egoismus

60 Frauen und Männer sitzen derzeit im Chemnitzer Stadtrat. Die meisten von ihnen kandidieren erneut. Im Falle einer Wiederwahl werden sie in den kommenden Jahren über notwendige Investitionen entscheiden müssen - in Bildungseinrichtungen, einen funktionierenden und bezahlbaren ÖPNV, aber auch in den Ausbau des Straßen- und Radwegenetzes. Keine leichte Aufgabe in Zeiten knapper Kassen.

Diese Herausforderungen gelte es nicht mit Angst und Sorge, sondern mit großer Entschlossenheit und gemeinsam anzugehen, sagt Volkmar Zschocke. Tino Fritzsche wünscht sich einen Stadtrat, der auch künftig so zusammengesetzt ist, dass eine konstruktive Zusammenarbeit möglich ist.

Wahlen - ein demokratisches Recht, aber auch eine Pflicht

Für Volker Dringenberg ist Kommunalpolitik dann erfolgreich, wenn Diskussionen sachlich und nicht parteipolitisch geführt werden. Es sei gerade auf kommunaler Ebene sehr bedauerlich, sagt er, wenn einige Fraktionen Anträge seiner Partei zwar gut und wichtig fänden, sie aber dennoch ablehnen würden, weil sie aus seiner Fraktion kämen.

Im Gang zur Wahlurne sieht Jacqueline Drechsler die wichtigste Voraussetzung für gute Kommunalpolitik. In einer Demokratie gäbe es ein Recht auf eine Wahl, gleichzeitig aber in gewisser Form auch eine Pflicht, so Drechsler. "Nichts ist schlimmer als von einer Minderheit nur noch die Legitimation zu erhalten, weil dann auch die Entscheidungen natürlich nicht diese Basis haben, die man eigentlich als Stadträtin und Stadtrat sich wünscht."

Wer in der nächsten Legislaturperiode die Geschicke von Chemnitz lenken wird, entscheiden die Wählerinnen und Wähler am 9. Juni.

Zahlen, Daten und Fakten zu Chemnitz Sitz des Stadtrats: Rathaus
Fläche: 220,8 km²
Einwohner gesamt: 251.485
Nicht-EU-Ausländer: 27.500 (10,94%)
Durchschnittsalter: 46,06
Arbeitslosenquote: 7,1
Pro-Kopf-Einkommen: 21.998 Euro

Quelle: Statistisches Landesamt / Stadt Chemnitz

Ergebnisse der Stadtratswahl 2019

MDR (cba)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 23. Mai 2024 | 19:00 Uhr

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