Kommunalwahl 2024 Vogtlandkreis wählt Kreistag - Herausforderungen werden größer
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28. Mai 2024, 12:06 Uhr
Nach den Wahlen zum Kreistag des Vogtlandkreises wird das Gremium neu zusammengesetzt sein. Eine Partei tritt nicht mehr an, drei bisher nicht im Kreistag vertretene Parteien beziehungsweise Wählervereinigungen wollen in den Kreistag einziehen. Ganz gleich, wie die politische Zusammensetzung des Gremiums nach der Wahl am 9. Juni aussieht - die finanzielle Situation des Landkreises lässt den Kreisräten wenig Spielräume.
In den zwölf Wahlkreisen des Vogtlandkreises haben sich 339 Kandidatinnen und Kandidaten für die 86 zu vergebenden Kreistagsmandate beworben. Neben den schon vertretenen Parteien wollen auch neue Kräfte mitmischen, die sich erstmals dem Wählervotum stellen. Doch ganz gleich, wen man fragt - alle Kreisräte plagt eine Frage: Wie kann man die klammen Kassen im Vogtlandkreis füllen?
Schließlich hatte Landrat Thomas Hennig (CDU) Anfang Mai eine Haushaltssperre verhängt. Dem Landkreis fehlen in den Haushaltsjahren 2023/2024 insgesamt 36,5 Millionen Euro, weil die Ausgaben bei Hilfen zur Pflege, Erziehung, Bürgergeld, Unterhaltsvorschuss sowie Ausgaben für Geflüchtete aus der Ukraine gestiegen sind.
CDU Fraktionschef Kießling: Brauchen dringend Unterstützung
Der Fraktionschef der CDU im Kreistag, Hennigs Parteifreund Dieter Kießling, kennt die Lage im Kreis gut: "Wir haben allein im Jahr 2023 etwa 25 Millionen Euro Minus geschrieben im Landkreis. Das kann so nicht weitergehen. Wenn man allein bedenkt, was wir für Pflege ausgeben, das sind zwei Millionen mehr."
Die Kosten für die Schülerbeförderung seien in diesem Jahr um drei Millionen Euro gestiegen. "Das kann nicht so weitergehen. Wir brauchen dringend Unterstützung für die gesamten Sozialleistungen, die mehr als 50 Prozent des Haushaltes ausmachen", fasst Kießling zusammen.
AfD-Chef Standke: Wir haben Ausgaben, die falsch laufen
Der Chef der AfD-Fraktion im Kreistag, René Standke, sieht dagegen Sparpotentiale bei den freiwilligen Ausgaben des Landkreises: "Wir haben Ausgaben, die definitiv falsch laufen. Wir haben zum Beispiel bei uns so eine Art Demokratiebüro, wo Leuten Demokratie gelehrt wird." Es gebe Leute, die das Geld dringender bräuchten.
"Ich glaube, die Sachsen - und vor allem die Vogtländer - kennen die Demokratie sehr genau." Es gebe Aktivitäten, die man hinterfragen und das Geld sinnvoller einsetzen müsse. "Aber es gibt auch Sachen, die man nicht ändern kann."
Fakt ist, solange die Haushaltssperre gilt, sind auch die Handlungsspielräume eines neu gewählten Kreistages so gut wie nicht vorhanden. Betroffen sind vor allem freiwillige Leistungen in den Bereichen Kultur und Sport.
Linken-Fraktionschef Ruß: Medizinische Versorgung verschlechtert
Das zweite große Problem, dass sich vor dem Kreistag auftürmt, ist ein medizinisches: die Krankenhäuser und niedergelassenen Ärzte. Schließlich ist der Landkreis mit seinen etwas mehr als 220.000 Einwohnern der mit der höchsten Altersstruktur in Sachsen. Ein Drittel der Einwohner ist älter als 65 Jahre - die medizinische Versorgung wird da immer wichtiger.
Die Schließung der Paracelsus-Klinik Reichenbach konnte der Landkreis nicht verhindern. Für Henry Ruß, den Fraktionsvorsitzenden der Linken im Kreistag, ist das ein Rückschritt. "Die Krankenhauslandschaft, wie sie jetzt ist, ist ein Rückschritt in der Versorgung der Bevölkerung. Das ist einfach so und in Reichenbach fehlt das Krankenhaus einfach."
Rettungsdienste seien länger unterwegs, die Notfallaufnahme fehle ebenfalls. "Ich kann nur hoffen, dass das, was jetzt noch da ist, zumindest Bestand hat. Ich hoffe, dass wir unser kreiseigenes Krankenhaus auch weiter fortführen können. Dazu gehört aber auch, dass man das Geld dort lässt für die notwendigen Investitionen."
SPD-Abgeordnete Pfeil: Schließung der Klinik stärkt die anderen Häuser
Juliane Pfeil von der SPD-Fraktion sieht im Wegfall des Reichenbacher Klinikstandortes eher eine Chance für den Landkreis. "In der unmittelbaren Umgebung haben wir Kliniken in Zwickau und auch Greiz, die auch vorher eher angefahren wurden als Reichenbach, was ja auch ein Problem war", gibt sie zu bedenken.
Sie ist der Meinung, dass die anderen Häuser durch zunehmende Spezialisierung gestärkt würden. Das größere Problem seien die Haus- und Fachärzte. "Der Landkreis hat da ein paar Möglichkeiten. Wir haben eine Gesundheitskoordinatorin, die das noch ein bisschen unterstützen kann. Das Land gibt auch viel, aber dafür muss der Landkreis auch aktiv werden."
Die neuen Kreisräte werden sich nach der Wahl mit weiteren Problemen beschäftigen müssen. ÖPNV, Kulturförderung, Jugendhilfe, Straßen- und Radwegebau - die Liste ist lang. Voraussetzung dafür ist, dass der Haushalt des Landkreises dafür überhaupt Spielräume lässt.
Zahlen, Daten und Fakten zum Landkreis Vogtland
• Sitz des Kreistags: Plauen
• Kommunen: 37 (davon 16 Städte und 21 Gemeinden)
• Fläche: 1.412,46 km²
• Einwohner gesamt: 222.666 (Stand: 2022)
• davon ausländische Staatsbürger: 9.360 (4,2 Prozent)
• Durchschnittsalter: 49,8
• Arbeitslosenquote: 6,0 Prozent (Stand April 2024)
• Pro-Kopf-Einkommen: 22.171 Euro
MDR (tfr)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 20. Mai 2024 | 19:00 Uhr