Osterwieck So lockt ein Hausarztzentrum junge Ärzte aufs Land
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27. August 2024, 12:55 Uhr
In Sachsen-Anhalt fehlen immer mehr Hausärzte. Laut Kassenärztlicher Vereinigung sind aktuell 244 Hausarztstellen unbesetzt – Tendenz steigend. Ein Drittel der Hausärzte ist außerdem über 60 Jahre alt. Das Hausarztzentrum Osterwieck versucht dagegen etwas zu tun und junge Ärzte in die Region zu locken.
- Im Hausarztzentrum Osterwieck können Medizinstudierende Praxisluft schnuppern.
- Der ländliche Raum ist auf den medizinischen Nachwuchs angewiesen.
- Das Hausarztzentrum Osterwieck hat noch freie Plätze für junge Ärztinnen und Ärzte.
Vorsichtig tastet Leon Seidel mit seinen Händen den Bauch einer Patientin ab. Sie hatte eine schwere Leberoperation und ist nun zur Nachsorge bei ihm. Dabei ist Leon nicht allein, sondern wird vom Allgemeinmediziner Rolf Reddemann beobachtet und angeleitet. Denn noch ist Leon kein Arzt. Der gebürtige Sachse studiert im dritten Semester Medizin an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.
Alltag von Landärzten schon im Studium erleben
Rolf Reddemann hat sich im neuen Hausarztzentrum Osterwieck niedergelassen. Er will die medizinische Versorgung im ländlichen Raum auch zukünftig sichern: "Wir bieten jungen Leuten die Möglichkeit, während ihres Medizinstudiums praktische Erfahrungen zu sammeln", sagt der Hausarzt. "Sie sollen den Alltag eines Landarztes erleben und selbst spüren. Im besten Fall sind sie danach so begeistert, dass sie sich nach ihrem Studium bei uns in Osterwieck als Hausarzt niederlassen", so Reddemann.
Wir bieten jungen Leuten die Möglichkeit, während ihres Medizinstudiums praktische Erfahrungen zu sammeln.
Student Leon Seidel assistiert nun bei der Drainage der Patientin. Dabei werden ihre Gallenwege freigespült. Er beobachtet die Patientin genau und hört seinem Mentor zu. Die Patientin lässt die Behandlung mit einem Lächeln über sich ergehen. Dass sie von einem Studenten behandelt wird, stört sie nicht. "Ganz im Gegenteil", sagt sie. "Der Nachwuchs muss doch eine Chance bekommen. Das ist ganz wichtig."
Landärzte haben viel Nähe zu Patienten
Neben den Sprechstunden fährt der Mediziner regelmäßig in die Dörfer. Diesmal führt der Weg über eine Schotterpiste ins scheinbare Nirgendwo. Ziel ist ein Gehöft weit außerhalb von Osterwieck.
"Das war einst das Vorwerk vom Rittergut in Rhoden", erzählt Ulrich Schröter, der hier seinen kranken Bruder Otto pflegt. Diesem Patienten gilt auch der Hausbesuch. Landarzt Rolf Reddemann erklärt seinem Studenten, dass Otto seit Kindheitstagen an Epilepsie leide: "Nach Leistenbruch und Hüft-OP müssen wir gucken, ob die künstliche Hüfte richtig sitzt."
Leon Seidel misst Puls und Blutdruck, dann wird noch ein wenig mit den Patienten geplaudert. "Das finde ich ganz wichtig. Gerade durch die Hausbesuche sehe ich, wie die Patienten leben. Das verschafft mir eine Nähe, die ich wahrscheinlich in einer großen Klinik niemals aufbauen könnte", sagt der Student.
Landarztquote allein ist nicht entscheidend
Medizinstudent Seidel hat sich über die sogenannte Landarztquote verpflichtet, sich nach einem erfolgreichen Studium für mindestens zehn Jahre als Allgemeinmediziner in der ländlichen Region niederzulassen. Die gewonnenen Erfahrungen beim Landarzt Reddemann helfen ihm dabei, diesen Weg tatsächlich einzuschlagen. "Die großen Kliniken oder Großstädte sind ohnehin nicht so mein Ding", sagt der Leipziger.
Sein Mentor Reddemann ist einen ähnlichen Weg gegangen. Der gebürtige Bremer hat ebenfalls in Halle Medizin studiert. "Und dann hat man mir in Osterwieck den roten Teppich ausgerollt", sagt er. Die Landschaft um den Harz und die Menschen machten für ihn das Leben als Landarzt lebenswert. Er ist deshalb überzeugt, dass die praktische Arbeit mit und für Studenten tatsächlich den Hausarzt von morgen in die ländliche Region locken könnte.
Hausarztzentrum Osterwieck hat Platz für weitere Ärzte
Bei Leon Seidel scheint das zu klappen. Auch dank des Umfelds im neuen Hausarztzentrum Osterwieck. "Ein tolles Team in der Gemeinschaftspraxis, wo man sich gegenseitig unterstützt", sagt der Medizinstudent. So zu arbeiten, wäre ganz nach seinem Geschmack. Laut Hausarzt Reddemann sind sogar noch Kapazitäten frei. Neben ihm hätten sich zwei Fachärzte hier niedergelassen. Für drei weitere Ärzte sei noch Platz.
In einem dieser noch freien Behandlungszimmer lehnt sich der junge Medizinstudent beim Probesitzen am Schreibtisch zurück und schwelgt über die Zukunft – vielleicht seine Zukunft als Landarzt in Osterwieck. Doch bis zum Abschluss seines Studiums sind es noch ein paar Jahre.
MDR (Swen Wudtke, Leonhard Eckwert)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT | 26. August 2024 | 06:30 Uhr
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