Ärztemangel Was die Förderung für Landärzte in Sachsen-Anhalt bringt
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07. Mai 2024, 05:00 Uhr
Sachsen-Anhalt wird in den nächsten Jahren weiter Haus- und Fachärzte verlieren. Etwa die Hälfte aller jetzt behandelnden Ärzte dürfte in den kommenden zehn Jahren in Rente gehen. Rund 1.800 Stellen müssten neu besetzt werden. Die größten Probleme gibt es schon jetzt auf dem Land, fast überall droht die Unterversorgung. Um einen zusätzlichen Anreiz zu bieten, haben Kassenärztliche Vereinigung und Krankenkassen einen neuen Fördertopf aufgelegt und locken mit insgesamt 2,5 Millionen Euro bis 2026.
- Die Kassenärzliche Vereinigung und die Krankenkassen wollen mit einem neuen Fördertopf mehr Ärzte aufs Land locken.
- Es mangelt vor allem an Haus-, Kinder- und Augenärzten, aber auch an Dermatologen.
- In der Politik ist man sich einig: Der Fördertopf kann nur ein Baustein von vielen sein.
Könnte man sich junge Mediziner für die Bedürfnisse im ländlichen Sachsen-Anhalt backen, dann käme vielleicht so jemand wie Ute Hilitzer heraus. Noch arbeitet sie als Ärztin in Weiterbildung in einer Praxis in Dessau – nach der letzten Prüfung im Sommer will sie sich 2025 als Hausärztin in Zerbst niederlassen. Anders als viele ihrer ehemaligen Studienkollegen. Über ihre Entscheidung fürs Land sagt sie: "Die stand von Anfang an fest, weil ich doch sehr dörflich wohne und auch schon frühzeitig durch meinen behinderten Bruder erkannt habe, wie schlecht die ärztliche Versorgung auf dem Land ist und weiter ausfallen wird."
Neuer Fördertopf mit 2,5 Millionen Euro
130 Haus- und Facharztstellen sind laut Berechnung der Kassenärztlichen Vereinigung – kurz KV – in Sachsen-Anhalt pro Jahr neu zu besetzen. Das gelingt außerhalb der großen Städte Magdeburg und Halle immer weniger. Je weiter weg von Ballungszentren, desto schwieriger wird es. Deshalb haben KV und Krankenkassen gemeinsam einen neuen Fördertopf aufgelegt: 2,5 Millionen Euro bis 2026 sind drin, jeweils bis maximal 80.000 Euro pro Mediziner sind möglich.
Ein Lockmittel, sagt KV-Vorstandschef Jörg Böhme. "Weil wir uns positive, kurzfristige Effekte erhoffen von denen, die Facharzt sind und bereit sind, sich als Hausärzte und Fachärzte dort niederzulassen, wo wir die größten Versorgungsprobleme haben. Es muss der Ort passen, das Fach passen – das, was dann tatsächlich gebraucht wird."
Gesucht werden vor allem Haus-, Kinder- und Augenärzte
Gebraucht wird ziemlich viel: "Es brennt bei den Augenärzten. Wir haben erhebliche Probleme bei den Kinderärzten. Wir fördern ja nicht nur die Niederlassung, sondern auch die Facharztweiterbildung – da gehören die Pädiatrie dazu, die Augenärzte, Dermatologen – also unsere großen Fächer, wo wir die großen Probleme haben. Hausärzte sowieso."
Für Hausärzte wie Ute Hilitzer wäre die Förderung eine enorme finanzielle Entlastung zum Start in die Praxis. Die Räumlichkeiten sind da, aber müssen umgebaut werden – das kostet. "Obwohl ich noch nicht weiß, ob ich durch den Zulassungsausschuss komme, es gibt immer Wagnisse." Wagnisse, die sich trotz aller Anfangssorgen auszahlen werden, davon ist die junge Ärztin überzeugt. Schon jetzt werde sie angesprochen, wann es denn nun losgehe mit ihrer Praxis. "Die warten auf mich. Das macht mich immer ganz demütig. Die warten, wann ich komme. Die Einzelnen, die sind sehr unterstützend."
Politikerinnen sehen Förderpaket als einen Baustein von vielen
Für Sachsen-Anhalts Sozialministerin Petra Grimm-Benne (SPD) ist das neue Förderpaket "ein weiterer Baustein, den wir benötigen, um Ärztinnen und Ärzte für unterversorgte Gebiete in unserem Land zu gewinnen." Als Ergänzung zur Landarztquote, zur Ausbildung im Ausland und auch zur Forderung nach einer Bevorzugung von Studienplätzen für Landeskinder. Weil die einfach weniger Sachsen-Anhalt verlassen.
Grundsätzlich sei jede Idee willkommen, sagt Susann Szyborra-Seidlitz. Für die Gesundheitsexpertin der Grünen im Landtag gelte die Einzelarztpraxis eher als ein weniger attraktives Modell. "Das heißt, die Idee, mit Geld und Förderung dieses System aufrechterhalten zu wollen, dass nur mit ausreichend Geld alles so wird, wie es mal war oder bleibt, wie es ist – davon müssen wir uns verabschieden." Aus Sicht von Nicole Anger, gesundheitspolitische Sprecherin der Linken, ist die Prämie ein guter Baustein, reicht angesichts des großen Bedarfs aber bei weitem nicht aus. Damit Mediziner sich auf das Arbeiten in der Region einlassen, braucht es aus ihrer Sicht das Gesamtpaket, also auch attraktive Lebensbedingungen in der Stadt und auf dem Land.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 07. Mai 2024 | 06:07 Uhr