Ein Arbeiter steht an einem Fließband, dass mit Kartons und einem Wecker gefüllt ist.
Die Zahl der Leiharbeiter ist besonders in der Logistik hoch. Bildrechte: MDR/MDR Data

Leiharbeit in Mitteldeutschland Warum Unternehmen immer weniger Zeitarbeiter einsetzen

31. Januar 2024, 13:34 Uhr

Immer weniger Beschäftigte in der Zeitarbeit – dieser Trend hält in Mitteldeutschland an. Vor allem durch die wirtschaftliche Situation setzen Unternehmen weniger Leiharbeiter ein. Für Arbeitnehmer ist Zeitarbeit häufig eine Möglichkeit, nach Arbeitslosigkeit wieder eine Anstellung zu finden. Einige nutzen aber auch die Flexibilität und wechseln zu einer Zeitarbeitsfirma.

Leonhard Eckwert
Bildrechte: Charlotte Anlauf

Immer weniger Beschäftigte in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen arbeiten in der Zeitarbeit. Im ersten Halbjahr 2023 ist die Zahl der Zeitarbeiter in Mitteldeutschland um rund fünf Prozent gesunken gegenüber dem Vorjahreszeitraum.

Damit setzt sich ein langfristiger Trend fort. Im Herbst 2017 gab es die meisten Beschäftigten in der Leiharbeit. Zuvor hatten immer mehr Menschen eine Beschäftigung in der Branche aufgenommen. Danach begann die Zahl der Zeitarbeiter zu sinken. Mit dem Beginn der Corona-Pandemie im Jahr 2020 erreichte die Zahl der Leiharbeiter deutschlandweit einen Tiefpunkt.

Nach dem Corona-Tief arbeiten besonders in Sachsen und Thüringen wieder mehr Menschen in der Zeitarbeit. Seit 2021 sinkt die Zahl der Beschäftigten in der Branche wieder. Vor allem in Sachsen-Anhalt haben viele die Zeitarbeit verlassen. Im Juni 2023 gab es dort weniger Leiharbeiter als zum vorigen Tiefpunkt im Jahr 2020.

Zeitarbeit und Leiharbeit Die Begriffe Zeitarbeit und Leiharbeit beschreiben dasselbe. Bei dieser Arbeitsform sind die Beschäftigten bei einer Zeitarbeitsfirma angestellt und werden flexibel an Betriebe verliehen. Dort arbeiten die Leiharbeiter für eine bestimmte Zeit – in der Regel für maximal 18 Monate. Arbeitgeber bleibt die Zeitarbeitsfirma, die auch das Gehalt auszahlt. Die Beschäftigten sind überwiegend unbefristet angestellt und sozialversichert. Der offizielle Begriff für Zeitarbeit lautet Arbeitnehmerüberlassung.

Die Zahl der Zeitarbeiter hängt stark von der wirtschaftlichen Lage ab. Firmen nutzen Zeitarbeit unter anderem, um Auftragsspitzen abzudecken, Ausfälle zu ersetzen oder um schnell an neuen Standorten produzieren zu können. Wenn Unternehmen mehr Produkte anbieten und verkaufen können, steigt die Zahl der Zeitarbeiter.

Schwache Wirtschaftslage bremst die Zeitarbeit

Das ifo Institut für Wirtschaftsforschung Dresden hat die voraussichtliche Wirtschaftsleistung Ostdeutschlands im Jahr 2023 berechnet. Das Bruttoinlandsprodukt bleibt demnach gegenüber dem Vorjahr unverändert. Für 2024 erwartet das Institut wieder ein leichtes Wachstum der ostdeutschen Wirtschaft.

Nach einem Bericht der Bundesagentur für Arbeit nutzen Firmen in Phasen des Aufschwungs verstärkt die Zeitarbeit als ein flexibles Instrument. In den vergangenen zwei Jahren haben unter anderem die Folgen des russischen Angriffskriegs in der Ukraine, die Lieferengpässe sowie Preiserhöhungen die Zeitarbeitsbranche beeinträchtigt.

Unabhängig davon orientiert sich die Nachfrage nach Zeitarbeit an der Saison. Im Winter und Frühjahr sind durchschnittlich weniger Leiharbeiter beschäftigt – insbesondere zwischen Januar und März. Im Sommer und Herbst steigt die Nachfrage nach Leiharbeitern und erreicht im September ihren Höhepunkt.

Nur wenige Beschäftigte in Zeitarbeit

In der Gesamtbetrachtung spielt die Zeitarbeit nur eine geringe Rolle auf dem Arbeitsmarkt. Im Juni 2023 waren in Sachsen-Anhalt rund zwei Prozent aller Beschäftigten in der Zeitarbeit tätig, in Sachsen 2,3 Prozent und in Thüringen drei Prozent. Der Anteil an Leiharbeitern am Arbeitsmarkt sinkt seit 2017 und lag vor einigen Jahren noch um ein bis zwei Prozentpunkte höher.

Leiharbeit ist in der Logistik besonders häufig

Zeitarbeiter werden nicht in allen Bereichen gleichmäßig eingesetzt. Fast die Hälfte aller Beschäftigten arbeitet in der Logistik und der Metallbearbeitung. Knapp ein Drittel aller Leiharbeiter in Mitteldeutschland arbeitet im Juni 2023 in der Lagerwirtschaft. Der Anteil der Lager- und Transportarbeiter ist in den vergangen Jahren gestiegen. In Sachsen-Anhalt und Thüringen arbeiten deutlich mehr Leiharbeiter in dieser Branche als im Durchschnitt Deutschlands.

Eine weiterere wichtige Branche ist die Metallbearbeitung. Rund 15 Prozent aller Leiharbeiter sind in diesem Bereich tätig. Weitere häufige Berufsfelder sind beispielsweise die Maschinen- und Fahrzeugtechnik und die Produktion von Kunststoffen. In beiden Bereichen wurde Zeitarbeit zuletzt weniger nachgefragt als noch vor einigen Jahren.

Im Berufsfeld Gesundheit und Soziales arbeiten viele Beschäftigte zum Beispiel in der Kranken- und Altenpflege. Der Anteil an allen Zeitarbeitern ist in diesem Bereich besonders stark gestiegen seit 2019. Rund 5,8 Prozent aller Leiharbeiter sind in diesem Bereich beschäftigt. In Thüringen arbeiten mit 2,6 Prozent vergleichsweise wenige Zeitarbeiter in diesem Bereich – in ganz Deutschland ist der Anteil fast viermal so hoch.

Aufgrund der Entwicklung im Gesundheitsbereich plant das Gesundheitsministerium unter Karl Lauterbach eine bundesweite Pflegereform. Demnach soll es Leiharbeitsfirmen erschwert werden, Personal aus Altenheimen abzuwerben und zu höheren Kosten zu verleihen.

Zeitarbeiter waren vorher mehrheitlich arbeitslos

Die meisten Menschen in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen waren arbeitslos, bevor sie eine Leiharbeit aufgenommen haben. Etwa zwei Drittel von ihnen konnten durch die Zeitarbeit wieder oder erstmals angestellt arbeiten. Der überwiegende Teil war maximal ein Jahr arbeitslos.

Rund 35 Prozent der Leiharbeiter wechselten direkt aus einer vorherigen Beschäftigung in die Zeitarbeit. Die meisten von ihnen waren zuvor sozialversichert angestellt.

Zeitarbeit ist in Deutschland in weiten Teilen ein Zugang für Menschen, die es generell schwerer haben, einen Arbeitsplatz zu finden. Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit ist der Anteil an Leiharbeitern ohne Berufsausbildung höher als bei allen Beschäftigten. Eine Mehrheit übt zudem Helfertätigkeiten aus. Zudem ist der Anteil von Menschen mit einer ausländischen Staatsangehörigkeit höher als bei den klassischen Beschäftigten.

MDR (Leonhard Eckwert)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 30. Januar 2024 | 12:10 Uhr

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