Strommarkt
Bei der Umsetzung der Strompreisbremse sehen Experten noch Hürden. Bildrechte: IMAGO/Panama Pictures

Strompreisbremse Experten warnen vor Verzerrung des Strommarktes

06. September 2022, 05:00 Uhr

Teil des dritten Entlastungspakets ist die Strompreisbremse. Dabei sollen Gewinne von Energieunternehmen abgeschöpft werden. Experten finden den politischen Eingriff in den Strommarkt grundsätzlich gut, warnen aber auch vor Risiken.

Raja Kraus, Autorin, Reporterin
Bildrechte: MDR/Isabel Theis

Strom – erzeugt mit Windenergie- und Photovoltaikanlagen: Den bietet die Naturstrom AG an. Doch für die Einspeisung ins Netz erhält der Stromanbieter jetzt viel mehr Geld als früher.

Sprecher Tim Loppe findet die geplante Strompreisbremse deshalb legitim, auch wenn sie das eigene Unternehmen betrifft: "Mit den Strompreisen, wie wir sie aktuell im Großhandel haben, hat ja noch vor einem Jahr niemand gerechnet. Die sind jenseits von Gut und Böse. Und da ist es nur richtig, dass hier die Bundesregierung über Wege nachdenkt, wie die Verbraucherinnen und Verbraucher entlastet werden können. Da sind die Erneuerbaren auch mit in der Pflicht."

Gaspreis führt Strommarkt derzeit an

Das Problem liegt im Strommarktsystem, wonach der teuerste Anbieter den Preis vorgibt, der dann für alle gilt, erklärt Thilo Schaefer. Er leitet das Kompetenzfeld Umwelt, Energie und Infrastruktur am Institut der deutschen Wirtschaft in Köln: "Dieses Strommarktsystem wurde deshalb ins Leben gerufen, um gerade den Erneuerbaren Energien zu verhelfen, sich am Markt durchsetzen zu können. Nun ist es aber inzwischen so, dass gerade die Erneuerbaren eigentlich sehr günstig anbieten – auf der einen Seite. Und eben auf der anderen Seite die Gasverstromung so teuer geworden ist. Das heißt, dieses System führt im Moment dazu, dass die Gaskraftwerke den Strompreis bestimmen."

Schaefer findet es deshalb richtig, dass die Bundesregierung die Rahmenbedingungen am Strommarkt nun anpassen will: "Aber dabei muss sie eben aufpassen, dass sie die Anreize am Strommarkt nicht verzerrt."

Experten warnen vor Marktverzerrung

Das ist auch Wolfram Axthelm wichtig. Er ist der Geschäftsführer des Bundesverbands Erneuerbare Energien: "Wir warnen vor allem davor, dass Maßnahmen ergriffen werden, die einen negativen Nebeneffekt haben, nämlich die Investitionsbereitschaft in den Zubau Erneuerbarer Energien zu blockieren – das darf nicht passieren."

Doch noch ist unklar, wie die Strompreisbremse genau ausgestaltet werden soll. Die Rede ist von einer Art "EEG-Umlage rückwärts" – statt einen Zusatzbeitrag für den Ausbau der Erneuerbaren zu erhalten, müsste dann ein Differenzbetrag zwischen Großhandelspreis und einer festgelegten Erlösobergrenze abgeführt werden.

Jurist: Umsetzung auf europäischer Ebene besser

Sebastian Schnurre, Anwalt für Energierecht, sagt: "Die Bundesregierung hat sich schon, glaube ich, den kompliziertesten Weg ausgesucht, wenn man es von der regulatorischen Umsetzung betrachtet. Weil der Weg über den EEG-Umlage-Mechanismus und das Festschreiben von einem Basisverbrauch für Privathaushalte ist in der Umsetzung, wenn man in die Vorschriften reinschaut, dermaßen kompliziert, dass man da als Jurist eine gewisse Skepsis haben muss."

Mindestens ein Jahr bräuchte es seiner Einschätzung nach, um die Strompreisbremse sauber und fehlerfrei umzusetzen. Er sieht verfassungs- sowie europarechtliche Risiken und rechnet mit Klagen.

Deshalb wünscht sich auch Tim Loppe von der Firma Naturstrom, dass die geplanten Maßnahmen möglichst auf europäischer Ebene umgesetzt werden und die Bundesregierung keine Schnellschüsse landet, "um hier auch keine unerwünschten Kollateralschäden zu produzieren."

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 06. September 2022 | 06:00 Uhr

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