Chemiepark Leuna mit der TotalEnergies Raffinerie Mitteldeutschland.
Der Chemiepark in Leuna, Sachsen-Anhalt, hat sich von der Krise erholt. Insgesamt geht es im Osten Deutschlands schneller bergauf als im Westen. (Archivbild) Bildrechte: IMAGO / mhphoto

Konjunktur Wirtschaft in Ostdeutschland wächst schneller als in Westdeutschland

02. Juli 2024, 06:41 Uhr

Die Wirtschaft im Osten erholt sich schneller von der Krise als im Westen. Dafür gibt es mehrere Gründe, etwa die Abhängigkeit Westdeutschlands von Exporten und jüngste Investitionen im Osten. Dennoch geht die meiste Wirtschaftskraft von urbanen Regionen aus. Und davon liegen die meisten im Westen.

Oft gilt die ostdeutsche Wirtschaft als Sorgenkind. Doch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sagte der Funke-Mediengruppe kürzlich in einem Interview : "Das Wirtschaftswachstum kommt langsam aus der Krise – gezogen derzeit vom Osten". Namentlich nennt Habeck Entwicklungen in der Lausitz, in Schwedt – und in Leuna.

Ausgestanden ist die Wirtschaftskrise nicht, aber es läuft wieder besser im Chemiepark Leuna. Manager Christof Günther sagt, die Chemieanlagen seien wieder zu achtzig Prozent ausgelastet. Und dann freue er sich über milliardenschwere Investitionen.

Das finnische Unternehmen UPM werde dieses Jahr zum Beispiel eine Bioraffinerie im Chemiepark fertigstellen. Insofern, sagt Günther, nehme er Habecks Aussage als Kompliment: "Also ich freue mich, dass wir diese Wahrnehmung in Deutschland haben, dass unser Standort auch so eine wichtige Rolle spielt." Gerade in der Chemie seien in den zurückliegenden Krisenmonaten und -jahren die Einbrüche besonders stark gewesen. "Und die Erholung, die wir jetzt sehen seit dem dritten Quartal letzten Jahres macht sich da natürlich besonders stark bemerkbar."

Ostdeutsche Wirtschaft kam besser durch die Wirtschaftskrise

Die Erholung in Leuna ist also da. Doch kann man sagen, dass der gesamte Osten schneller aus der Krise kommt als der Westen?

Oliver Holtemöller ist Konjunkturexperte am Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle. Er sagt, tatsächlich sei der Osten in die Krise gar nicht so tief reingerutscht. Die gesamtdeutsche Wirtschaft sei vergangenes Jahr um 0,3 Prozent geschrumpft. Doch die ostdeutsche sei um 0,7 Prozent gewachsen. "Aus konjunktureller Perspektive ist es tatsächlich so, dass in den vergangenen ein bis zwei Jahren die ostdeutsche Wirtschaft besser dastand als die westdeutsche."

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Gründe für das Wirtschaftswachstum in Ostdeutschland

Holtemöller nennt dafür mehrere Gründe. Zum einen habe die Krise den Osten weniger getroffen, weil der Osten weniger von Exporten ins Ausland abhängig sei. Zum anderen gebe es Sondereffekte. Rentenerhöhung und gestiegener Mindestlohn hätten die Kaufkraft erhöht.

Und dann, ergänzt Robert Lehmann vom ifo Institut Dresden, habe es im Osten einige Großinvestitionen gegeben, die in die Wachstumszahlen eingeflossen seien. "Wenn man eben an Tesla denkt in Brandenburg, die hatten natürlich ein sehr kräftiges Wachstum vor allem im verarbeitenden Gewerbe." Außerdem habe es in in Mecklenburg-Vorpommern einen Sondereffekt gegeben, weil dort das neue LNG-Terminal ausgebaut und ans Netz genommen worden sei. Auch Werften hätten im Zuge des Sondervermögens mehr Rüstungsaufträge bekommen.

Wirschaftsforscher: Osten kein Zugpferd für gesamtdeutsche Wirtschaft

Lehmann sagt, unter ostdeutschen Unternehmern sei auch die Stimmung besser als unter westdeutschen. Das zeigten die Zahlen im Geschäftsklimaindex.

Gleichwohl, ergänzt Holtemöller, werde der Osten den Westen nicht aus der Krise ziehen. Wirtschaftswachstum gehe überwiegend von urbanen Räumen aus. Da habe der Westen mit dem Ruhrgebiet, München, Hamburg und Frankfurt am Main mehr Möglichkeiten. "Das heißt, es nicht zu erwarten, dass der Osten Deutschlands auf einmal das ökonomische Powerhouse insgesamt wird. Sondern man muss sich einzelne Regionen kleinteiliger anschauen. Und da haben wir mit den Industrieansiedlungen schon die Erwartung, dass dort, wo es jetzt zu neuen Industrieansiedlungen kommt, auch die Wirtschaftskraft etwas stärker zunimmt." Ein Zugpferd für Westdeutschland werde das aber nicht sein.

Zum Zugpferd fehlen dem Osten auf lange Sicht auch Arbeitskräfte. Die Bevölkerung ist älter, die Zuwanderung von Fachkräften geringer als im Westen. Gleichwohl zeigt der Osten derzeit seine Möglichkeiten. Für dieses Jahr prognostizieren die Wirtschaftsforscher aus Halle für ganz Deutschland ein Wachstum von 0,3 Prozent. Für Ostdeutschland sagen sie das Doppelte voraus.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | MDR AKTUELL RADIO | 02. Juli 2024 | 06:05 Uhr

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