Braunkohle Lützerath: Räumung bis auf Tunnel abgeschlossen

15. Januar 2023, 21:55 Uhr

Im Protestcamp in Lützerath harren nur noch zwei Aktivisten aus. 70 Einsatzkräfte wurden nach Polizeiangaben verletzt, die Aktivisten werfen der Polizei gewaltsames Vorgehen vor. Unterdessen warnt Sachsens Umweltminister Günther davor, Lützerath mit dem sächsischen Dorf Mühlrose im Lausitzer Braunkohlerevier zu vergleichen.

Die Räumung des Protestdorfes Lützerath am rheinischen Braunkohletagebau ist nach Angaben der Polizei bis auf zwei in einem Tunnel ausharrende Aktivisten abgeschlossen. "Es befinden sich keine weiteren Aktivisten in der Ortslage Lützerath", teilte die Polizei am Sonntag mit. Bereits bis Freitag seien die Gebäude geräumt worden, nunmehr auch die insgesamt 35 "Baumstrukturen" sowie knapp 30 Holzkonstruktionen. Die Bergung der Aktivisten im Tunnel übernimmt nun die Werksfeuerwehr von RWE.

Polizei meldet 70 verletzte Polizisten in Lützerath

Nach Angaben der Polizei vom Sonntag wurden bei der Räumung insgesamt mehr als 70 Polizisten verletzt. Die meisten davon seien am Samstag bei den Protestaktionen der Kohle-Gegner verletzt worden, sagte ein Polizeisprecher. Die Verletzungen gingen aber nur zum Teil auf Gewalt durch Demonstranten zurück. Teilweise seien die Beamten zum Beispiel auch im schlammigen Boden umgeknickt. Auch Demonstranten seien verletzt worden. Wie viele es seien, wisse man nicht. In der Nacht sei es zu keinen weiteren Auseinandersetzungen gekommen.

Seit Beginn der Räumung von Lützerath am Mittwoch seien etwa 150 Strafverfahren etwa wegen Widerstands gegen Polizeibeamte, Körperverletzung und Landfriedensbruchs eingeleitet worden. Eine Sprecherin der Aktivistengruppe "Lützerath lebt" erhob am Sonntag schwere Vorwürfe gegen die Polizei. Bei der Demo am Samstag habe es "ein unglaubliches Maß an Polizeigewalt" gegeben, sagte sie. Eine Person aus den Reihen der Demonstranten sei in lebensbedrohlichem Zustand ins Krankenhaus gebracht worden. Das Vorgehen bei der Räumung von Lützerath selbst sei rabiat und rücksichtslos. Die Polizei weist diesen Vorwurf zurück und versichert, mit äußerster Vorsicht vorzugehen.

Sanitäterin: Zahl der Schwerverletzten hoch

In einer Pressekonferenz zogen einige der Anhänger von "Lützerath lebt" am Sonntag ein Zwischenfazit. Eine ehemalige Bewohnerin des Dorfes berichtete, die Polizei habe mit "brutaler und gefährlicher Gewalt" die Interessen von RWE durchgesetzt. Eine der Sanitäterinnen, Iza Hoffmann, teilte mit, dass es eine hohe zwei- bis dreistellige Zahl an Schwerverletzten gebe – darunter eine lebensgefährlich verletzte Person. Die Polizei teilte mit, ihr sei von lebensgefährlich verletzten Demonstranten nichts bekannt.

Außerdem wurden auf der Pressekonferenz der Aktivisten weitere Protestaktionen angekündigt. Dabei verweisen die Aktivisten nochmal auf die Einschätzung von hunderten Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen, die ein Moratorium für Lützerath fordern.

Bei der Demonstration am Samstag hatten Protestierende versucht, in das Abbaugebiet Garzweiler II zu gelangen. Kurzfristig wurden Wasserwerfer eingesetzt, um die Demonstranten zu stoppen. Der Polizeisprecher korrigierte am Sonntag Angaben zur Zahl der Gegner des Braunkohle-Abbaus. Demnach hatten sich rund 15.000 Menschen an den überwiegend Protesten beteiligt. In früheren Angaben war von rund 6.000 die Rede.

Sachsens Umweltminister: Mühlrose ist nicht Lützerath

Unterdessen hat Sachsens grüner Umweltminister Wolfram Günther eine Entwicklung wie in Lützerath für das Dorf Mühlrose im Lausitzer Braunkohlerevier ausgeschlossen. "Die Situation in der Lausitz ist eine grundsätzlich andere", sagte er am Sonntag der Deutschen Presse-Agentur. Für eine Abbaggerung dort gebe es keine Genehmigung, "und für eine Genehmigung keinerlei Automatismus". Für Mühlrose wurde 2019 ein Umsiedlungsvertrag unterschrieben, die meisten Bewohner haben das Dorf bereits verlassen.

Reuters,AFP,dpa(amu,jan)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | MDR AKTUELL RADIO | 15. Januar 2023 | 06:00 Uhr

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