Insolvenz Galeria Karstadt Kaufhof schließt Filiale in Chemnitz
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27. April 2024, 22:52 Uhr
Galeria Karstadt Kaufhof hat verkündet, 16 seiner 92 Filialen zu schließen. Davon betroffen sind mehrere Warenhäuser in den ostdeutschen Bundesländern, darunter Chemnitz.
- Galeria Karstadt Kaufhof schließt 16 seiner 92 Filialen, darunter die in Chemnitz.
- 1.400 Menschen verlieren dadurch ihren Arbeitsplatz.
- Online-Stellenportal Indeed sieht gute Jobaussichten für gekündigte Mitarbeiter in den Filialen.
- Scharfe Kritik an neuerlichen Filialschließungen unter anderem von Verdi.
Deutschlands letzter großer Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof schließt zum 31. August 16 seiner 92 Filialen. Davon betroffen ist auch die Filiale in Chemnitz. Das gab Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus am Samstag bekannt. Das sind alle betroffenen Warenhäuser:
- Augsburg
- Berlin Tempelhof
- Berlin Ringcenter
- Berlin Spandau
- Chemnitz
- Essen
- Köln (Breite Straße)
- Leonberg
- Mainz
- Mannheim
- Oldenburg
- Potsdam
- Regensburg (Neupfarrplatz)
- Trier (Fleischstraße)
- Würzburg
- Wesel
120 Mitarbeiter verlieren Job in Chemnitz
Von den rund 12.800 Menschen, die das Unternehmen beschäftigt, sollen dem Insolvenzverwalter zufolge 11.400 ihren Job behalten. 1.400 werden demnach gehen müssen. Denkhaus hatte bereits angekündigt, dass in der Konzernzentrale in Essen die Hälfte der dortigen 900 Arbeitsplätze abgebaut werden soll.
Mit der Schließung der Filiale in Chemnitz verlieren 120 Mitarbeiter ihren Job. Nach Angaben von Galeria wurden mit dem Gesamtbetriebsrat aber bereits am Freitag ein Interessenausgleich und Sozialplan geschlossen.
Die vier anderen mitteldeutschen Standorte in Dresden, Leipzig, Erfurt und Magdeburg sollen erhalten bleiben. Die Filialleiterin des Magdeburger Kaufhauses, Corinna Pugh-Gehrke, sagte am Mittag MDR Sachsen-Anhalt, die Entscheidung habe für große Erleichterung in der Belegschaft gesorgt. Einen Stellenabbau soll es in Magdeburg nicht geben, auch die Markthalle und das Restaurant sollen weiter geöffnet bleiben. Dennoch plane man weiter die eigene Fläche zu verkleinern und suche weitere Mieter für die Immobilie in der Magdeburger Innenstadt.
Das, was die Beschäftigten auszuhalten haben, geht weit über das Maß des Erträglichen hinaus
Gute Jobaussichen für gekündigte Mitarbeiter
Das Online-Stellenportal Indeed schätzt die Jobaussichten für gekündigte Mitarbeiter gut ein. Die betroffenen Angestellten aus dem Einzelhandel dürften voraussichtlich schnell einen neuen Job finden, denn die Nachfrage nach Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen aus dieser Berufsgruppe sei aktuell trotz der schwierigen wirtschaftlichen Lage Deutschlands vergleichsweise hoch", sagte Arbeitsmarktexpertin Annina Hering von Indeed.
Ähnlich sieht das der Handelsverband Berlin-Brandenburg. "Es gibt einen derartigen Bedarf im Einzelhandel, dass die Beschäftigten sofort unterkommen können", sagte Hauptgeschäftsführer Nils Busch-Petersen der dpa.
Für die 450 Mitarbeiter, die ihren Job in der Konzernzentrale in Essen verlieren sollen, sind die Aussichten nach Worten von Arbeitsmarktexpertin Hering jedoch nicht so gut. Der Markt für Bürojobs sei zuletzt zurückgegangen.
Scharfe Kritik von Verdi
Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi hat die erneuten Schließungspläne bei Galeria Karstadt Kaufhof scharf kritisiert. Jeder Standort, der geschlossen wird, führe zu einer weiteren Verödung der Innenstädte, sagte Silke Zimmer, für den Handel zuständiges Verdi-Bundesvorstandsmitglied. Das, was die Beschäftigten auszuhalten hätten, gehe weit über das Maß des Erträglichen hinaus: "Tausende Beschäftigte haben die letzten Jahre auf erhebliche Gehaltsbestandteile verzichtet, um den Konzern zu retten. Sie haben es verdient, endlich Sicherheit für ihren Arbeitsplatz zu erhalten." Gemeinsam mit den Beschäftigten müsse jetzt ein tragfähiges Zukunftskonzept entwickelt werden – mit dem neuen Eigentümer, der in das Unternehmen investieren müsse, forderte Zimmer.
Handelsexperten sehen Schließungen skeptisch
Für Handelsexperten sind die Probleme beim Handelskonzern damit noch lange nicht vorbei. Johannes Berentzen, Experte von der Handelsberatungsfirma BBE, sagte, mit der Schließung der 16 Häuser seien die großen Herausforderungen der verbleibenden Häuser und des Galeria-Geschäftsmodells nicht gelöst. Es gehe um mehr Unternehmertum vor Ort, Investitionen in die Fläche, in Personal und in die Verknüpfung von Online- und Offlinewelt.
Handelsexperte Carsten Kortum sieht in der Schließung weiterer Häuser noch keinen "Befreiungsschlag" für den Handelskonzern. "Hier könnten aufgrund dieser kurzfristigen Profitabilitätsdenke mittelfristige Potenziale ungenutzt bleiben", sagte der Wirtschaftsprofessor an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg Heilbronn. Bei Galeria gebe es einen Investitionsstau, da durch überhöhte Mieten Finanzmittel entzogen worden seien. Bisher sehe es insgesamt eher nach einer Fortführung bisheriger Konzepte aus. Die Wende könne aber nur geschafft werden mit Investitionen in die Filialen und einem langfristig ausgerichteten Engagement, nicht mit kurzfristigem Renditedenken.
Drittes Insolvenzverfahren in drei Jahren
Der Warenhauskonzern hatte Anfang Januar einen Insolvenzantrag gestellt. Es ist die dritte Insolvenz innerhalb von dreieinhalb Jahren. Als Grund für die schwierige Lage nannte Galeria-Chef Olivier Van den Bossche damals unter anderem die Insolvenzen der Signa-Gruppe des bisherigen Eigentümers Rene Benko. Deren Schieflage hatte unmittelbare Auswirkungen: Finanzmittel für die Sanierung der Warenhauskette waren nicht mehr geflossen.
Galeria-Chef Oliver Van den Bossche und Insolvenzverwalter Denkhaus gaben im Januar die Suche nach einem neuen Eigentümer und den Erhalt von Galeria als Ziele aus. Das Unternehmen verhandelte daraufhin nach eigenen Angaben mit mehreren potenziellen Investoren. Seit Anfang April ist bekannt, dass ein Konsortium aus der US-Investmentgesellschaft NRDC und der Gesellschaft BB Kapital SA des Unternehmers Bernd Beetz die Kaufhauskette übernehmen will.
Denkhaus will bis Ende April den Insolvenzplan für den Eigentümerwechsel vorlegen. Die Gläubiger kommen am 28. Mai in der Messe Essen zusammen, um darüber abzustimmen. Rechtskräftig ist der Plan erst, wenn die Gläubigerversammlung ihn annimmt und dieser anschließend vom Gericht erneut bestätigt wird. Bis Ende Juli will Denkhaus das Unternehmen an die neuen Eigner übergeben.
dpa (jst/kar)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 27. April 2024 | 10:30 Uhr