Elektrolysemonitor Deutschland wird Elektrolyseziele 2030 knapp verfehlen
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08. September 2023, 10:25 Uhr
Die Deutsche Akademie der Technikwissenschaften und die DECHEMA Gesellschaft für Chemische Technik und Biotechnologie haben einen Elektrolysemonitor für Deutschland entwickelt. Er umfasst öffentlich zugängliche Daten zu Elektrolyseur-Projekten in Deutschland. Sie zeigen schon jetzt: das Elektrolyse-Ausbauziel von 10 Gigawatt im Jahr 2030 wird nach aktuellem Stand verfehlt.
- Neuer Elektrolyse-Monitor für Deutschland zeigt: Wasserstoff-Ausbauziele für 2030 werden knapp verfehlt.
- Im mitteldeutschen Vergleich ist Sachsen-Anhalt am weitesten.
- Der Elektrolysemonitor ist Teil des Wasserstoffkompasses, der der Bunderegierung bei ihrer Technologie- und Innovationsroadmap helfen soll.
Deutschland wird seine selbst gesteckten Ziele zur Wasserstoff-Herstellung im Jahr 2030 nach aktuellem Stand verfehlen. Das geht aus dem Elektrolysemonitor der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften und der DECHEMA Gesellschaft für Chemische Technik und Biotechnologie hervor, der MDR AKTUELL exklusiv vorliegt. Er wird am Freitag erstmals der breiten Öffentlichkeit präsentiert.
Voraussichtlich rund 9 Gigawatt Elektrolyseleistung 2030
Der Monitor erfasst nach Angaben von Projektleiterin Andrea Lübcke die Daten öffentlich angekündigter Projekte und kommt damit für das Jahr 2030 auf eine installierte Leistung von 8,8 Gigawatt. Das sind 1,2 Gigawatt weniger als von der Bundesregierung in der nationalen Wasserstoffstrategie geplant. Diese Leistung kann in Zukunft steigen, wenn weitere Projekte hinzukommen. Sie wird Lübcke zufolge aber nur erreicht, wenn alle erfassten Projekte wie geplant umgesetzt werden.
"Das Ziel ist anspruchsvoll, es ist ambitioniert, aber es gibt keinen Grund zur Panik", sagt Lübcke. Sollte sich abzeichnen, dass Elektrolyse-Vorhaben scheitern, dann könne die Bundesregierung gegensteuern und die Rahmenbedingungen anpassen.
im Idealfall könnte die Kapazität bis 2035 bereits auf 23,4 GW Elektrolysekapazität springen. Derzeit ist Deutschland aber weit von einer solchen Leistung entfernt. Waren Statistiken zufolge im Jahr 2022 noch 57 Megawatt installiert, so ist diese Leistung dem Monitor zufolge in diesem Jahr auf 79,8 Megawatt gestiegen.
Sachsen-Anhalt hat die Nase vorn bei der Wasserstoff-Elektrolyse
Im mitteldeutschen Vergleich ist Sachsen-Anhalt am weitesten bei der Wasserstoffproduktion, das belegen auch die Daten des Elektrolysemonitors. Danach ist in Sachsen-Anhalt bislang 1 Megawatt Elektrolyseleistung installiert, 24 Megawatt in Leuna warten weiter auf die Inbetriebnahme. Dort, im mitteldeutschen Chemiedreieck, liegt auch seit vielen Jahren die zweitgrößte Wasserstoffleitung in der Bundesrepublik. In Thüringen sind 0,69 Megawatt installiert und in Sachsen noch nichts. Dort sind 12 Megawatt in Görlitz in Planung, aber nicht in Betrieb. Bundesweit haben Nordrhein-Westfalen mit 14,7 Megawatt, Schleswig-Holstein mit 11,9 Megawatt und Hamburg mit 10,7 Megawatt die Nase vorn.
Bis 2030 wird voraussichtlich Sachsen-Anhalt mit unter die Top-Ten wandern, dann könnten dort nach aktuellem Datenstand des Monitors 156 Megawatt installiert sein, in Sachsen 139,3 Megawatt und in Thüringen 40,7 Megawatt. Zum Vergleich: Niedersachsen weist für 2030 eine geplante Elektrolyseleistung von 3.042 Megawatt auf.
Elektrolyseur
So werden Geräte bezeichnet, in denen eine Elektrolyse stattfindet, mit der Wasserstoff hergestellt wird. Im Prinzip sind das zwei Elektroden, die von einem Separator räumlich getrennt werden. Um die Wasserstoffausbeute zu vergrößern, werden sehr viele kleine Elektrolysezellen zusammengepackt.
Elektrolyse
Das Gas Wasserstoff kommt auf der Erde nur in gebundener Form vor: Etwa in Wasser, in Methan, in Erdöl oder in vielen Mineralen. Aus der Verbindung mit anderen Stoffen kann Wasserstoff zum Beispiel mit einer Elektrolyse herausgelöst werden. Dabei spaltet elektrischer Strom die Verbindungen in ihre Elemente auf. Bei der Elektrolyse von reinem Wasser entstehen an den beiden Elektroden jeweils Wasserstoff- und Sauerstoffmoleküle.
Elektrolysemonitor "nur" Nebenprodukt
Der Elektrolysemonitor ist Lübcke zufolge ein Produkt des Wasserstoffkompass-Projektes, das eine Grundlage für die Entwicklung einer nationalen Technologie- und Innovationsroadmap Wasserstoff erarbeitet. "Der entscheidende Mehrwert ist, dass man einen Überblick behält: Wie läuft der Wasserstoffhochlauf, gerät er ins Stocken?" Sobald sich abzeichne, dass Projekte stockten, "dann muss man nachsteuern, ist es die Zeit, wo Stellschrauben gedreht werden müssen." Die Veröffentlichung des Monitors betrachtet sie als Startpunkt, von dem man loslaufen und das beobachten kann.
Bis zu zwei Drittel des Bedarfs wird importiert werden müssen
Ohnehin lässt sich der Wasserstoffbedarf Deutschlands und Europas nicht aus eigener Kraft decken. Mit den in der nationalen Wasserstoffstrategie angepeilten zehn Gigawatt bis 2030 lässt sich Lübckes Rechnung zufolge Energie im Umfang von 28 Terawattstunden produzieren. Das ist weit entfernt vom Bedarf, den die Bundesregierung mit 95 bis 130 Terawattstunden angibt.
"Wir rechnen damit, dass mindestens die Hälfte bis zwei Drittel des Wasserstoffs importiert werden muss, auch langfristig", sagt Lübcke. Dies sei auch wirtschaftlich sinnvoll. "Anders als fossile Energieträger ermöglicht Wasserstoff jedoch eine Diversifizierung von Lieferländern, so dass eine Abhängigkeit von wenigen Lieferregionen vermieden werden kann."
Kommende Woche befassen sich auf dem Ostdeutschen Energieforum Vertreter aus Politik, Wirtschaft, Kommunen und Organisationen ebenfalls mit dem Thema. Im Zentrum des diesjährigen Treffens steht die Frage, ob und wie der Ausbau der Erneuerbaren Energien und der entsprechenden Infrastruktur beschleunigt werden kann.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | MDR AKTUELL RADIO | 08. September 2023 | 09:00 Uhr