Interview DIW-Präsident: Sorgen um Lage der deutschen Wirtschaft übertrieben

01. September 2023, 18:46 Uhr

Der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Marcel Fratzscher, hält die wirtschaftlichen Sorgen der Deutschen nur für teilweise berechtigt.

Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Marcel Fratzscher, hält die Sorgen vieler Menschen in Deutschland vor einem wirtschaftlichen Abstieg nur für teilweise berechtigt.

Fratzscher sagte bei MDR AKTUELL, Deutschland stehe zwar wirtschaftlich gesehen an einem Wendepunkt. Viele Unternehmen seien nicht zukunftsfähig. Andererseits hätten gerade große Industriekonzerne in den vergangenen Jahren riesige Gewinne eingefahren und auf dem Arbeitsmarkt gebe es maximale Beschäftigung.

"Schwarzmalerei" hilft uns nicht

Der Ökonom warnte davor, die Lage schlechtzureden. Wirtschaft sei viel Psychologie. Wenn Unternehmen und Bürger kein Vertrauen hätten, dass die Zukunft positiv sei, scheuten sie nötige Investitionen. Und dann werde auch die wirtschaftliche Zukunft schlecht sein.

Bundesregierung für schlechte Stimmung mitverantwortlich

DIW-Chef Fratzscher macht die Ampel-Koalition mitverantwortlich für die schlechte Stimmung in Deutschland. Die Regierung kommuniziere schlecht und nehme die verletzlichsten Menschen in unserer Gesellschaft nicht ausreichend mit.

Die Politik ist selber Quelle dieser Unsicherheit und Ängste, weil sie schlecht kommuniziert und die Menschen nicht mitnimmt.

DIW-Chef Marcel Fratzscher

Fratzscher mahnte, die Pandemie und jetzt die Energie- und Wirtschaftskrise verschärften die sozialen Ungleichheiten in Deutschland nochmal massiv. Die Politik habe bislang viel Geld verteilt, allerdings per Gießkanne – auch bei der Gas- und Strompreisbremse. Dabei seien die Menschen mit geringen Einkommen zu kurz gekommen, dabei litten sie am stärksten unter der hohen Inflation. Kernproblem der Bundesregierung sei die fehlende klare Agenda.

Nach einer Allensbach-Umfrage im Auftrag der Union glaubt die Hälfte der Deutschen, dass die Bundesrepublik in zehn bis 15 Jahren nicht mehr zu den führenden Wirtschaftsnationen gehört.

MDR AKTUELL (ans)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 01. September 2023 | 16:30 Uhr

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