Ampel-Kompromiss 2,4 Milliarden Euro für Kindergrundsicherung

28. August 2023, 18:53 Uhr

Die Bundesregierung hat die Eckpunkte zur Kindergrundsicherung vorgestellt. Im ersten Jahr sind dafür 2,4 Milliarden Euro eingeplant. Zuvor hatte es einen monatelangen Streit zwischen Finanzminister Christian Lindner (FDP) und Familienministerin Lisa Paus (Grüne) gegeben. Im Zuge dessen war auch die Verabschiedung des Wachstumschancengesetzes fürs Erste gestoppt worden. Kritik an den Eckpunkten der Kindergrundsicherung gibt es unter anderem vom Paritätischen Wohlfahrtsverband.

Nach monatelangem Streit hat die Ampel-Regierung eine Einigung zur Kindergrundsicherung erzielt und sich auf Eckpunkte geeinigt. Das teilten Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne), Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) und Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) am Montag bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit.

Im ersten Jahr ab 2025 sind demnach 2,4 Milliarden Euro für die Kindergrundsicherung eingeplant. Mit der Grundsicherung sollen Leistungen für Familien wie das Kindergeld, der Kinderzuschlag und weitere Leistungen aus dem Bürgergeld für Kinder zusammengefasst werden.

Zusatzbeiträge geplant

Ein Garantiebetrag – das bisherige Kindergeld – soll nach den Plänen für alle Familien gezahlt werden. Darüber hinaus sind nach Alter der Kinder und Einkommen der Eltern gestaffelte Zusatzbeiträge geplant. Davon könnten besonders auch Alleinerziehende und Familien, die Bürgergeld beziehen, profitieren. Paus sagte auf der Pressekonferenz, die Kindergrundsicherung sei die zentrale Antwort, um Kinderarmut wirksam zu bekämpfen. Für Kinder bringe sie einfach zugängliche Leistungen und schaffe mehr Gerechtigkeit.

Die Eckpunkte der Kindergrundsicherung hatten Paus und Lindner am Sonntagabend nach stundenlangen Verhandlungen bei einem Spitzentreffen mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) vereinbart.

Kritik von Verbänden und Armutsforschern

Der Paritätische Wohlfahrtsverband kritisierte den Kompromiss zur Kindergrundsicherung als völlig unzureichend. Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider sagte MDR AKTUELL, Familienministerin Lisa Paus sei mit zwölf Milliarden Euro angetreten und jetzt bei 2,4 Milliarden Euro gelandet. Man müsse schon Grüner sein, um das als Erfolg zu bewerten. Zudem sei das Geld erst für 2025 vorgesehen. Bis dahin werden nach Schneiders Worten allein die Preissteigerungen und Verwaltungskosten die zusätzlichen Ausgaben aufzehren. Unter dem Strich bedeuteten die 2,4 Milliarden Euro keine wirklichen Leistungsverbesserungen für arme Familien.

Die Präsidentin des Kinderschutzbunds, Sabine Andresen, nannte die Eckpunkte der Kindergrundsicherung "mutlos". Der Vorschlag sei enttäuschend. Er schaffe nicht den erhofften Beitrag zur Bekämpfung der Kinderarmut. Der Verband begrüßte jedoch, dass der Anspruch für den Kinderzuschlag für erwerbstätige Eltern automatisiert geprüft werden soll. Ein gutes Signal sei auch, dass die schwierige Situation von Alleinerziehenden in den Fokus genommen werde.

Auch das Deutsche Kinderhilfswerk zeigte sich enttäuscht. Präsident Thomas Kürger sagte dazu: "Die Kindergrundsicherung ist (...) nach jetzigem Planungsstand nicht der erhoffte große Wurf, der die Kinderarmut in Deutschland umfassend und nachhaltig beseitigt".

Christoph Butterwegge
Armutsforscher Christoph Butterwegge. Bildrechte: IMAGO / epd

Der Armutsforscher Christoph Butterwegge ist nach eigener Aussage "entsetzt". Die Ampel-Koalition stecke 100 Milliarden Euro in die Rüstung und zahle einem US-Konzern zehn Milliarden Euro für den Bau einer Chip-Fabrik, aber für arme Familien habe sie gerade einmal 2,4 Milliarden Euro übrig. Das sei "ein riesiger Skandal", sagte Butterwege. Wenn die Kindergrundsicherung bloß ein paar kindbezogene Leistungen des Staats zusammenführe, die bisher separat beantragt werden müssten, sich teilweise überschnitten und einzeln ausgezahlt würden, bringe die Reform für die meisten armen Familien keine finanzielle Verbesserung.

Paus blockierte Wachstumschancengesetz

Paus und Lindner hatten seit Monaten über die Höhe der Mittel für die Kindergrundsicherung diskutiert. Lindner wollte zwei Milliarden Euro pro Jahr ausgeben, Paus hatte ihrerseits ursprünglich zehn bis zwölf Milliarden verlangt. Nach Medienberichten kalkulierte sie zuletzt mit 3,5 Milliarden Euro zum Start 2025, erwartete aber einen Kostenanstieg auf 5,7 Milliarden Euro im Jahr 2028.

Mitte August hatte Paus in dem Konflikt die Verabschiedung des Gesetzentwurfs für das Wachstumschancengesetz im Bundeskabinett blockiert. Die Vorlage Lindners sollte Steuererleichterungen für Unternehmen in Höhe von 6,5 Milliarden Euro ermöglichen. Erklärtes Ziel der Bundesregierung war es nach diesem Eklat, den Konflikt um die Kindergrundsicherung bis zum Beginn der Kabinettsklausur in Meseberg am Dienstag beizulegen, damit das Wachstumsgesetz dort dann doch noch verabschiedet werden kann.

MDR,AFP/dpa (akq,mze)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 28. August 2023 | 06:30 Uhr

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