Sanierungsarbeiten, Mann mit Bohrhammer beim Abriss
Bauarbeiter, die bei Sanierungen unwissend mit asbesthaltigen Baustoffen in Kontakt kommen, gefährden ihre Gesundheit. Bildrechte: IMAGO/Funke Foto Services

Baubranche Kritik an neuer Gefahrstoffverordnung wegen Asbest-Prüfung

07. September 2024, 07:58 Uhr

Die Bundesregierung hat beschlossen, dass künftig nicht mehr der Bauherr, sondern die Bauunternehmen Prüfungen zum Beispiel auf Asbest durchführen sollen. René Hagemann vom Hauptverband der Deutschen Bauindustrie sagte dem MDR, er fürchte um die Gesundheit der Mitarbeiter, wenn es keine Prüfung des gesamten Gebäudes vor Baustart gebe. Wenn das auf viele verschiedene Gewerke runterlaufe, sei die Gefahr groß, dass nicht sorgfältig geprüft werde. Auch die IG BAU übt Kritik.

Wenn Profis mit der Entfernung von Asbest beauftragt werden, dann rücken sie in einer Schutzausrüstung an, die den ganzen Körper bedeckt. Mindestens eine FFP2-Maske ist immer Pflicht, erklärt Mauro Caruso vom Großpösnaer Abbruch- und Schadstoffsanierungsunternehmen Caruso Umweltservice.

Denn Asbestfasern machen krank. "Also wenn man jetzt ein Asbestprodukt hat und daran rumschneidet oder bohrt, dann setzt man einen Asbeststaub frei. Dieser Staub, das sind ganz kleine Asbestfasern", erzählt Caruso. Diese seien mit einem Widerhaken aufgebaut. Das bedeute, wenn man diese ohne Schutz einatme, verhake sich die Asbestfaser aufgrund des Widerhakens in der Lunge und komme nicht mehr raus, erklärt Caruso.

Das krebserregende Asbest ist nicht immer mit bloßem Auge erkennbar

Und daraus kann sich später eine Asbestose entwickeln und sogar Lungenkrebs. Das Baumaterial wurde, bis es 1993 verboten wurde, häufig genutzt – insbesondere in der DDR, sagt Caruso. Bei den klassischen Wellasbestplatten sei es noch leicht zu erkennen, aber das gelte eben nicht immer. "Asbest wurde in vielen Baustoffen eingesetzt – unter anderem in Putzen, in Fliesenkleber, in Fenster-Kitten. Das Ganze kann man nicht sehen, man kann nicht feststellen, ist dort jetzt Asbest enthalten oder nicht", mahnt Caruso. Man müsse dann quasi als Bauträger ein Ingenieurbüro beauftragen, das auf die Erkundung von Schadstoffen spezialisiert sei. Die Fachleute nehmen dann Proben und geben diese ins Labor.

Bauindustrie: Neue Regelung verkompliziert Prüfung

Mit der neuen Gefahrstoffverordnung soll jetzt die Verantwortlichkeit für diese Asbestprüfung von den Bauherren auf die Bauunternehmen übergehen. Doch das macht René Hagemann vom Hauptverband der Deutschen Bauindustrie Sorgen. Er befürchtet, dass die Gesundheit der Mitarbeitenden in Gefahr sein könnte, wenn es keine Prüfung des gesamten Gebäudes vor Baustart gebe. "Wenn es am Ende auf die einzelnen Gewerke runter läuft, wird es ja nochmal komplizierter. Wenn ich im Badezimmer anfange zu suchen, da bin ich alleine im Badezimmer schon bei sieben verschiedenen Gewerken, die da beschäftigt sind, die dann da alles für sich machen müssten", sagt Hagemann.

Hagemann mahnt an, dass die Aufteilung sehr kompliziert werden könnte. Die Gefahr sei dabei sehr groß, dass nicht ganz sorgfältig geprüft werde und, dass Asbest zu spät auffalle. Das habe dann die entsprechenden Folgen für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, aber auch für die Umwelt und am Schluss für die Entsorgung.

IG BAU-Sprecher: Kostendruck führt zu Fahrlässigkeit und Gesundheitsrisiko

Angesichts des Kostendrucks in der Branche bestehe außerdem die Gefahr, dass Unternehmen nicht zu genau hinschauten, befürchtet Frank Tekkiliç von der Gewerkschaft IG Bau. Der Grund für die Neuregelung sei, dass man im Kanzleramt glaube, dass die Eigentümer ihre Immobilien häufiger energetisch sanieren würden, wenn sie die Kosten für die Asbestprüfung nicht mehr selbst zahlen müssten, sondern die Bauunternehmen, so der Gewerkschafter. "Diese energetischen Sanierungen, die sind notwendig, die sollen auch sein. Es geht nicht darum, die zurückzudrängen." Aber das könne nicht auf Kosten der Gesundheit der Beschäftigten geschehen. Man müsse an beides denken.

Zwar sind vor allem die Handwerker gefährdet, wenn sie ohne es zu wissen in asbesthaltigen Putz bohren, aber auch den Hobby-Handwerker, der in eine sanierte Wohnung einzieht, bleibt gefährdet. Im Oktober muss noch der Bundesrat über die neue Gefahrstoffverordnung entscheiden. Bauindustrie und Gewerkschaft wollen die Neuregelung bis dahin noch stoppen.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | MDR AKTUELL RADIO | 07. September 2024 | 07:06 Uhr

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