Medikamente Wirtschaftsminister Habeck besucht Pharmastandorte – auch in Sachsen-Anhalt
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30. April 2024, 08:28 Uhr
Immer wieder werden in Deutschland Medikamente knapp. Im Winter war es vor allem Arznei für Kinder, davor gab es Engpässe bei bestimmten Antibiotika. Ein Grund dafür ist: Viele Hersteller sind ins Ausland abgewandert. Am Dienstag besucht Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck deutsche Pharmahersteller, darunter auch in Barleben in Sachsen-Anhalt. Dabei soll es auch um die Frage gehen, ob die Pharmahersteller wieder mehr in Deutschland produzieren können.
- Seit Jahren werden immer weniger Arzneimittel in Deutschland hergestellt.
- Viele Medikamente werden im Ausland produziert, ein wesentlicher Teil davon in China.
- Die Bundesregierung will die Pharmaproduktion wieder nach Deutschland holen.
Niemand in Ostdeutschland dreht so viele Pillen wie Thomas Weigold. Er macht das natürlich nicht selbst und schon gar nicht von Hand. Weigold leitet die deutsche Produktion des Pharmakonzerns Sandoz. Sein größtes Werk steht in Barleben, Sachsen-Anhalt. Jährlich produziert es mehr als zehn Milliarden Tabletten. "Wir haben dort zum Beispiel Medikamente für Brustkrebs. Wir produzieren dort aber auch große Volumina an Medikamenten, die eine ganz breite Schicht in der Bevölkerung benötigt, zum Beispiel Herz-Kreislauf-Medikamente, Beta-Blocker, Schilddrüsenhormone – also, eine sehr breite Palette, die sehr viel Einfluss auf die Grundversorgung in Deutschland hat."
Das Werk sei hocheffizient, sagt Weigold. Deshalb könne er sich vorstellen, weitere Medikamente dort herzustellen. Wenn Robert Habeck am Dienstag vorbekommt, dürfte das den Bundeswirtschaftsminister freuen. Denn jahrelang ging die Pharmaproduktion in Deutschland zurück.
Deutschland ist abhängig von China
Viele Konzerne fertigen im Ausland. Rund 90 Prozent aller Antibiotika kämen inzwischen aus China, sagt Kai Joachimsen vom Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie. Mit deutscher Produktion verdiene man immer weniger. "Wenn ein Arzneimittel durchschnittlich sechs Cent erlöst, ist das kein Wunder. Das können Sie zu diesem Preis in Europa gar nicht mehr produzieren. Daraus erwachsen dann aber eben auch ähnliche Abhängigkeiten, wie wir sie aus der Energieversorgung kennen. Die Apothekerin Prof. Holzgrabe hat das mal noch etwas drastischer gesagt, aber sinngemäß: Wenn China uns ärgern will, dann liefern sie uns einfach keine Antibiotika mehr und dann gehen hier die Lichter aus."
Bundesregierung will wieder mehr Pharmaproduktion im eigenen Land
Aus Sorge vor solchen Szenarien wünscht sich die Politik schon länger wieder mehr Pharmaproduktion im eigenen Land. Im Dezember hat die Ampel-Regierung ein Pharma-Strategiepapier verabschiedet. Dorothee Brakmann vom Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller findet trotzdem, die Regierung tue nicht genug. "Bislang hat sie sich bemüht, Forschung wieder nach Deutschland zu bringen. Aber die wichtigsten Bausteine, die diese Lieferengpässe adressieren, ist sie nicht angegangen. Das ist die Überregulierung, die wir haben, und auch der steigende Preisdruck auf die Hersteller."
Aus Sicht der Pharmaunternehmen wird der Preisdruck von den gesetzlichen Krankenkassen verursacht, die möglichst billige Medikamente wollen. Die Krankenkassen wiederum argumentieren, sie müssten mit den Mitgliedsbeiträgen streng haushalten. Und so reißt das Klagen der Hersteller nicht ab.
Hersteller fordern bessere Produktionsbedingungen und weniger Bürokratie
Dirk Jung leitet in Radebeul den Wirkstoffproduzenten Arevipharma. Er sagt, bevor man Produktion zurückhole, solle man doch bitte die halten, die schon da sind. "Ich will noch nicht mal Subventionen haben für irgendetwas. Ich würde mich schon freuen, wenn Produktionsbedingungen in Deutschland nicht so viele Nachteile hätten – zum Teil auch im Vergleich mit dem europäischen Ausland. Da ist ein großes Stichwort die Energieversorgung und das andere ist die ausufernde Bürokratie."
Über weniger Bürokratie würde sich auch Thomas Weigold freuen, der Mann, der Ostdeutschlands größtes Medikamentenwerk betreibt. Obwohl er Sandoz in Barleben erweitern will, sagt auch Weigold: Für Großinvestitionen sei gerade nicht die Zeit. Eine neue Tablettenfabrik koste Milliarden, dauere im Aufbau sieben bis acht Jahre. Und so werden die meisten Antibiotika auch weiterhin erstmal aus China kommen.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 30. April 2024 | 06:07 Uhr
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