Ukraine-Krieg Nato-Staaten zögern bei Kampfjet-Lieferungen
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18. Februar 2023, 05:00 Uhr
Die Nato-Staaten zögern bei der Frage nach Lieferungen von Kampfflugzeugen an die Ukraine. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg mahnt zur Vorsicht. Er setzt auf andere, schnellere Militärhilfe, die in den kommenden Wochen und Monaten auf dem Schlachtfeld den Unterschied ausmachen könnte.
- Die Nato-Mitglieder zögern bei der Lieferung von Kampfjets.
- Auch Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg setzt auf andere, schnellere Militärhilfe und mahnt zur Vorsicht.
Von positiven Signalen, die aber noch konkreter werden müssten, spricht Wolodymyr Selenskyj. Damit beschreibt der ukrainische Präsident das für ihn ernüchternde Ergebnis seiner Europareise. Es gab viele umjubelte Auftritte und bilaterale Treffen, bei denen er offensiv für die Lieferung von Kampfjets warb.
Unterstützung bekommt er vor allem von Ländern, die mit dem Thema wenig zu tun haben. So versichert Estlands Ministerpräsidentin Kaja Kallas, dass man sofort Kampfflugzeuge schicken würde. Nur habe man keine, weshalb andere Nato-Staaten gefragt seien.
Unterschiedliche Haltungen zu Kampfjetlieferungen in der EU
Von denen sagen einige klar "Nein". So könne Belgien keine Flugzeuge abgeben, um seine Aufgaben innerhalb der Nato nicht zu gefährden, wie Premierminister Alexander de Croo erklärt: "Belgien braucht seine Kampfflugzeuge selbst, um unseren Luftraum effektiv zu schützen. Unsere Kampfflugzeuge sind regelmäßig im Einsatz und wir können keine abgeben."
Andere Länder, wie Frankreich oder die Niederlande, stehen Kampfjet-Lieferungen grundsätzlich offener gegenüber. Kajsa Ollongren ist die niederländische Verteidigungsministerin: "Wir stehen in engem Kontakt mit der ukrainischen Armeeführung. Ich habe auch gerade mit meinem Kollegen Olexij Resnikow [ukrainischer Verteidigungsminister, d. Red.] gesprochen und es ist wahr, dass es die Forderung gibt, F16-Kampfjets zu schicken."
Man beschäftige sich damit sehr ernsthaft. Das sei natürlich ein sehr komplexes Waffensystem, man müsse mit den eigenen Partnern und auch den USA reden, ob das möglich sei. Das werde Zeit dauern und finde am besten hinter verschlossenen Türen statt, erklärt die Verteidigungsministerin.
Alle warten auf die USA – selbst Briten zögern
Solange es kein OK aus Washington gibt, will kaum jemand Kampfflugzeuge liefern. Auch die britische Regierung, die den ukrainischen Wünschen bisher immer offener gegenüberstand als die meisten EU-Staaten, macht keine konkreten Zusagen.
Die kommen bisher einzig aus der Slowakei, deren Ministerpräsident Eduard Heger ankündigte, der Ukraine Kampfflugzeuge des sowjetischen Typs MiG-29 zu liefern: "Die Slowakei war das erste Land, das bereit war, modernste militärische Ausrüstung, damals das Flugabwehrsystem S-300, zu liefern."
Ein Jahr nach Beginn der russischen Invasion in der Ukraine sei man nun an einem Punkt, wo die militärische Hilfe im höchstmöglichen Umfang verstärkt werden müsse. Und man sei dazu bereit, um die Ukraine tatsächlich in die Lage zu versetzen, den Sieg zu erringen, sagt Heger.
Jens Stoltenberg mahnt zur Vorsicht
Dafür brauche es aber vor allem eine Stärkung der Luftverteidigung und mehr Munition, argumentiert nicht nur Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius: "Natürlich kann man im Zweifel auf einer MIG schneller schulen, aber wie viele MIGs es tatsächlich noch gibt und woher sie kommen und welche Kampffähigkeit sie tatsächlich im Luftkampf hätten, darüber müssen die Experten sich Gedanken machen."
Deutschland sieht sich mit seinen Maschinen vom Typ "Eurofighter" und "Tornado" auch nicht in der von Kiew gewünschten Koalition für Kampfflugzeuge. In diesem Augenblick gehe es ohnehin um schnelle Militärhilfe, weil die in den kommenden Wochen und Monaten auf dem Schlachtfeld den Unterschied ausmachen könnte, meint Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Kampfjet-Lieferungen seien da viel zu langfristig.
Sollte ein Staat der Ukraine Flugzeuge liefern, sei das seine souveräne Entscheidung. Aber wichtig sei immer, dass die Nato nicht direkt am Krieg beteiligt ist, mahnt Jens Stoltenberg. Wenn man seinen Vorgänger Anders Fogh Rasmussen Ende Januar im EU-Parlament richtig verstand, kann das jedoch schnell zur Interpretationsfrage werden. Auch der ehemalige Nato-Generalsekretär sieht das Bündnis nicht als Konfliktpartei. Einzelne Nato-Verbündete aber in einer gewissen Weise schon.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 18. Februar 2023 | 06:00 Uhr